Eines der wohl brisantesten Gesetze der letzten Jahrzehnte biegt in die Zielgerade: Das Gesetz zur Impfpflicht ist heute, Montag, im parlamentarischen Gesundheitsausschuss, am Donnerstag soll es im Nationalrat beschlossen werden. Am 4. Februar folgt der Beschluss im Bundesrat.
SPÖ und Neos haben schon im Vorfeld angekündigt, beim türkis-grünen Gesetz mitzustimmen – allerdings dürften einzelne Abgeordnete von der Parteilinie abweichen. Die FPÖ ist geschlossen dagegen.
Mit Anfang Februar kann die Impfpflicht in Kraft treten. Und das, anders als zunächst angekündigt, nicht auf einen Schlag, sondern in drei Phasen. Das erläuterten Kanzler Karl Nehammer, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler bei der Präsentation am Sonntag.
Phase 1 soll genutzt werden, um die letzten Zweifler von der Impfung zu überzeugen. Nehammer sagte, er wisse, dass viele Menschen Angst vor dem Impfen und oder ein Misstrauen gegen die Politik hätten. Impfskeptiker sollten sich bewusst machen, wie viele Menschen sich bereits impfen haben lassen – und wie viel das zur Bewältigung der Pandemie beitrage, sagte er.
Phase 2 startet am 16. März: Ab da wird die Impfpflicht von der Polizei kontrolliert – etwa im Rahmen von Verkehrs- oder 2-G-Kontrollen in Gastro und Handel. Wer kein gültiges Impfzertifikat vorlegen kann, bekommt eine Strafe von bis zu 600 Euro.
Phase 3 wird nur bei Bedarf ausgelöst. Beurteilen soll das eine Kommission im Bundeskanzleramt. Dabei zählt nicht nur die Impfquote, sondern auch die Lage in den Spitälern. Möglich also, dass sie gar nicht kommt, wenn Omikron zu keiner Überlastung führt.
Nach einem Datenabgleich von Melde- und Impfregister wird allen Impfpflichtigen, die ihre Pflicht noch nicht erfüllt haben, ein Erinnerungsschreiben geschickt und ein Impf-Stichtag festgelegt. Ab da gibt es keine Polizeikontrollen mehr – weil alle Ungeimpften dann ohnehin bekannt sein dürften.
So viel zum Rahmen. Bei den Details gab es im Vorfeld viele Kritikpunkte, was teils zu Anpassungen geführt hat:
Der Personenkreis
Statt bei 14 liegt die Altersgrenze nun bei 18 Jahren. Das dürfte eine politische Entscheidung gewesen sein, epidemiologisch begründet ist sie wohl kaum.
Zudem gilt sie für Personen mit Wohnsitz in Österreich – also Haupt- und Nebenwohnsitz. Meldepflichtig ist, wer sich länger als 6 Monate hier aufhält.
Die Ausnahmen
Schwangere, Genesene für 180 Tage und Personen, für die eine Impfung eine „konkrete und ernstliche Gefahr für Leben oder Gesundheit“ darstellen würde, sind ausgenommen.
Neu ist die Ausnahme für Personen, bei denen keine Immunantwort zu erwarten ist oder die auch nach bereits mehrmaliger Impfung keine Immunantwort ausgebildet haben. Sprich: Menschen, bei denen die verfügbaren Covid-19-Impfstoffe nicht wirken.
Die Ausnahme-Atteste
Der Gesundheitsminister legt mit Verordnung fest, welche gesundheitlichen Zustände als Ausnahmegrund gelten. Psychische Erkrankungen sind vorerst kein Ausnahmegrund.
Attestieren kann das – anders, als es im Begutachtungsentwurf des Gesetzes stand – nur ein kleiner Kreis an Ärzten: Nämlich nur Amtsärzte und „Epidemieärzte“, die sich als solche eintragen lassen.
Wer ein Befreiungsattest braucht, muss in eine eigene Ambulanz gehen. Bei Schwangeren korrespondieren die Gynäkologen mit den Epidemieärzten.
Der Umfang
Aktuell geht die Impfpflicht bis zum 3. Stich – sollte irgendwann ein 4. notwendig sein, wird per Verordnung nachgebessert. Es gelten alle in Österreich zugelassenen Impfstoffe.
Der Erinnerungs-Stichtag
Hier braucht es den erwähnten Abgleich zwischen Melde- und Impfregister, der laut ELGA erst ab April technisch möglich sein dürfte. Ungeimpfte bekommen ein Erinnerungsschreiben.
Das wird per Verordnung der Bundesregierung (nicht allein des Gesundheitsministers) festgelegt.
Impfpflicht kommt Anfang Februar für Personen ab 18 Jahren
Der Impf-Stichtag
Frühestens einen Monat nach dem Erinnerungs-Stichtag darf dann ein Impf-Stichtag fixiert werden – dieser dürfte gleich im Erinnerungsschreiben genannt werden. Es braucht aber eine gesonderte Verordnung, die im Hauptausschuss im Parlament genehmigt werden muss.
Neu ist: Statt alle drei Monate sollen diese Stichtage maximal alle sechs Monate stattfinden – also nur zwei statt vier Mal im Jahr.
Die Strafen
Im sogenannten „abgekürzten Verfahren“ gibt es eine Strafe von bis zu 600 Euro – maximal vier Mal pro Jahr. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann die Höhe je nach „Schwere der Tat“ selbst festlegen. Was das bedeutet, ist nicht klar definiert.
Die „abgekürzten Verfahren“ werden zunächst bei Polizeikontrollen und wohl auch in Phase 3 das Mittel der Wahl sein sein, weil sie deutlich weniger Aufwand bedeuten als „ordentliche Verfahren“.
Der Rechtsweg
Wer gegen die Strafe im „abgekürzten Verfahren“ Beschwerde einlegt, geht in ein „ordentliches Verfahren“ über – mit bis zu 3.600 Euro Strafe. Hier werden die persönlichen Einkommensverhältnisse berücksichtigt.
Der Betroffene bekommt auch die Gelegenheit, sich in einer Verhandlung an Verwaltungsgericht zu verteidigen. Für die Dauer des Verfahrens kann man keine neue Strafe bekommen.
Neu ist: Eine Verhandlung bekommt nur, wer abseits von verfassungsrechtlichen Bedenken in der Beschwerde einen Grund nennt, sich nicht impfen zu lassen. So will man vermeiden, dass die Gerichte massenhaft Verhandlungstermine mit Impfgegnern abhalten müssen, weil diese prinzipiell gegen die Impfpflicht sind. Impfgegner können aber trotzdem den Weg zum Verfassungsgerichtshof beschreiten.
Das „Herausimpfen“
Wer bis zu zwei Wochen nach seinem Strafbescheid die Impfung nachholt, dem wird die Strafe erlassen, das Verfahren wird beendet.
Die Zweckwidmung
Die Einnahmen durch die Geldstrafen sollen in den jeweiligen Landesgesundheitsfonds fließen – kommen also den Spitälern zugute.
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