Er glaube auch nicht, dass hier die EU solidarisch helfen werde, und legte Berechnungen offen, wonach allein Deutschland bei einem Gasstopp 75 Terawattstunden (das sind Milliarden Kilowatt) und Italien sogar 117 Terawattstunden zu wenig an Gaskraft hätten. Diese Staaten könnten Österreich also nicht helfen. Und die USA bräuchten ihres um die Preise in den Vereinigten Staaten niedrig zu halten. "Österreich muss selbst aktiv werden", forderte Mahrer. Wer behaupte, dass ein Ausstieg aus fossiler Energie in den nächsten Jahren möglich ist, verbreite eine "politische Lüge".
Deshalb brauche es einen neuen Energie-Masterplan 2025. Die bestehenden Dokumente zu den Energieplänen des Ministeriums könne man aufgrund des Ukrainekrieges nur mehr zum Heizen verwenden, eine Neubewertung und eine nüchterne, sachliche und faktenbasierte Debatte über alle Optionen sei dringend notwendig. Es sei "unverantwortlich, dass wir noch immer ohne Zahlen und Fakten diskutieren", kritisierte der Kammerboss und meinte: "Von dem hängt alles ab, alles hängt an dem." Mahrer einmal mehr in Richtung Gewessler: "Der Masterplan muss auf den Tisch."
"Kontrollverlust droht"
Mahrer betonte, dass er die Klimaschutzpläne nicht infrage stellen wolle, Österreich dürfe dabei aber nicht zu schnell agieren, sonst drohe ein Kontrollverlust beim Ausstieg aus den fossilen Energien, der gefährlich werden könnte. Er gab aber zu, dass er davon ausgehe, dass Österreich auch noch in 20 Jahren Erdgas verbrauchen werde, entgegen dem Ziel der Regierung zur Klimaneutralität bis 2040.
Überhaupt fordert Mahrer mehr Ehrlichkeit ein - auch welche Auswirkungen ein Gas- und Ölstopp auf die Preise für die Konsumenten hätte. Alleine das in der Nacht von der EU beschlossene Ölembargo könne die Preise an den Zapfsäulen zwischen 20 und 30 Cent je Liter erhöhen. Dies könne aber durch eine Freigabe der nationalen Reserven an Benzin und Diesel abgefangen werden. Hierzu gebe es aber keine Signale aus der Regierung. Initiativen vermisst Mahrer auch im Wasserstoffbereich und bei den E-Fuels, die allerdings umstritten sind, weil für ihre Erzeugung viel Strom notwendig ist. Für eine Senkung der Spritsteuer, wie sie morgen in Deutschland in Kraft tritt, zeigte sich Mahrer aufgeschlossen.
Zu einer Priorisierung der Gasversorgung, sollte kein Gas mehr aus Russland kommen, meinte Mahrer, es sei gar nicht so leicht zu sagen: Privathaushalte vor Wirtschaft - denn viele Betriebe würden mit ihrer Prozessabwärme auch Haushalte beheizen. Zu staatlichen Investitionen in Flüssiggas-Anlagen in Häfen, wie das Deutschland macht, gab sich Mahrer zurückhaltend. Primär seien hier die Marktteilnehmer gefragt.
Scharfe Reaktion der Grünen
Lukas Hammer, Klimasprecher der Grünen im Parlament, reagierte auf Mahrers Ansagen mit heftiger Kritik: „Wer heute gegen die Klimaneutralität wettert verkennt eindeutig: Die Klimaneutralität ist die Lösung. Das Problem liegt in der jahrzehntelangen Ausbeutung und Fokussierung auf dreckige fossile Energieträger wie Öl und Gas. Was WKÖ-Präsident Harald Mahrer heute gesagt hat ist vor diesem Hintergrund bestenfalls unverständlich.“ Natürlich müsse Österreich von den fossilen Energien weg, um das Land von der Abhängigkeit zu lösen, und die Klimaneutralität sei der Schlüssel dorthin.
Und er verteidigt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler - sie arbeite "unermüdlich an den Krisen- und Ausstiegsplänen zur Energiekrise. Es ist die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas, die uns diese Abhängigkeit gebracht hat. Diese Abhängigkeit ist durch politische Entscheidungen vorangetrieben worden. Es ist verständlich, dass Mahrer von seiner Verantwortung ablenken will. Da müssen wir raus. Ich fordere Mahrer auf sich zu beteiligen anstatt Lösungen zu blockieren und auszubremsen,“ fordert Hammer. Österreich könne sich nicht von einem "Erpresserstaat" abhängig machen. Er hoffe, dass das "auch der WKO-Chef endlich einsieht. Ich fordere Mahrer auf, sich zu beteiligen, anstatt Lösungen zu blockieren und auszubremsen."
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