Das einmal mehr, einmal weniger offen ausgetragene Match um den Führungsanspruch in der Bundes-SPÖ ist wieder offen.
Lange Zeit hat es so ausgesehen, als ob mit Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil der Nachfolger von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bereits feststünde. Zumindest hat sich „Dosko“, wie er parteiintern abgekürzt wird, mit Querschüssen gegen Rendi-Wagner und ihre Themensetzung beziehungsweise mit großen Interviews im Boulevard als eine Art Hoffnungsträger für die angeschlagene Partei positioniert.
Doch nach der für Rendi-Wagner positiven Mitgliederbefragung im Mai (71,4 Prozent für ihren Verbleib) und den jetzigen Turbulenzen um die Mattersburger Commerzialbank sitzt sie wieder fester im Sattel und muss Doskozil – bundespolitisch – leiser treten. „Das Thema Dosko gegen Rendi ist jetzt einmal vom Tisch, aber Rückenwind ist das für uns auch keiner“, sagt ein SPÖ-Landesparteichef.
Deshalb knallen in der Wiener SPÖ-Zentrale auch nicht die Sektkorken. Rendi-Wagner will Doskozils jüngste Attacken, beispielsweise den Parteichef künftig nach Beliebtheitswerten zu wählen, weiterhin nicht kommentieren. Sie ahnt wohl, dass eine angeschlagene burgenländische SPÖ der Sozialdemokratie insgesamt schaden kann. Schließlich regiert die SPÖ nur noch in drei Bundesländern.
Für die SPÖ-Wien kommt das alles zur Unzeit. Sie hat gerade eine Unterstützer-Kampagne für Michael Ludwig gestartet, am 7. September beginnt der Intensivwahlkampf. Ein Bankenskandal mit SPÖ-Involvierung unmittelbar vor der Haustür ist da wenig hilfreich.
SPÖ-Wien-Kommunikationschef Raphael Sternfeld stellt jedoch jede negative Auswirkung auf Wien in Abrede. „Die Wählerinnen und Wähler unterscheiden in zunehmendem Maß zwischen den Ebenen, man schaue sich an, was Günther Platter in Tirol aufgeführt hat“, so Sternfeld. Zu Doskozils Kritik an Rendi-Wagner und zur Bankenpleite will Sternfeld nichts sagen. Für die SPÖ liege der Fokus jetzt auf Wien „und auf nichts sonst“.
Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer sagt jedoch, ein beschädigter Doskozil könnte der SPÖ in ihrer Gesamtheit schaden: „Hans Peter Doskozil ist bei der Bevölkerung der beliebteste SPÖ-Politiker. Wenn der starke Mann der SPÖ ins Schleudern gerät, hilft das der SPÖ als Ganzes nicht.“
Politikberater Thomas Hofer sieht das ähnlich: „Den großen Hoffnungsträger gibt Doskozil derzeit nicht her. Aber an Rendi-Wagners Dilemma ändert das nichts. Sie kommt nicht vom Fleck.“
Unter Doskozil-Fans scheint es dennoch eine klar ausgemachte Sache zu sein, dass ihre Galionsfigur beim SPÖ-Bundesparteitag im Oktober 2021 übernehmen wird und die ÖVP daher bereits jetzt nichts unversucht lässt, um ihn anzupatzen.
Reden zwei rote Funktionäre, sagt der eine: „Dosko ist der Einzige weit und breit, mit dem wir gegen Kurz ein Leiberl hätten.“ Sagt der andere: „Da muss aber erst ordentlich Schilf über die Bankpleite wachsen.“
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