Claudia Plakolm zu Wohnbaukrediten: "Wir brauchen ein vernünftiges Maß"
Claudia Plakolm, Jugendstaatssekretärin der ÖVP, über das Kinderschutz- und das Wohnpaket, die anstehende EU-Wahl und ihr Standing in der Partei.
KURIER: Sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Jugendlichen werden häufig im digitalen Raum angebahnt – kein neues Phänomen. Haben Sie da selbst Erfahrungen gemacht?
Claudia Plakolm: Ja, genau in der Zeit, wo man das Internet und die sozialen Medien entdeckt, ist es unglaublich, wie viele Anbahnungen da passieren. Ich kriege das auch im persönlichen Umfeld mit. Jugendliche sind zu wenig vorsichtig, was sie von sich preisgeben, wer bei ihren Insta-Storys mitschaut. Es ist wichtig, mehr Bewusstsein zu schaffen. Im Rahmen des Kinderschutzpakets richten wir mit Saferinternet.at eine Fachstelle für alle Organisationen ein, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.
Welche Rolle spielen Eltern?
Bei einer Studie von Saferinternet.at ist herausgekommen, dass sich Kinder und Jugendliche mehr Gespräche mit ihren Eltern wünschen. Wenn nicht darüber geredet wird, was sie im digitalen Raum erleben, fühlen sie sich alleine gelassen.
Vergangene Woche wurde das Wohnpaket präsentiert. Sind Sie zufrieden?
Ja, weil viel für junge, fleißige Menschen enthalten ist. Ich verstehe jeden, der sagt: Ich kann mir eh nie etwas aufbauen, 20 bis 30 Stunden Arbeit sind genug. Dass wir jetzt zwei von drei staatlichen Nebenkosten streichen und günstige Darlehen ermöglichen, schafft Motivation. Wir müssen den Weg konsequent weitergehen, auch bei der Grunderwerbssteuer.
Die ÖVP fordert zudem, dass die Eigenkapitalquote gesenkt wird. Warum?
Wir brauchen ein vernünftiges Maß. Ich habe in meinem Freundeskreis ein Paar, wo beide gute Jobs haben, und bei Wohnbaukrediten eine Absage nach der anderen bekommen. Das führt sogar zu einem Kredittourismus nach Deutschland, weil da weitaus bessere Rahmenbedingungen herrschen.
Abgesehen von Ihrem Beispiel: Die Hürden sind ja auch dazu da, junge Menschen davor zu bewahren, sich in Schulden zu stürzen.
Ich verstehe das Argument, aber das steht auf einem anderen Blatt. Jeder fünfte Klient bei der Schuldnerberatung ist unter 30, mit einer durchschnittlichen Verschuldung von 33.000 Euro. Das Problem ist aber nicht die Tilgung der Eigentumswohnung, sondern das sind Konsumkredite. Auf TikTok prahlen Influencer mit ihren Schulden, und ständig wird einem angezeigt, was man für ein glückliches Leben noch alles kaufen soll. Deshalb haben wir mit dem Finanzministerium eine Kampagne für unter 20-Jährige umgesetzt.
Themenwechsel: Sie haben recht früh kundgetan, dass sie nicht für die EU-Wahl zur Verfügung stehen. Hatten Sie Angst, dass die Partei Sie nach Brüssel abschiebt?
Für mich war die EU-Wahl kein Thema. Ich bin sehr froh, dass wir mit Reinhold Lopatka einen erfahrenen Spitzenkandidaten haben und dahinter viele Junge auf wählbaren Plätzen. Die JVP stellt 19 von 42 Kandidaten auf der ÖVP-Liste.
Bei den Grünen kandidiert die 23-jährige Lena Schilling auf Platz 1. Wie schätzen Sie sie als Konkurrentin ein?
Ich finde es wichtig, dass junge Menschen eine Chance bekommen, Verantwortung zu übernehmen. Wir Jungen können ein Stück weit Vorbild sein, wenn wir inhaltliche Grenzen überwinden. Gerade jetzt, im Superwahljahr, wird es darauf ankommen, dass man nicht nur die Gegensätze herausstreicht, sondern auch schaut, was man gemeinsam voranbringen will.
Was haben Sie denn mit Lena Schilling gemeinsam?
Uns beiden ist das Thema Klimaschutz wichtig – nur der Weg dorthin ist ein unterschiedlicher. Und wir sind beide harte Verhandlerinnen. Genau durch diese Hartnäckigkeit können wir gemeinsam viel erreichen.
Sie sind Chefin der JVP und 29 Jahre alt. Wie schwer ist es, sich angesichts der vielen alten, weißen Männer in Ihrer Partei durchzusetzen?
Ich engagiere mich seit über zehn Jahren in der Politik und habe immer die Chance bekommen, mitzuentscheiden. Bei uns reden unterschiedlichste Generationen mit. Woanders dürfen die Jungen nur Plakate malen.
Kanzler, Klubchef, Generalsekretär, Nationalratspräsident, EU-Spitzenkandidat – an der Spitze ist nur eine Generation: männlich, 50 plus.
Im Regierungsteam sind erstmals gleich viele Frauen wie Männer. Diesen Weg müssen wir weitergehen. Wir fördern auch gezielt junge Kommunalpolitikerinnen, weil wir durchaus sehen, dass wir Aufholbedarf haben.
Sie sind stark verwurzelt in Oberösterreich. Sehen Sie da Ihre Zukunft oder in Wien?
Nichts ist schlimmer als der Vorwurf, die Politiker sitzen nur in ihren Büros in Wien. Ich bin gerne bei den Menschen vor Ort, aber mein Arbeitsmittelpunkt ist Wien. Ich trete auch wieder bei der Nationalratswahl an.
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