Fünf Corona-Aussagen Kickls im Faktencheck
Um sich vor dem Corona-Virus und den Varianten zu schützen, setzt FPÖ-Chef Herbert Kickl auf ein starkes Immunsystem, Bitterstoffe und frische Luft und nicht auf die Impfung, wie er mehrfach und öffentlich betonte.
Dass einige prominente Freiheitliche bereits geimpft sind, erachtet die FPÖ nicht als Widerspruch. Die FPÖ argumentiert ihren Corona-Kurs mit der Freiheit des Einzelnen. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ließ jüngst via Facebook wissen: "Ich glaub' ans Immunsystem: 3x die Woche Bewegung statt 3. Impfung".
Welche Aussagen von Kickl sonst noch für Kritik und Schlagzeilen sorgten und was Wissenschaft und Zahlen sagen: Fünf Aussagen des FPÖ-Chefs am Prüfstand.
"Vielleicht wären wir besser unterwegs, wenn wir Versuche unternehmen würden, den Wirt zu stärken. Vitaminpräparaten, Bitterstoffe, Bewegung an der frischen Luft. Wenn Menschen miteinander einen normalen Umgang haben, dann senkt das das Stressniveau und auch das ist gut fürs Immunsystem."
Ein starkes Immunsystem ist kein Garant als Schutz gegen eine Covid-19-Infektion.
Wer Virus-Aerosole einatmet, kann sich infizieren und ist dadurch auch potenziell ansteckend für andere – unabhängig davon, ob man ein funktionierendes oder ein geschwächtes Immunsystem hat. Auch junge und gesunde Menschen mit einem intakten Immunsystem können schwer an Covid-19 erkranken. Eine Impfung garantiert keinen 100-prozentigen Schutz, verhindert aber einen schweren Verlauf der Erkrankung.
Dass Bitterstoffe (Chinin) als Prophylaxe bei einer Covid-19-Infektion dienen können, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. Im Frühjahr 2020 nimmt der damalige US-Präsident Donald Trump das Malariamedikament Hydroxychloroquin, eine artverwandte Chinin-Substanz, zur Prophylaxe ein und macht diese damit öffentlich bekannt. Das Universitätsspital Basel hat 28 internationalen Studien ausgewertet und kommt zum Schluss, dass die Einnahme von Hydroxychloroquin die Sterblichkeit bei Covid-19-Patienten sogar erhöht.
"Die Pandemie der Ungeimpften entsteht nur dadurch, dass nur Ungeimpfte getestet werden, und aus keinem anderen Grund."
Der FPÖ-Chef stellt die Möglichkeit in den Raum, dass nur noch Ungeimpfte getestet würden und dadurch die Zahlen verfälscht würden. Laut Stadt Wien lassen sich die Daten der Impfpässe nicht mit den Daten des Epidemiologischen Meldesystems (EMS) verknüpfen. Dennoch gab es im Sommer Untersuchungen zum Anteil der Geimpften und Ungeimpften bei Testungen, wie ein APA-Faktencheck ergab.
Daten aus dem Austrian Corona Panel Project (ACPP) vom Juni 2021 besagen, dass die Mehrheit (59 Prozent) der zweifach Geimpften mindestens einmal testen gegangen ist. Bei einmal Geimpften waren es 80 Prozent, bei Ungeimpften 75 Prozent. Der Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften zeigt sich in den Infektionszahlen und dem Krankheitsverlauf.
Virologe Andreas Bergthaler sagt am 25. August 2021 in der ZiB2: "Wenn man sich Zahlen anschaut von Personen, die im Spital landen: Wer ist geimpft, wer ist nicht geimpft? Da kann man relativ schwarz auf weiß zeigen, dass wir zurzeit wirklich eine Pandemie der Ungeimpften haben.“
"Im Grunde genommen ist jeder, der sich impfen lässt, eine Art Versuchskaninchen für die Pharmaindustrie."
Alle Impfstoffe, die in Österreich zugelassen werden, unterliegen strengen Prüfungen.
In Europa haben alle verimpften Vakzine keine Notfall-, sondern eine bedingte Marktzulassung. Diese unterscheidet sich von einem herkömmlichen Prüfungsverfahren in der Dauer des Verfahrens und garantiert die Einhaltung strenger EU-Standards. Eine Notfallzulassung gab es nur in den USA , wo der Impfstoff von Pfizer/Biontech mittlerweile vollständig zugelassen ist.
"Israel war das gelobte Impfland, in letzter Zeit hört man sehr wenig davon, einfach deshalb, weil dort die Zahlen schwarz auf weiß etwas anderes belegen: der Großteil derer, die in den Intensivstationen liegen, und die schwere und kritische Verläufe haben, sind Leute, die doppelt geimpft sind. Und noch dazu in einer Altersklasse von 60 Plus."
"In Israel sind von der älteren Bevölkerung mehr als 90 Prozent geimpft“, sagt Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien im KURIER-Gespräch. Je höher die Impfrate ist, desto größer - in Relation - auch der Anteil der Geimpften unter den Patienten, da es kaum mehr Ungeimpfte gibt.
Ältere Personen sind anfälliger für eine Covid-19-Infektion, sie wurden daher weltweit bei den Impfungen priorisiert - d.h. früher geimpft als andere Altersgruppen. Dem gemäß können doppelt geimpfte Personen Monate nach der zweiten Impfung über einen geringeren Antikörper-Status verfügen und werden deshalb in manchen Ländern derzeit zum dritten Mal geimpft.
In Österreich zeigen die jüngsten Daten aus den Spitälern, dass auf den Intensivstationen 88 Prozent der Patienten nicht vollständig geimpft sind, der Großteil davon ist gar nicht geimpft. Erste Spitäler müssen bereits wieder planbare Eingriffe verschieben – sehr zum Unmut von Geimpften, die auf ihre Operation warten müssen.
"Offenbar hat die Pharmaindustrie das nicht so gerne, dass hier Medikamente zum Einsatz kommen könnten, die vielleicht sogar noch effektiver sind als ihre Impfstoffe, die nur einen Bruchteil davon kosten."
Bereits im Herbst könnten neue Medikamente zugelassen werden, die darauf abzielen, Krankheitsverläufe bei Covid-19-Patienten zu erleichtern bzw. Covid-19 zu heilen. Impfstoffe wirken indes präventiv, schützen also bestmöglich vor einer Ansteckung. Einen 100-prozentigen Schutz gibt es nicht. Laut klinischen Prüfungen ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung bei vollständig gegen Covid-19 geimpften Personen um 95 Prozent geringer als bei den nicht geimpften Personen.
Umsätze um 4,4 Prozent gestiegen
Was den Profit der Pharmaindustrie angeht, bremste die Pandemie dessen Wachstum. Dies geht aus einer Ernst & Young (EY) Studie aus dem Juni 2021 hervor. Unternehmen seien "wirtschaftliche Risiken eingegangen, um in dieser Ausnahmesituation schnell Lösungen zu entwickeln“, erklärt Alexander Nuyken, Leiter der Life Sciences Transaktionsberatung in der Region EMEA für EY.
Die Umsätze der 21 größten Pharmafirmen nahmen 2020 um 4,4 Prozent zu, im Jahr 2019 waren es 12,8 Prozent. Die Corona-Krise führte zu höheren Ausgaben für Entwicklungen von Impfstoffen und Therapeutika. Darüber hinaus brachten der Branche nicht etwa die Corona-Impfstoffe den größten Umsatz, sondern Medikamente zur Krebsbehandlung: Mit 202,6 Milliarden Euro Umsatz im Gebiet der Onkologie & Immunologie und 43,7 Milliarden Euro im Bereich der Infektionskrankheiten.
Es gibt Experten, die zudem davon ausgehen, dass gleichsam wir alle von den Profiten der Pharmaindustrie profitieren werden: Denn ein Teil der jetzigen Erlöse kommt den bisher nicht so gut dotierten Entwicklungsprogrammen zugute, und so wird damit gerechnet, dass etwa die Programme für die mRNA-Krebsimpfstoffe einen neuen Entwicklungsschub bekommen und Ergebnisse viel früher zu erwarten sein werden als ursprünglich gedacht.
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