Ex-Kanzler Kurz über Schmid: "Was er sagt, ist nicht die Bibel"

Ex-Kanzler Kurz über Schmid: "Was er sagt, ist nicht die Bibel"
Der ehemalige Bundeskanzler bleibt dabei, dass der frühere Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid lügt.

Montag, dieser Woche, 10.00 Uhr. Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz hat einen Termin bei den Oberstaatsanwälten Gregor Adamovic und Matthias Purkart der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Im Schlepptau hatte er ÖVP-Parteianwalt Werner Suppan. Mit Pausen dauert die Einvernahme 5,45 Stunden. Das Einvernahmeprotokoll liegt dem KURIER vor.

Kurz soll zu jenem Telefongespräch mit Thomas Schmid, dem früheren Generalsekretär im Finanzministerium, aussagen, das er mit dem Handy seines damaligen Fahrers mitgeschnitten hat. Schmid hat die Absicht, Kronzeuge zu werden und belastet Kurz & Co schwer.

Ursprünglich wollte Kurz nur seine 21 Seiten starke schriftliche Stellungnahme vorlegen. "Aber wenn Sie schon fragen, kann ich Ihnen gerne auch ein paar Fragen beantworten", sagte der Ex-Politiker. Er bleibt dabei, dass Schmid lügt.

"Was er sagt, ist nicht die Bibel, sondern seine Aussage entspricht in vielen Bereichen nicht der Wahrheit", gab Kurz zu Protokoll. "Trotzdem hat er mir wie sich jetzt rückblickend feststellen lässt, damals nie einen ehrlichen Gesamtüberblick über das, was er sich zuschulden kommen hat lassen, gegeben, sondern Vorwürfe gegen ihn als konstruiert bezeichnet und versucht, sein Fehlverhalten und seine Formulierung zu verharmlosen."

Fehlverhalten zugegeben?

Kurz schildert weiters, dass er der Meinung sei, dass Schmid, wenn er sich etwas zuschulden kommen lassen habe, "dies auch zugeben sollte". "Hätte es das Fehlverhalten von MMag. Schmid nicht gegeben, dann hätten Sie wahrscheinlich auch keinen Grund gesehen, mich zu beschuldigen", sagt Kurz zu den zwei Oberstaatsanwälten.

Kurz meint, dass Schmid in dem mitgeschnittenen Telefonat ein Fehlverhalten zugegeben habe. Deshalb sei es eine richtige Entscheidung gewesen, so der Ex-Kanzler, das Gespräch aufzuzeichnen. Kurz empfindet es auch als "lebensnahe", dass jemand wie Schmid, "dem zahlreiche Straftaten vorgeworfen werden, jetzt versucht dadurch straffrei auszugehen, indem er Vorwürfe gegen andere erhebt, um so Kronzeuge zu werden".

Schmid habe die Anschuldigungen gegen ihn einfach erfunden, wiederholt sich Kurz. "Meiner Ansicht nach sagt MMag Schmid im geheim aufgezeichneten Telefonat die Wahrheit und nicht in der Beschuldigtenvernehmung", so Kurz.

Keine Skrupel

"Ich kann mir nicht helfen, aber für mich wirkt das doch offensichtlich, dass hier jemand frei von der Seele weg spricht in einem Telefonat, wo er nicht merkt, dass es aufgezeichnet wird und auf der anderen Seite keine Skrupel hat, in tagelangen Gesprächen mit Ihnen Dinge zu erfinden, die nicht der Realität entsprechen mit dem sehr klaren Kalkül dahinter", wird Kurz zitiert.

"Der Grund daher ist einfach schlicht und ergreifend, dass ich ihn nicht beauftragt oder angestiftet habe etwas Strafbares zu machen und deshalb gibt es dafür keinen Beleg, sondern nur mit einem eindeutigen Kalkül verbundene Vorwürfe von ihm in seiner schwierigen Lage."

Schriftliche Stellungnahme

Sebastian Kurz übergab der WKStA zudem eine Stellungnahme, in der er – ähnlich wie man es von Auskunftspersonen aus dem Untersuchungsausschuss kennt – zu Vorhalten schriftlich Stellung nimmt und seine Sicht der Dinge wiedergibt.

In der Stellungnahme werden zahlreiche Zeugen genannt und Einvernahmen etwa von Ex-Generalsekretär im Bundeskanzleramt, Bernd Brünner und Schmid als Ex-Generalsekretär im Finanzministerium, angeführt. Diese sollen aus Kurz‘ Sicht darlegen, dass er nicht in die Bestellung von Schmid zum ÖBAG-Chef eingebunden war.

So heißt es beispielsweise: "Aus dem Akt lässt sich zwanglos ableiten… dass MMag. Schmid sein Bestreben, Chef der neuen ÖBAG zu werden, nicht nur auf Eigeninitiative minutiös geplant und an der Umsetzung gearbeitet hat, sondern auch, dass der Beschuldigte wie er auch stets wahrheitsgemäß angegeben hat, von diesem diesbezüglich seines Interesses informiert wurde, bezüglich dessen Bewerbung jedoch keinerlei Anstoß gegeben hat."

Eine Chronologie und Widerlegung

Unter der Überschrift "der Aufstieg des MMag. Schmid zum mächtigsten Manager Österreichs – Eine Chronologie und Widerlegung" wird anhand von Chat-Protokollen weiter argumentiert.

Ein Chat-Verlauf zeige, dass "Schmid im Zusammenhang mit seinem Ziel, Chef der ÖBAG zu werden, nichts dem Zufall überließ, dass er sogar die Ausschreibung an seine Fähigkeiten anpassen ließ". 

Zudem "verstricke" sich Schmid im Rahmen seiner eigenen Einvernahmen "massiv in Widersprüche" wie es auf Seite 40 heißt.

Im Oktober 2017 schreibt Schmid an die Meinungsforscherin Sabine Beinschab: "Ja ich bleibe fix". Gemeint ist das Finanzministerium.

Im Dezember 2017 schreibt Schmid seiner Mutter, er bleibe im Finanzministerium ("Bis Ende März muss dann das Budget gemacht werden") und kurz darauf: "Und dann haue ich ab". Am 10. Dezember schreibt Schmid an Arnold Schiefer: "Ich will so schnell wie möglich zur ÖBIB wechseln".

Ein Rechtsgutachten vorgelegt

Der Stellungnahme an die WKStA ebenfalls beigelegt ist das 17-seitige Rechtsgutachten des Wiener Strafrechtsprofessors Peter Lewisch.

Lewisch betont in seinem Gutachten aus dem November 2021 (der KURIER berichtete), dass zwar die "Bezahlung von BMF-externen Aufträgen aus Ministeriumsmitteln" strafrechtlich als Untreue gewertet werden könne. Dies müssten die Ermittlungen zeigen.

Konkrete Belege für eine Involvierung des ÖVP-Chefs Kurz sieht Lewisch allerdings nicht. Er wirft den Ermittlern "story telling" sowie "Spekulationen und Mutmaßung" vor. "Die Anordnung der WKStA vermag kein einziges Beweisergebnis zu benennen, das die Person des Sebastian Kurz auch nur irgendwie in substantiierter Weise in Verbindung mit möglichen Inkorrektheiten bei der Finanzierung und Abrechnung von Leistungen im Schoße des BMF bringt."

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