Der düstere Zustand des Heeres
Es ist ein düsteres Bild, das Verteidigungsminister Thomas Starlinger zeichnen wird, wenn er heute, Dienstag, den Zustandsbericht „Unser Heer 2030“ vorlegt. „Es ist keine Schwarzmalerei, sondern die Realität“, sagt Ressortsprecher Oberst Michael Bauer zum KURIER.
Details verrät Bauer vorab nicht, nur so viel: Es sollen die Bedrohungen Österreichs skizziert werden, die dementsprechenden Aufgaben des Bundesheeres und inwiefern es dafür aufgestellt ist.
"Forderungen und Zahlen"
Der Tenor dürfte derselbe sein, mit dem Starlinger schon im Juni Alarm geschlagen hat: Wenn sich budgetär nichts ändere, sei das Heer bald handlungsunfähig. Dann werde es „kein Geld für Treibstoff, kein Geld für Überstunden, kein Geld für Munition oder die Stromrechnung“ mehr geben, sagte Starlinger damals.
Um das zu verhindern, werden im Bericht „konkrete Forderungen und Zahlen“ aufgeführt, sagt Oberst Bauer.
Der Zeitpunkt der Präsentation kurz vor der Wahl ist gut gewählt. Bei den Parteien rennt der Verteidigungsminister mit seinen Forderungen nach mehr Geld offene Türen ein. Kurz vor der Wahl wird sich niemand nachsagen lassen wollen, die Sicherheit des Landes nicht ernstzunehmen. Selbst ÖVP-Chef Sebastian Kurz – ansonsten an Heeresfragen eher wenig interessiert – stellte unlängst eine Aufstockung des Verteidigungsbudgets in Aussicht.
"Wer soll das finanzieren?"
Zahlen nannte er nicht. Allerdings wird in den Parteien ebenso wie im Bundesheer mantraartig von einem Prozent des BIP – das sind 3,8 Milliarden – gesprochen. Derzeit liegt das Verteidigungsbudget bei rund 0,6 Prozent.
Auf Parteienebene kann Starlinger also mit Zustimmung rechnen. Skeptisch ist man hingegen im Finanzministerium. Offiziell heißt es: Mit dem Verteidigungsministerium würden zu gegebener Zeit Budgetverhandlungen geführt, wie mit jedem anderen Ressort. Hinter vorgehaltener Hand fragt man aber: „Wer soll das finanzieren?“
Keine Strukturreformen
Man fürchtet, dass das Verteidigungsministerium zwar jede Menge Wünsche und Forderungen auf den Tisch legen wird, aber keinerlei Vorschläge, wie gespart, die Effizienz gesteigert und der aufgeblähte Personalstand reduziert werden kann.
Dass das so ist, bestätigt Oberst Bauer: „Wenn wir unsere Aufgaben erfüllen sollen, dann können wir kein Personal abbauen.“ Dazu sei auch die derzeitige Struktur notwendig – „und auch von allen gewünscht“, so Bauer.
Tatsächlich hat das Heer in den vergangenen Jahren Personal abgebaut. Seit 2004 um 16 Prozent. Allein, budgetär hat das wenig gebracht. So kritisierte der Rechnungshof 2016, dass zwischen 2009 und 2014 die Personalkosten um acht Prozent gestiegen sind, obwohl im selben Zeitraum der Personalstand um neun Prozent sank. Der Grund: „Das BMLVS setzte trotz des sinkenden Budgets keine substanziellen strukturellen Reformmaßnahmen.“ Die Folge seien „Mehrgleisigkeiten und Parallelstrukturen“ in der Verwaltung.
Im Prinzip kritisiert der Rechnungshof, was schon längst bekannt ist: Das Bundesheer hat viele Häuptlinge, aber wenige Indianer. So sind 17,4 Prozent des militärischen Personals Berufsoffiziere. In der Schweizer Armee beträgt der Berufssoldatenanteil gerade einmal fünf Prozent, der Offiziersanteil elf Prozent.
Teure Uni-Lehrgänge
Aber nicht nur das Personalwesen des Heeres sorgt für Unverständnis, sondern auch das Beschaffungswesen. So hat das Heer seit 2016 knapp 1.000 zivile Fahrzeuge für mehr als 50 Millionen Euro angeschafft. Heuer will man 95 Skoda Kodiaq (Kosten ca. 2,4 Millionen Euro) kaufen, dabei sei die Lebensdauer der derzeitigen Fahrzeugflotte (VW Touareg) noch nicht ausgeschöpft, heißt es.
Für Kopfschütteln sorgt zudem ein Kooperationsvertrag mit der Universität Wien über zwei PhD-Lehrgänge, für den das Heer drei Millionen Euro zahlte. Bis zu 60 Heeresangehörige hätten daran teilnehmen sollen. Absolviert haben die Kurse weniger als zehn. Das Ministerium hatte sich bei der Zahl möglicher Kandidaten grob verschätzt.
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