Klar war allerdings immer, dass die ersten Risse innerhalb der EU wieder auftauchen würden, sobald die Strafmaßnahmen gegen Moskau auch die eigene Bevölkerung zu schmerzen beginnen.
Ein Ölembargo gegen Russland, um den Kreml von einem Teil des Geldflusses in die Kriegskasse abzuschneiden?
Nicht mit uns oder zumindest nur mit den allergrößten Ausnahmeregeln, sagt Ungarn und verweist dabei auf seine extrem hohe Abhängigkeit vom russischen Öl.
Ein EU-Gasembargo, das Moskau wirklich hart treffen würde? Nicht mit uns, sagen Österreich und Deutschland, die zu Recht warnen, dass die heimische Wirtschaft stillstehen könnte.
Den Verkauf von Immobilien an Russen verbieten? Nicht mit uns, sagt Zypern, das auf die Euros der reichen russischen Geschäftsleute nicht verzichten will.
Und da stehen wir jetzt: Die Energiekosten klettern für Haushalte auf irrwitzige Höhen. Die Nahrungsmittelpreise steigen, manche Produkte könnten sogar in Europa knapp werden. Nicht alles davon geht auf den Krieg, die Sanktionen und die Strafen gegen Putins Kriegswahn zurück.
Und so manche Werkzeuge – von in der EU ebenso umstrittenen Preisdeckeln etwa auf Benzin und Diesel bis zu Sonderzahlungen – hat die Politik in der Hand, um die Teuerungen zumindest abzufedern. Das kann jeder EU-Staat für sich entscheiden.
Doch die wichtigste aller Fragen, deren Klärung unbedingte Einigkeit erfordert, wird auch beim EU-Sondergipfel in Brüssel nicht beantwortet werden:
Wie weiter umgehen mit der Ukraine? Sie weiterhin mit Waffen und Geld unterstützen, und ihr so ermöglichen, sich gegen die russische Okkupation zu wehren? Oder auf einen Waffenstillstand und Verhandlungen mit Moskau drängen, zumal immer klarer wird, dass die Ukraine diesen Krieg nie und nimmer gewinnen kann?
Wie uneinig Europa vor dieser unverzichtbaren Grundsatzfrage steht, zeigt sich allein schon im Schlussdokument des Brüsseler Gipfels. Da wurde nämlich auf Druck der baltischen Staaten und Polens das Wort „Waffenstillstand“ gleich wieder aus dem Text herausgestrichen.
Stattdessen müht sich die EU also an einem bestenfalls löchrigen Ölembargo ab. Und geht dann in die vermutlich siebente Sanktionsrunde.
Die wird uns dann selbst nochmals heftiger schmerzen. Was naturgemäß nur bedeuten kann: Die Risse in den eigenen Reihen werden nicht weniger werden.
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