Doskozils erste große Krise
Als Landeshauptmann Hans Peter Doskozil am Vormittag des 15. Juli die wenige Stunden zuvor erfolgte behördliche Schließung der Commerzialbank Mattersburg AG kommentierte, agierte er noch in seiner liebsten Rolle – als „souveräner Macher“.
Die Bank „ist zu liquidieren“, dekretierte der mit absoluter Mehrheit ausgestattete Landeschef, nachdem er über den der Bilanzfälschung beschuldigten Bank-Gründer Martin Pucher den Stab gebrochen und von einer „Riesensauerei“ gesprochen hatte.
Drei Wochen später findet sich der Macher in den Mühlen der Landespolitik wieder und durchlebt ein gutes halbes Jahr nach seinem fulminanten Wahlsieg eine ernste politische Krise – ausgelöst durch eine kleine „private“ Bank mit neun Standorten im Bezirk Mattersburg.
Zuerst hat Doskozil in den vergangenen Tagen im Gefolge des Bank-Skandals seinen Sozial- und Wirtschaftslandesrat verloren (Christian Illedits stolperte über ein Gold-Geschenk von Puchers SV Mattersburg zum Geburtstag), dessen Posten spätestens kommende Woche nachbesetzt werden soll.
Dabei bereitet das Doskozil, für den Illedits nie erste Wahl war, viel weniger Kopfzerbrechen als die gemeinsame Front der Opposition. Für Türkis, Blau und Grün öffnet sich durch den Bankskandal ein unerwartetes Mondfenster, um den vermeintlichen Überflieger schon auf der kleinen Landesbühne festzunageln und zu entzaubern.
U-Ausschuss, Neuwahl
Während der Schaden bei der Bank in schwindelerregende Höhen steigt – von anfänglich höchstens 500 auf zuletzt rund 700 Millionen Euro –, wird im Eisenstädter Landhaus politisches Kleingeld gewechselt. Vor allem SPÖ und ÖVP haben sich in Stellung gebracht. Beide versuchen, den „Kriminalfall Commerzialbank“ dem jeweils anderen umzuhängen und raunen seit Wochen von einem „roten“ oder einem „schwarzen“ Netzwerk rund um Pucher.
Die drei Oppositionsparteien haben am Dienstag einen Sonderlandtag beantragt, der in den kommenden beiden Wochen stattfinden muss. Außerdem wird die Offenlegung der „Telefonprotokolle“ Doskozils und seiner Mitarbeiter verlangt, um zu erfahren, wer in den letzten Stunden vor Schließung der Bank mit wem geredet hat.
SPÖ-Klubchef Robert Hergovich, der einem U-Ausschuss zur Bank ebenso wie die ÖVP freudig entgegensähe, sieht die Aufsichtsräte der Bank, „ehemalige oder aktuelle“ Funktionäre von Volkspartei und Wirtschaftsbund, in der Pflicht. Christian Sagartz, Chef der Landes- und der Mattersburger Bezirks-ÖVP müsse deshalb „zurücktreten“. Wann fordert die ÖVP Doskozil zum Rücktritt auf? ÖVP-Klubchef Markus Ulram: „Der Landeshauptmann hat noch einmal die Chance, für Aufklärung zu sorgen, spätestens beim Sonderlandtag“.
FPÖ-Chef Norbert Hofer bringt gar „Neuwahlen“ ins Spiel. Ein halbes Jahr nach der Landtagswahl hört man Wahlkampftöne.
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