Gewessler reicht's: So will sie Ökostrom-Widerstand der Länder brechen
Leonore Gewessler reicht es. "Wladimir Putin setzt Energie als Waffe ein und erpresst uns damit. Das ist gefährlich, das merkt man in Europa und wir in Österreich noch eine Spur stärker“, spricht Gewessler die hohe Abhängigkeit Österreichs von russischen Gasexperten an.
„Die Ressourcen Wasser, Wind, Sonne, die wir haben, sollen wir auch nutzen, und der Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein Garant für mehr Freiheit und mehr Unabhängigkeit.“
Nun legt die Umweltministerin eine Novelle des UVP-Verfahrens vor, wie ihn auch die ÖVP seit Monaten einfordert, um die Verfahren zum Bau von Ökostrom-Anlagen zu beschleunigen: „Der Ausbau muss so schnell wie möglich gelingen.“ Denn derzeit dauern Verfahren etwa für neue Windparks bis zu acht Jahre lang.
Für eine schnellere Energiewende gibt es einen Drei-Punkte-Plan:
Konkret soll diese Beschleunigung, die in der UVP-Novelle abgebildet sein wird, so aussehen:
- Es darf keine Blockade beim Ausbau durch fehlende Raumplanung der Länder geben. Damit spricht Gewessler konkret die Bundesländer Kärnten, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg an, die bisher gar keine Flächen ausgewiesen haben. Die Kritik richtet sich aber auch an Niederösterreich, das zu wenig Flächen ausgewiesen hat. „Eine fehlende Widmung darf den Ausbau nicht behindern, das geht sich nicht mehr aus“, sagte die Energieministerin. Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf hält aber fest: “Niederösterreich hat bereits einen Zonenplan und wird die Erneuerbare Energie weiter kontinuierlich und gemeinsam mit den Gemeinden und der Wirtschaft ausbauen. Auffällig dabei ist, dass viele Energiewende-Projekte und die notwendigen Leitungen etc von grünen Gruppierungen vor Ort bekämpft werden. So gut wie alle Projekte werden beeinsprucht und verzögert. Hier muss sich Ministerin Gewessler endlich in der eigenen Klientel durchsetzen.“
- Keine Mehrfachprüfungen mehr, einmal prüfen soll künftig ausreichen. In Niederösterreich etwa muss die Auswirkung auf das Landschaftsbild sehr oft drei Mal überprüft werden. „Einmal reicht“, sagt Gewessler deutlich.
- Und die Energiewende soll als „besonders öffentliches Interesse“ gesetzlich verankert werden. „Weil wenn wir unsere Energie selber produzieren, sind wir nicht mehr erpressbar. Das soll auch dazu führen, dass im UVP-Verfahren keine „Blanko-Beschwerden mehr eingebracht werden können. So sollen Verfahren, wie es früher üblich war, schneller und schlanker werden, ohne dass die Mitsprache der Bevölkerung ausgehebelt wird.
Wesentlich sei außerdem im neuen UVP-Verfahren, dass die Behörden mit ausreichend Personal ausgestattet sein müssen, damit keine Wartezeiten entstehen. „Das ist eine entscheidende Stellschraube“, meinte Stefan Moidl von der IG Windkraft, der Gewesslers Pressegespräch begleitete.
Pragmatische Vorgehensweise nötig
Moidl: „Erneuerbarer Strom ist ein unverzichtbarer Standortfaktor für unsere Wirtschaft. Aktuell dauert die Genehmigung von Windparks durchschnittlich 5 bis 8 Jahre. Das können wir uns nicht länger leisten, nun braucht es umgehend ein Beschleunigungspaket für Erneuerbare. Als Antwort auf die Energiekrise muss daher ein eigenes Paket für Vorhaben der Energiewende im UVP-G geschnürt werden.“
Energieexperte und ehemals Chef des Stromkonzerns Verbund, Wolfgang Anzengruber, erklärte zudem, warum das Thema dringlich ist: „Die Beschleunigung der Genehmigungsprozesse zur Umsetzung der Energiewende ist das Gebot der Stunde. Das gilt für alle erneuerbaren Erzeugungstechnologien bei Wasser, Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie, sowie für Speicher und Übertragungs- und Verteilnetze. Zur Erreichung der höchst ambitionierten Zielsetzungen braucht es pragmatische Vorgehensweisen, die volle Kooperation aller Behörden und Institutionen und ein eindeutiges Bekenntnis zum öffentlichen Interesse der Energiewende. Es steht viel auf dem Spiel und die Zeit drängt!“
Und wann soll das neue UVP in Kraft sein?
Gewessler will das Gesetz nun einbringen und mit der ÖVP ausverhandeln. Da erst vor wenigen Tagen WKÖ-Präsident Harald Mahrer die UVP-Reform lautstark eingefordert hatte, hoff die Umweltministerin auf eine baldige Einigung.
Energiewirtschaft ist erfreut
Die Unternehmen der österreichischen E-Wirtschaft unterstützen die Vorschläge zur Beschleunigung von Erneuerbaren-Projekten. „Mangelnde Flächenverfügbarkeit und schleppende Verfahren zählen derzeit zu den größten Hürden bei der Umsetzung der Energiewende“, sagt Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie. „Es ist sehr erfreulich, dass mit der Einrichtung eines “Fast Track„ - also einer Überholspur für Energiewendeprojekte - nun eine wesentliche Forderung der Branche aufgegriffen wird. Damit diese Regelung die größtmögliche Wirkung entfalten kann, braucht es eine rasche und rechtssichere Umsetzung, die in Einklang mit der europäischen Ebene steht."
Erfreut ist auch die Ökostrombranche. Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) begrüßt den Vorstoß eines "Erneuerbaren Beschleunigungspaket. Die EU hat mit dem kürzlich präsentierten REPowerEU Paket einiges vorgelegt. Nun gilt es auch in Österreich dazu konkret zu werden. Eine rasche Novellierung des UVP-Gesetzes kann wesentliche Pflöcke für eine neue Umsetzungsdynamik beim Ausbau der Erneuerbaren einschlagen!“, hält Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) die Erwartungen der Branche fest. Bei dieser Novelle sei es nun wichtig, auf jene Aspekte zu fokussieren, welche die Energiewende rasch voranbringen - nämlich die UVP-pflichtigen Produktionsanlagen und die Netzinfrastruktur. „Herzstück muss die rechtliche Verankerung des überwiegenden öffentlichen Interesses am Ausbau der Erneuerbaren sein - innerhalb und außerhalb der UVP-Pflicht. Angesichts der Klima- und Energiekrise und der notwendigen Sicherstellung unserer Energieversorgung zu leistbaren Preisen, ist das wohl selbstredend“, so Prechtl-Grundnig. Etwa 50 Prozent der zur EAG - Zielerreichung erforderlichen Stromproduktionskapazität unterliegen der UVP-Pflicht, genauso wie die erforderliche Netzinfrastruktur. „Eine rasche und gezielte Novelle dieses Gesetzes kann also bei der Energiewende den notwendigen Schwung reinbringen!“, glaubt Prechtl-Grundnig.
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