Holocaust-Gedenktag: Israelitische Kultusgemeinde warnt vor Koalition mit FPÖ
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, hat die Parteien vor einer Koalition mit der FPÖ gewarnt. Erst tags zuvor bei der Angelobung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen hätten die Freiheitlichen gezeigt, dass "Kellernazis" in deren Reihen sitzen würden, sagte er am Rande der Gedenkveranstaltung am Freitag anlässlich des Holocaust-Gedenktages. Deutsch und Vertreter der Parteien hatten an der Shoah-Namensmauer Kerzen aufgestellt.
Deutsch ortet "Kellernazis" in der FPÖ
Die FPÖ hatte nach der Rede des Bundespräsidenten im Parlament, in der er auch vor autoritären Tendenzen gewarnt hatte, auf Applaus verzichtet. Dem vorausgegangen war bereits Empörung in den blauen Reihen, da Van der Bellen zuvor in einem Interview angedeutet hatte, Parteichef Herbert Kickl bei einem etwaigen Wahlsieg nicht automatisch einen Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker sah darin einen zutiefst "antidemokratischen und autoritären Akt".
Für IKG-Präsident Deutsch, der ebenfalls bei der Angelobung anwesend war, ist das Verhalten der Freiheitlichen "skandalös", wie er am Freitag sagte. Es sei wieder ein Zeichen dafür, "dass dort auch Kellernazis sitzen". Von einem allgemeinen Rechtsruck in Österreich wollte er zwar nicht sprechen, "aber ich glaube, man sollte wissen, welche Partei die FPÖ ist". Darum warnte er die Parteien auch vor einer Koalition mit den Freiheitlichen.
Kickl ließ es sich dennoch nicht nehmen, in einer Aussendung an die Opfer des "verbrecherischen NS-Regimes" zu erinnern. Meinungs- und Versammlungsfreiheit seien der "wirkmächtigste Schutzwall gegen jedwedes Aufkeimen des totalitären Ungeistes." Um das sicherzustellen, brauche es eine "parteiübergreifende Allianz aller Demokraten, die bereit sind, unsere Demokratie und unsere Freiheit vor jeglichen gewalttätigen und extremistischen Entwicklungen zu schützen". Die FPÖ stehe für diese Werte ein und reiche "in diesem Sinne all jenen unsere Hand, die dazu ernsthaft und jederzeit bereit sind".
Politiker gedenken an Namensmauer
Zuvor hatte Deutsch Vertreter der Politik eingeladen, zum bereits zweiten Mal Kerzen an der Shoah-Namensmauer aufzustellen. Neben Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler waren noch NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger und der SPÖ-Abgeordnete Alois Stöger sowie Roma-Vertretern gekommen. Auch IKG-Vizepräsident Michael Galibov und Vizepräsidentin Claudia Prutscher waren anwesend. Gesungen wurde das traditionelle Totengebet "El Maleh Rachamim" ("Gott voller Erbarmen").
Deutsch nutzte den Anlass auch, um die Errichtung eines großen Shoah-Zentrums in Wien nach dem Vorbild derartiger Einrichtungen in den USA und Israel zu fordern. Es gebe immer weniger Zeitzeugen, begründete er am Rande der Veranstaltung seinen Wunsch. Deutsch zeigte sich abermals zuversichtlich, dass es Unterstützung vonseiten des Bundes und der Stadt geben wird. Konkrete Gespräche darüber habe es aber noch keine gegeben.
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