Österreich in Israel willkommen, nur die FPÖ nicht

Es war eine, wenn nicht die wichtigste Rede ihrer beruflichen Laufbahn, sagte Karoline Edtstadler nach ihrem Auftritt beim AJC Global Forum, einer internationalen Konferenz des American Jewish Committee, am Sonntagabend in Tel Aviv.
Die ÖVP-Ministerin für Europa und Verfassung war neben der litauischen Premierministerin Ingrida Šimonytė und Margaritis Schinas, Vizepräsident der EU-Kommission, eine von drei europäischen Politikerinnen und Politikern, die bei der Eröffnung vor rund 1.500 Teilnehmern aus 60 Ländern sprechen durften.
„Wenn Jüdinnen und Juden unter Druck sind, dann sind unsere Demokratie und unsere liberale Gesellschaft unter Druck“, betonte Edtstadler in ihrer Rede. „Es ist unsere historische Verantwortung, jüdisches Leben zu schützen und zu fördern, in Österreich, in Europa und weltweit.“
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Wertschätzung
Die Einladung des AJC sei ein Ausdruck besonderer Wertschätzung für Österreich, wie in Israel von offizieller Seite betont wurde. Wertschätzung vor allem dafür, dass Österreich – mitsamt seiner dunklen Geschichte – das erste Land Europas war, das eine gesamtstaatliche Strategie gegen Antisemitismus aufgestellt hat. Das war im Jänner 2021, noch bevor die EU ihre Vorgaben präsentiert hat.
Nationale Strategie gegen Antisemitismus
Im Jänner 2021 hat die türkis-grüne Regierung ihren Plan präsentiert, Ende 2024 wird evaluiert. Umgesetzt wurde u. a. Folgendes:
Kulturerbe
Österreichs Förderung jüdischen Lebens wurde auf vier Mio. Euro pro Jahr verdreifacht.
„Flagging“
Polizei und Justiz „markieren“ Fälle mit antisemitischem Motiv, um diese Form von Hasskriminalität systematisch auszuwerten.
Wertekurse
In Kursen für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte werden antisemitische Vorurteile thematisiert.
26 Maßnahmen wurden bereits implementiert, zwölf sind in Umsetzung. Erst vergangene Woche wurden zwei in Begutachtung geschickt: Erstens die Verschärfung des Verbotsgesetzes, zweitens die Aberkennung von Ehrenzeichen für Nationalsozialisten. Eine weitere Maßnahme betrifft den Bereich Bildung: Das Innenministerium stellt künftig pro Jahr 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, damit Schulklassen die Gedenkstätte Mauthausen besichtigen können. Ähnliche Aktionspläne gibt es in 13 weiteren Staaten der EU, bis 2030 müssen alle Mitgliedsstaaten die EU-Vorgaben umgesetzt haben. Österreich will seine Strategie bis Ende 2024 evaluieren.
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Bei den Maßnahmen sind sich ÖVP und Grüne weitestgehend einig – für Edtstadler, die im Gegensatz dazu bei Justiz-Themen ansteht, dürfte das eine Wohltat sein. Für ihr Engagement ist die Ministerin aber auch Anfeindungen ausgesetzt. In rechtsradikalen Foren wird jede Unterstützung für die jüdische Community als Angriff auf die „eigenen Leute“ gewertet. Gerade wegen der Novelle des Verbotsgesetzes gingen die Wogen wieder hoch.
Knick in der Beziehung
Am Sonntag traf die Verfassungsministerin noch Israels Staatspräsident Yitzhak Herzog, am Montag dann Außenminister Eli Cohen; dem Rektor des österreichischen Hospiz in Jerusalem, Markus Bugnyar, verlieh sie das Goldene Ehrenzeichen der Republik. Für heute, Dienstag, steht die Übergabe eines restituierten Gemäldes an die rechtmäßige Erbin eines Shoah-Opfers an.
Edtstadlers Fazit: „Die Beziehungen zwischen Österreich und Israel waren noch nie so stark wie heute.“
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Eine Beziehung, die über die Jahre mühsam aufgebaut wurde, in der es aber auch einen Knick gab. Zu Zeiten der türkis-blauen Regierung verweigerte Israel den Kontakt zur FPÖ, die damals immerhin die Außenministerin (Karin Kneissl) gestellt hatte. Noch sieht man es hier entspannt, dass die Blauen jetzt wieder im Aufstieg sind und 2024 wieder in die Regierung kommen könnten. Der FPÖ-Bann sei jedenfalls aufrecht, ist zu hören.
Dass sowohl Verfassungsministerin Edtstadler als auch Außenminister Alexander Schallenberg kürzlich kundgetan haben, sie würden nicht in einer Koalition mit einem Kanzler Herbert Kickl arbeiten wollen, dürfte wohl auch ein Signal an internationale Beobachter gewesen sein.
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