"Völlig unzureichend": Klimaschutzplan fällt erneut durch

"Völlig unzureichend": Klimaschutzplan fällt erneut durch
Die Grenzen einer Beamtenregierung zeigen sich besonders beim großen Klimaschutzplan bis 2030.

Wie jedes EU-Land muss auch Österreich gegenüber der EU offenlegen, wie die Klimaschutzziele bis 2030 erreicht werden sollen. Den ersten Entwurf der alten türkis-blauen Regierung hatte Brüssel nach einer Überprüfung als unzureichend zurückgeschickt. Bis Jahresende soll ein neuer, konkreter Plan vorgelegt werden.

Die Bundesregierung, federführend das Nachhaltigkeitsministerium von Ministerin Maria Patek, hat nun geliefert und einen überarbeiteten Plan vorgelegt. Doch Experten und Umweltvereine wie Greenpeace sehen diesen erneut kritisch.

Während die EU-Klimaschutzziele auf UNO-Ebene keine Strafen oder Sanktionen vorsehen, ist das innerhalb der EU anders gewichtet.

Da die EU als Block gegenüber der UNO auftritt, verpflichtet Brüssel jedes einzelne Land, einen genauen Pfad vorzulegen. Werden die Ziele nicht eingehalten, drohen auch Strafen, bzw. muss die Republik teure „Verschmutzungsrechte“ von anderen EU-Staaten kaufen, sofern andere Staaten diese anbieten können, wenn sie weniger CO2 emittieren, als sie dürften.

Das übergeordnete Ziel bis 2030 heißt: Minus 36 Prozent Emissionen im Vergleich zu 2005.

"Völlig unzureichend": Klimaschutzplan fällt erneut durch

Die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen), die nicht dem (industriellen) Emissionshandel zugerechnet werden, müssen von 56,8 Millionen Tonnen CO2(-Äquivalenten) im Jahr 2005 bis 2030 auf 36,4 Millionen Tonnen sinken. 20,4 Millionen Tonnen sind das insgesamt, 14 sind noch notwendig.

Der anhaltende Trend spricht nicht dafür, dieses Ziel auch zu erreichen, denn die THG sind in Österreich 2015, 2016 und 2017 zum dritten Mal in Folge gestiegen. Schuld war vor allem der Verkehr, wo der Klimaplan ein Minus von 7,2 Millionen Tonnen gegenüber 2016 als Ziel vorsieht.

Klimaökonom Stefan Schleicher vom Wegener Center für Klimaschutz und Globalen Wandel in Graz sieht in dem nun vorgelegten Plan eine "nicht ausreichende Reaktion auf die Kritikpunkte der Europäischen Kommission auf den bisherigen Entwurf".

Gegenüber dem von der vorangegangenen Regierung an die Kommission abgeschickten Entwurf gebe es nur wenig Veränderungen und deshalb auch kaum Verbesserungen, so Schleicher weiter: "Das betrifft vor allem die von der Kommission gegenüber dem Entwurf geäußerten Kritikpunkte, wie

  •  nicht ausreichende Darstellung, wie das 2030-Reduktionsziel von 36 Prozent für den Nicht-ETS Bereich erreicht werden soll.
  •  Es fehlen Aussagen über die Wirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen samt dem zugehörigen Investitionsbedarf.
  •  Weiterhin fehlt eine Liste der kontraproduktiven Subventionen und deren Pläne für eine Abschaffung."

Schleichers Kritik ist auch eine grundsätzliche: "Was offensichtlich fehlt:

  •  Ein vertieftes Verständnis von Mobilität, das über das geläufige Verständnis von Verkehr hinausgeht.
  •  Ein vertieftes Verständnis von Gebäudekomplexen, statt dem Fokus auf einzelne Gebäude.
  •  Integrierte Netze mit Hub-Strukturen zur Gewinnung von Synergien bei
  • Steuerung, Speichern und Bereitstellung von Energie.
  •  Vorschläge für die Bepreisung von CO2-Emissionen.
  •  Klärung der Kompetenzen bei Energie und Klima zwischen Bund und Bundesländern.
  •  Carbon Management für ein begrenztes Emissions-Budget bis 2050.
  • Folgenabschätzung für Energie und Klima bei allen Gesetzen und bewilligungspflichtigen Projekten.

Nicht weniger kritisch ist Johannes Wahlmüller von Global2000: "Der Klimaschutzplan der jetzigen Regierung hat zwar mehr Seiten als der vorangegangene, man sagt uns darin aber wieder nicht, wie wir die Ziele einhalten können", so der Experte im Ö1-Morgenjournal.

Österreich hatte einen der schlechtesten Pläne in Brüssel abgeliefert. Und auch jetzt fehlen konkrete Ansagen und Maßnahmen, etwa wie der öffentliche Verkehr ausgebaut werden soll, und was das kostet soll."

Wahlmüller verortet zudem "aufweichende Formulierungen", da sehr oft nur die Rede davon sei, dass bestimmte Ziele "angestrebt" werden sollten, oder „"nach Möglichkeit": "Da lässt man sich immer eine Hintertür offen", sagt Wahlmüller.

Besonders kritisch seien die klimaschädlichen Subventionen, das Wifo sah diese in Höhe von bis zu 4,5 Milliarden an, die Regierung bei rund 2,5 Milliarden.

"Man kann das nur als einen Affront gegenüber Brüssel sehen", meint Wahlmüller. Brüssel habe dabei konkrete Listen verlangt, wo überall Treibhausgas-Ausstoß subventioniert werde und wie man das rasch abbauen will. "Da ist Finanzminister Eduard Müller in der Pflicht. Das ist die Verantwortung dieser Regierung." Denn Österreich könne nicht einen Plan zur Reduktion von Treibhausgasen erstellen und dabei weiter den CO2-Ausstoß subventionieren.

Wahlmüller glaubt, dass man den Plan aber in der nun laufenden Begutachtung noch stark verbessern könnte. "Alle Vorarbeiten sind da. Wir wissen, was geht und was was kostet."

Dabei erinnert er auch an mögliche hohe Folgekosten, sollte die Republik die Ziele nicht einhalten: "Bis zu achteinhalb Milliarden könnte das den Steuerzahler zusätzlich kosten."

Eine letzte Anmerkung: Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat versprochen, die EU-Ziele bis 2030 drastisch zu erhöhnen. Das EU-Gesamtziel soll von derzeit minus 40 Prozent auf "minus 50 bis minus 55 Prozent" erhöhnt werden. Eine wahrscheinliche Folge ist, dass Österreichs 2030-Klimaschutzziel - derzeit minus 36 Prozent im Vergleich zu 2005 - noch erhöht werden wird. Keine leichte Aufgabe für eine neue Regierung.

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