Verschmutzer zur Kasse bitten, Subventionen streichen: Was der Klimarat empfiehlt
93 Empfehlungen sind das Ergebnis der Beratungen des österreichischen Klimarates. Seit Jänner tagten anfangs einhundert, zum Schluss noch 88 Klimaräte, um Maßnahmen zu erarbeiten, wie Österreich bis 2040 klimaneutral werden könnte.
Faktisch sind wir von dem Ziel sehr weit entfernt. Österreich emittiert in etwa gleich viel Treibhausgase wie 1990. Bis 2030 müssen die Emissionen halbiert werden, dazu hat Österreich sich innerhalb der EU bereits verpflichtet. Es bleiben also nur mehr siebeneinhalb Jahre für diese erste Monsteraufgabe.
Die 93 Empfehlungen sind in insgesamt sechs Kapitel eingeteilt: Energie, Konsum und Produktion, Ernährung und Landnutzung, Wohnen, Mobilität und Allgemeines.
Es gibt übrigens keine Empfehlung, die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von derzeit 130 km/h zu reduzieren, lediglich auf Landstraßen gibt es die Empfehlung für 90 km/h. Das wurde diskutiert, es zeichnete sich aber keine klare Mehrheit ab.
Highlights aus den Empfehlungen (Auswahl)
- Einklagbares Grundrecht auf Klimaschutz
- Wer im Vergleich deutlich mehr Energie verbraucht, soll auch mehr zahlen
- Subventionen für fossile Energie abschaffen
- CO2-Preis (geplant sind ab Herbst 30 Euro pro Tonne) soll deutlich angehoben werden, bis 2025 auf 120 Euro pro Tonne und bis 2030 auf 240 Euro pro Tonne
- Reparierbarkeit von Produkten verpflichtend machen
- Vernichtung von Neuwaren verbieten
- Vernichtung von Lebensmitteln verbieten
- Refill-Stationen einführen (für Waren, die nicht extra verpackt werden müssen)
- Verpflichtende Verwendung klimafreundlicher Lebensmittel in Restaurants und Großküchen
- Mengenrabatt für Lebensmittel verbieten (würden nur dazu führen, dass zu viel gekauft wird)
- Anti-Diskriminierung für Obst und Gemüse: Abnahmepflicht für krummes Gemüse
- Öffentliche Verteiler-Kühlschränke fördern und bewerben (zur weinfachen Weitergabe verderblicher Waren)
- Offensive zur Sanierung aller Bestandsbauten
- Raumordnungskompetenz den Bürgermeistern/Gemeinderäten wegnehmen und auf Landesebene verankern
- Bebauungsfristen für Baugrundstücke umsetzen, bei gewidmeten, aber unbebauten Baugrundstücken, ist eine Bebauungsfrist von drei Jahren einzuführen. Nach Ablauf der Frist erfolgt eine automatische Rückwidmung in Grünland
- Leerstandsabgabe und Leerstandsmeldepflicht einführen. Wer Häuser, Wohnungen und Industriegebäude leer stehen lässt, soll zukünftig dafür bezahlen. Es braucht die Einführung einer österreichweiten, einheitlichen Leerstandsabgabe in der Höhe der Steuern auf eine ortsübliche Miete ab 01. 01. 2024.
- CO2-Bepreisung auch bei Baustoffen
- Bestand nachverdichten: Neuwidmungen für Flächen außerhalb des Ortskerns auf der grünen Wiese müssen verboten werden. Bereits bebaute Flächen im Ortskern sind vorrangig zu nutzen.
- Es dürfen keine neuen Flächen mehr umgewidmet werden, bevor nicht bereits gewidmetes Bauland oder leerstehende und/oder versiegelte Flächen genutzt werden.
- Denkmalschutz an Klimaschutz anpassen
- Höhere Steuern auf klimaschädliche Fahrzeuge
- keine neuen Verbrenner bereits ab 2027 zulassen
- City-Maut und autofreie Innenstädte forcieren
- Firmenautos reduzieren (versteckte Förderung für Pkw)
- Rücksendungen im Online-Handel kostenpflichtig machen
- Steuerliche Absetzbarkeit von Fahrrädern
- einen monatlichen autofreien Tag einführen (in allen größeren Städten)
Wissenschaftliche Bewertung der Empfehlungen
Die Wissenschaftler, 15 waren am ganzen Prozess des Klimarates beteiligt, haben die Ergebnisse bereits bewertet. Sie erklären:
"Die vorgeschlagenen Empfehlungen sind ein umfassendes Paket, das alle treibhausgasrelevanten Bereiche abdeckt und eine sinnvolle Kombination von Schub-, Anreiz- und Technologiemaßnahmen umfasst.
Die Empfehlungen berücksichtigen die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessenlagen einer diversen Gesellschaft. Die Umsetzung dieses Gesamtpakets von Maßnahmen hat die Kraft, Österreichs Transformation zur Klimaneutralität entscheidend voranzutreiben.
Die von den Klimarät:innen, einem Querschnitt der österreichischen Bevölkerung, vorgeschlagenen Maßnahmen zeigen, dass die Bürger:innen zu weitreichenden Verhaltensänderungen jenseits der Komfortzone bereit sind. Es wird anhand dieser Maßnahmen aber auch klar, dass die Bürger:innen den Staat in der Pflicht sehen, entsprechende Strukturen und Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Fehlendes konstruktives, fraktionsübergreifendes Zusammenarbeiten und langwierige Umsetzungsprozesse wurden immer wieder als wesentliche Barrieren wahrgenommen."
Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 begrüßt die Ergebnisse des Klimarats der Bürgerinnen und Bürger und fordert die Politik zum Handeln auf: „Heute ist ein besonderer Moment, weil erstmals die Ergebnisse eines bundesweiten Klimarats der Bürgerinnen und Bürger präsentiert werden. Die Resultate zeigen, dass die Menschen in Österreich viel weiter sind als die Politik, die sich in vielen Bereichen mehr trauen sollte", sagt Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000. "Nur mit mutiger Klimapolitik können wir die Energiewende schaffen und unser Land in eine klimafreundliche Zukunft führen. Dazu gehört ein effektiver CO2-Preis, die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen und die Erstellung von verbindlichen Plänen für eine erneuerbare Wärmeversorgung durch die Landesregierungen.“
Positiv reagierte auch die Mobilitätsorganisation VCÖ. Sie bezeichnet die Ergebnisse als wichtigen Beitrag, damit Österreich das Ziel der Klimaneutralität in den kommenden 18 Jahren erreichen kann. Werden die Empfehlungen für den Mobilitätsbereich umgesetzt, würden nicht nur die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs deutlich reduziert, sondern auch bestehende Verkehrsprobleme verringert, betont der VCÖ.
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