Für Ersteres würden zumindest die Fähigkeiten sprechen, die man im Politikbetrieb trainiert, sagt Natalie Bairaktaridis, Headhunterin und Geschäftsführerin bei Ward Howell International. Verbündete finden, Gegner von den eigenen Ideen überzeugen, Gestaltungskraft und Resilienz nennt sie als Beispiele und merkt an: „Die Politik ist einer Konzernkarriere gar nicht so unähnlich.“
Die internationalen Kontakte, die sich Politiker aufbauen, seien zwar ein Pluspunkt, aber kein politikspezifischer, sagt Bairaktaridis: „Auch Manager achten darauf, Kontakte zur Diplomatie oder wichtigen Institutionen zu pflegen.“ Auf einen Ex-Kanzler sei die Privatwirtschaft in dieser Hinsicht also nicht angewiesen.
Soweit zu den Vorteilen. De facto ist es für die meisten Ex-Politiker aber schwer, außerhalb ihres Umfeldes (etwa Versorgungsposten) Fuß zu fassen. „Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind darauf bedacht, mit keinem Lager in Verbindung gebracht zu werden und nicht in die Schlagzeilen zu kommen. Das Produkt oder die Dienstleistung soll im Vordergrund stehen. Deshalb gibt es oft aus Prinzip keine Einstellungen aus dem Politik-Bereich – auch, wenn die Leute gut sind“, sagt Bairaktaridis.
Anders sei es mit Köpfen aus der zweiten oder dritten Reihe: Wer parteipolitisch nicht punziert ist, hat es leichter – und punktet mit Belastbarkeit, Loyalität und Wissen über das staatliche Gefüge. „Jemand, der weiß, wie die Prozesse im Hintergrund ablaufen, der Abkürzungen kennt, kann für ein Unternehmen von Vorteil sein. Wissen ist Macht.“ Sie betont: „Damit meine ich natürlich keine unlauteren Methoden.“
Durch die Ibiza-/Casinos-Causa habe sich die Sensibilität erhöht, Compliance sei ein großes Thema.
Eine Rolle spielt – um auf die erste Reihe zurückzukommen – auch das Image aus der Amtszeit. Bei manchen Ex-Ministern sei dieses derart ramponiert, dass sie als Führungskraft in einem Unternehmen wohl nicht bestehen würden, sagt Bairaktaridis. „Die Art, wie jemand mit Fehlern umgeht, wie authentisch jemand kommuniziert, zeigt Managerqualitäten.“
Angesichts dieser Risiken scheint es nicht verwunderlich, wenn gut ausgebildete Junge gar nicht erst in die Politik gehen, bestätigt sie.
Dass der Umstieg aber durchaus gelingen kann, zeigen Beispiele aus den unterschiedlichsten politischen Lagern. Man denke etwa an die ehemalige blaue Vizekanzlerin Susanne Riess, die heute Generaldirektorin von Wüstenrot ist. Oder die Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig: Sie wechselte ausgerechnet zum Glücksspiel-Konzern Novomatic. Mittlerweile hat sie diesem den Rücken gekehrt und sich selbstständig gemacht.
ÖVP-Urgestein Josef Taus legte eine beachtliche Karriere als Industriemanager hin. Parteikollege Michael Strugl kam aus der Landespolitik an die Spitze des Verbund. Nach der politischen Tätigkeit in der SPÖ wechselten Brigitte Ederer und Gerhard Zeiler in Top-Management-Positionen. Als Zeiler später ORF-Generalsekretär wurde, spielte die Politik dann aber wohl doch eine Rolle.
Apropos SPÖ: Dass es auch andersherum geht – von der Wirtschaft in die Spitzenpolitik – zeigte Christian Kern. Aber das ist eine andere Geschichte.
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