Was machen die anderen EU-Staaten?
Österreich hat sich eigenen Angaben zufolge schon im März komplett von russischen Ölimporten verabschiedet. Polen und Deutschland, die ja auch an Druschba hängt, werden ihre Öleinfuhren über die Druschba bis Jahresende stoppen.
Damit profitieren nur Ungarn, die Slowakei und Tschechien von der Ausnahmeregelung. Die drei Staaten beziehen dann aber nur noch rund zehn Prozent der bisherigen europäischen Öleinfuhren aus Russland.
Gibt es noch weitere Zugeständnisse?
Ja. Orbán forderte von Brüssel eine weitere Ausnahme: Sollte die Ukraine die durch ihr Land verlaufende Druschba-Pipeline blockieren, müssten die anderen EU-Staaten solidarisch aushelfen - dann würde das Embargo wieder aufgeweicht und Orbán dürfte russisches Öl per Schiff in die EU importieren. Ungarn würde bei einem Druschba-Ausfall also Ersatz erhalten.
Auch Bulgarien darf wegen seiner schwachen Wirtschaft weiter Öl auf dem Seeweg aus Russland beziehen. Griechenland und Zypern verhandelten, dass ihre Schiffe weiter russisches Öl transportieren dürfen - etwa, um es in anderen Ländern zu verkaufen.
Bringt das Embargo dennoch etwas?
Ja. Die EU ist Russlands wichtigster Ölkunde und hat bisher täglich rund 2,2 Millionen Barrel Rohöl und 1,2 Millionen Barrel Raffinerieprodukte gekauft - seit Kriegsbeginn haben die EU-Staaten somit mindestens 24 Milliarden Euro in die russische Staatskasse gezahlt. Dieses Geld entgeht Putin jetzt zu großen Teilen: Der Embargobeschluss wird die russischen Ölimporte bis Jahresende um 90 Prozent reduzieren.
Der Ölexport ist die wichtigste Devisenquelle des russischen Regimes, ein Drittel des russischen Staatshaushalts kommt daher. Die Folgen für Russland sind deshalb durchaus spürbar, so das deutsche Institut für Weltwirtschaft: Das mittelfristige Minus für Russland sei zwölfmal höher als das der EU, selbst wenn Putin alternative Abnehmer findet. Eine politische Kursänderung ist damit aber nicht garantiert. "Dass die Russen wegen eines Ölembargos klein beigeben, ist nicht zu erwarten", sagt Ökonom Gern.
Steigen deshalb jetzt die Preise bei uns noch stärker?
Das kann sein. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärte am Montag, ein Embargo werde an uns nicht spurlos vorbeigehen - er erwartet Preissprünge. Am Dienstag haben die Ölpreise bereits zugelegt und sind auf den höchsten Stand seit gut zwei Monaten gestiegen.
Problematisch dürfte die Preis-Lage aber laut Experten nur werden, wenn Moskau die Ölexporte von sich aus schon früher kappt. Aber selbst das sei wirtschaftlich gut verkraftbar, prognostizieren die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute. Der Ölpreis der Sorte Brent würde zwar zunächst kräftig steigen - auf 135 Dollar je Barrel -, danach würde er sich aber normalisieren und Ende 2023 auf etwa rund 80 Dollar sinken. Das ist der Preis, der auch ohne Embargo zu erwarten wäre.
Auch Greenpeace sieht das ähnlich. Laut einer Analyse der Umweltschützer müssten bei einem Embargo rund zwei Prozent des weltweiten Ölangebots neu verteilt werden. Das ist nicht viel: In der Vergangenheit gab es schon deutlich größere Angebotslücken. Zudem kommt nur ein Viertel des in die EU importierten Rohöls bisher aus Russland, kann also gut kompensiert werden.
Und was ist mit dem Spritpreis?
Auch hier ist in Folge mit Preissteigerungen zu rechnen. Die EU-Länder versuchen das jeweils unterschiedlich abzufedern - Ungarn etwa hat den Spritpreis gedeckelt, aber nur für Inländer. Deutschland hat einen Tankrabatt eingeführt. Experten befürchten daher einen Tanktourismus in Europa. Der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol, warnt im Spiegel sogar vor einem Spritmangel in Europa. Grund sei, dass auch einige Exportländer wie China erste Ausfuhrverbote verhängen, weil sie ihre eigenen Verbraucher absichern wollen. Die aktuelle Energiekrise hält der IEA-Chef für „viel größer“ als die Ölschocks der Siebzigerjahre - und sie wird nach seiner Einschätzung auch länger dauern.
Als der Ölpreis kürzlich sank, gab es Aufregung darüber, dass der Benzinpreis nicht parallel dazu geringer wurde - weil Händler, Tankstellenbetreiber, Raffinerien den Preis mitbestimmen und so auch künstlich hoch halten können. Bei einer Steigerung des Ölpreises wird der Spritpreis wohl gleich mit anziehen.
Was wurde noch beschlossen?
Teil des sechsten Sanktionspakets ist auch der Ausschluss der staatlichen russischen Sberbank aus dem Bankenkommunikationssystem Swift. Die Bank ist eine der wichtigsten am russischen Markt, sie hat einen Marktanteil von 35 Prozent. Zudem wurden drei weiteren russischen Staatssendern, die Desinformation betrieben.
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