Der neue Pluralismus nach Kurz: Wenn die Länder mitregieren
Am Montag werden ein neuer Kanzler und neue Minister für zentrale Ressorts wie Finanzen, Bildung und Innere Sicherheit angelobt. In der Zwischenzeit regieren in Österreich die Landeshauptleute.
Kein Wiener Modell ohne Föderalismus
Ein positives Beispiel war zuletzt Wien. Ohne Föderalismus hätte es das allseits bejubelte Wiener Krisenbekämpfungsmodell nicht gegeben – der Bund hätte auch in Wien die Pandemie vorschnell abgesagt. So blieb es für die Wiener Spaßbremsen bei einer Rüge durch die türkise Ministerin Elisabeth Köstinger.
Die große Corona-Lösung am Achensee
Als sich die Regierung im November trotz Hilferufe der Ärzteschaft nicht zu einem Lockdown durchringen konnte (der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein war dafür, die ÖVP dagegen) schafften die Landeshauptleute unter dem Vorsitz von Tirols Günther Platter am 19. November am Achensee eine große Lösung: harter, kurzer Lockdown, um die vierte Welle zu brechen und die Spitäler zu entlassen. Gleichzeitig Einführung einer Impfpflicht, um die Lockdown-Gefahr in Zukunft zu reduzieren.
Länderkonsens ist breiter
Neu an dieser Situation: Der frühere Kanzler Sebastian Kurz agierte meist streng nach der Parteilinie, die SPÖ ließ er außen vor. Nach seinem Rücktritt reden die ÖVP-Länder mit den SPÖ-Ländern, was einen breiteren Konsens ergibt: Das Papier zu Lockdown und Impfpflicht, das die Unterschrift der neun Landeshauptleute trägt, hielt Platter am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ in die Fernsehkameras.
Landeshauptmann erklärt Lockdown für beendet Auf Basis der Achenseer Vereinbarung erklärte Platter am Sonntag im Fernsehen den Lockdown für beendet. Alles müsse für Geimpfte und Genesene aufsperren – unter Auflagen. Im KURIER hatte Vizekanzler Werner Kogler am Sonntag gesagt, man werde „nicht alles über Nacht aufsperren“.
Länder gegen Gewessler-Alleingang
Eine Menge Konfliktstoff birgt der Alleingang der Infrastrukturministerin Leonore Gewessler, indem sie lange geplante Straßenbauten und Lückenschlüsse bereits gebauter Straßenstrecken absagte. Niederösterreich und Wien wollen gegen die Absage des Lobautunnels klagen, Bürgermeister Michael Ludwig stellte auch eine Volksbefragung in den Raum. Platter sagte am Sonntag, er sei in dieser Frage an der Seite von Michael Ludwig und Johanna Mikl-Leitner. Gewessler solle aufhören, „die Bevölkerung zu verunsichern“. Das Thema sei in der Regierung zu lösen, einen Neuwahlgrund erblickt er darin aber nicht. Auch der Steirer Hermann Schützenhöfer warnt die Grünen vor Alleingängen.
Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer bleibt unbeeindruckt. Es sei Landeshauptfrau Mikl-Leitner „unbenommen, zu klagen“. Es sei aber Aufgabe von Klimaschutzministerin Gewessler, zu verhindern, dass „ein Naturschutzgebiet durch einen Tunnel zerstört wird“.
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