Was könnte dann passieren?
Marschiert dann vielleicht die NATO ein? Dann drückt der andere auf den Atom-Knopf und es kommt der Dritte Weltkrieg? Dass die NATO als Militärpakt auf der Welt die Oberherrschaft hat und jedes Land deshalb die Mittel in der Aufrüstung erhöhen muss, das ist der falsche Weg. Wir müssen uns mit aller Kraft bemühen, dass sich die Streitparteien an einen Tisch setzen. Auch in der Vergangenheit ist die Welt deshalb nicht gekippt, weil es zwischen Ost und West hinter den Kulissen immer diplomatische Bemühungen gab.
Der Krieg, aber auch Corona haben große soziale Auswirkungen auf das Leben. Haben Sie einen Erklärungsansatz, warum viele Menschen bei der FPÖ eine politische Heimat finden? Wieso haben die linken Parteien nichts entgegenzusetzen?
Mit „linke Parteien“ kann ich nichts anfangen. Das ist ein beliebiger Begriff. Manch einer bezeichnet die Neos als links, das sind sie aber nicht. Aus Grazer Perspektive kann ich sagen, dass es mit konsequenter Politik gelingt, den Menschen, die sich ausgegrenzt und nicht mehr gesehen fühlen, eine politische Heimat jenseits der FPÖ zu geben. Das Fürchterliche an der FPÖ ist, dass sie davon lebt, Hass zu schüren und Menschen zu suggerieren, dass andere Gruppen an ihren Nöten schuld sind. Die Geschichte hat gezeigt, wohin das führt. Manchmal bin ich aber auch tatsächlich verwundert, wie Menschen noch auf das hereinfallen können. Ich kann mich nicht erinnern, dass die FPÖ jemals etwas für die Leute getan hätte, für die sie vermeintlich da ist.
In Graz steht etwa die SPÖ schlechter da als die FPÖ.
Wahlergebnisse sind ein eigenes Kapitel. Wichtiger ist, wofür eine Partei steht. Ich empfinde keine Häme, wenn es der SPÖ nicht gut geht. Wir haben die gleichen Wurzeln. Die SPÖ dürfte halt nur nicht vergessen, wo ihre Heimat ist. Dieses Verständnis ist in der Bundespolitik verschwunden. Man könnte auch in der Opposition starke Politik machen. Das ist besser als eine Partei in Verantwortung, die dann alle Prinzipien aufgibt.
Könnte die SPÖ etwas von der KPÖ lernen?
Das maße ich mir nicht an. Und ich mache keine Gebrauchsanfertigungen für andere Parteien.
Sehen Sie in Zeiten wie diesen die Chance, dass die KPÖ auch auf Bundesebene wieder relevanter wird? Ich glaube nicht, dass man sich einfach auf Bundesebene hinstellen kann, und schon fliegen einem die Herzen zu. Man benötigt überall vor Ort eine Basis, zu der die Menschen Vertrauen aufbauen. Den Zwischenschritt darf man nicht überspringen. Ich wünsche mir, dass die KPÖ bundesweit an Ausstrahlung gewinnt, objektiv gesehen wäre es der richtige Zeitpunkt. Wir haben viele Mitstreiter, die Erfolg haben, weil Wort und Tat übereinstimmen, etwa in Linz und in Salzburg. Jetzt braucht es jemanden im Bund, der Dinge im richtigen Ton anspricht und die Menschen berührt.
Wären Sie das?
Nein, ich bin Graz sehr verbunden. Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Auch angesichts meines Alters wäre das vermessen.
Wie groß ist nach Ihrem Erfolg der Zulauf an Parteimitgliedern?
Wir freuen uns über jeden, der mitarbeitet. Wir haben in Graz rund 300 Mitglieder – und es könnten fünfmal mehr sein. Bei der Entscheidung, jemanden als Mitglied aufzunehmen, nehmen wir uns Zeit. Wir sind kein elitärer Kreis, aber es soll nicht nachher Enttäuschung auf beiden Seiten geben. Wer zu uns kommen will, muss grundinteger sein, im Kollektiv arbeiten können, nichts im Eigennutz tun. Marx muss er hingegen nicht auswendig können.
Während Corona haben viele Menschen das Vertrauen in das System verloren.
Am Anfang ist in der Pandemiebekämpfung vieles gut gelaufen. Dann kam die Impfpflicht, die grottenschlecht kommuniziert wurde. Und die Behörden haben Regeln so exekutiert, wie Behörden halt oft sind – überzogen, mit Gängelung. Da haben Menschen Groll bekommen, es gab Gehässigkeiten in Familien und Firmen. Viele haben sich in ihr Eck zurückgezogen, in dem sie bis heute sind. Jetzt braucht es Fingerspitzengefühl.
Die Stadt sorgte für Schlagzeilen, als es hieß, sie sei fast pleite. Wie geht es ihr heute?
Gleich wie damals. Bei den Zahlen kann man ja nicht schwindeln. Aber Graz war nie pleite, diese Zeitungsmeldung war falsch und überzogen. So eine Darstellung ist nicht witzig. Sie hat Graz geschadet. Da fangen manche Banken und Ratingagenturen an, sich Gedanken zu machen.
Die Zahlen stammen nicht von Medien, sondern vom Stadtrechnungshof.
Die Schulden haben wir von der Vorgängerregierung geerbt, viele Ausgaben waren übrigens richtig. Jede Stadt hat Schulden, anders geht es nicht, weil man investieren muss. Wichtig ist, wie man die Kredite bedient. Wir sind auf einem guten Weg, wir werden das Budget Ende März gut hinbekommen.
Sie verzichten auf einen großen Teil Ihres Gehalts. Ist es gut für die Qualität, wenn die Politik an sich selbst spart?
Die hohen Gehälter von Abgeordneten und von Regierungsmitgliedern haben die Qualität der Politiker auch nicht besser gemacht. Andere Menschen haben auch verantwortungsvolle Jobs und sind keine Spitzenverdiener. 8.300 Euro netto als Bürgermeisterin? Ich wäre Millionärin. Mir reichen 2.000 Euro, das ist meine Selbstbeschränkung.
Ist es okay, wenn sich Menschen an Straßen kleben?
Demokratie lebt davon, dass Menschen Wünsche haben und darauf aufmerksam machen – wie sie das machen, kann mir gefallen oder nicht gefallen. Was nicht geht, sind Beschädigungen. Sich wie ein Berserker aufzuführen oder ein Gemälde zu zerstören, das zipft mich an. Das ist eine Geringschätzung, die mich wütend macht. Straßen blockieren, das ist keine Tragödie.
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