Anti-Teuerungspaket: Entlastung für die Pendler

Anti-Teuerungspaket: Entlastung für die Pendler
Zwei Milliarden Euro Entlastung schüttet die Regierung aus. Pendlerpauschale wird um 50 Prozent erhöht. Die Energieabgabe wird gesenkt. Öffis werden billiger.

Es war ein zähes Ringen um das zwei Milliarden Euro schwere Energieentlastungspaket. In der Krise das Beste aus beiden Welten zu finden, stellte sich als fast unlösbare Herausforderung dar. 

Da die ÖVP, die vor allem den Benzinpreis billiger machen wollte. Dort die Grünen, die das schmutzige Benzin endlich auf dem Preisniveau sahen, wo man es immer haben wollte, um den Umstieg auf die sauberen öffentlichen Verkehrsmittel zu beschleunigen. "Gemma weiter Autofahren" war die Devise der ÖVP, erzählen Grüne. 

"Viel Überzeugungsarbeit"

Aus den türkisen Verhandlerkreisen hört man, dass die Grünen anfangs den Autofahrern gar keine finanzielle Unterstützung zukommen lassen wollten. "Es musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden", so ein ÖVP-Verhandler. Innerhalb dieses Minenfeldes musste eine Lösung gefunden werden. Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Treibstoffe war dann doch schnell vom Tisch, einerseits weil sie europarechtlich nicht zulässig sei, andererseits weil sie nicht treffsicher sei.

Nach dem ersten Anti-Teuerungspaket mit einem Volumen von 1,7 Milliarden Euro (fast jeder Österreicher, der nicht mehr als 5.670  Euro pro Monat verdient, erhält einen Gutschein über 150 Euro, um die gestiegene Energierechnung abfedern zu können. Bedürftige sogar 300 Euro) legt ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner nochmals zwei Milliarden drauf.

Die wichtigsten Eckpunkte des neuen Pakets: 

  • Die steuerlichen Abgaben für Strom und Gas (Erdgasabgabe und Elektrizitätsabgabe) werden bis 30. Juni 2023 um 90 Prozent gesenkt. Das sei die prozentuell niedrigste Abgabe, die europarechtlich möglich sei, wie Gewessler erklärte.
     
  • Die Pendlerpauschale wird bis 30. Juni 2023 um 50 Prozent erhöht. Der sogenannte Pendlereuro, der die Lohnsteuerabgaben um zwei Euro pro Kilometer Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsplatz verringert, wird in diesem Zeitraum zudem vervierfacht.
     
  • Noch in diesem Jahr sollen die Preise der öffentlichen Verkehrsmittel um insgesamt 150 Mio. Euro gesenkt werden - welche Verkehrsmittel das genau betrifft, und in welchem Ausmaß, wurde dabei noch nicht erklärt.
     
  • Selbstständige sowie Klein- und Mittelunternehmen (KMU), bei deren Tätigkeit ein hoher Energieaufwand nötig ist, sollen eine sogenannte Treibstoffrückvergütung erhalten. Insgesamt rechnet die Regierung hier mit knapp 120 Mio. Euro kosten.
     
  • Die Vorauszahlungen für die Ertrags- und Körperschaftssteuer für Unternehmen soll verringert werden.
     
  • Unternehmen erhalten für 2022 und 2023 insgesamt 120 Mio. Euro an Unterstützung, um in Geräte und Fahrzeuge zu investieren, die nicht von fossilen Kraftstoffen abhängig sind.
     
  • 250 Mio. Euro sollen in den Ausbau der Windkraft und Photovoltaik investiert werden.

Gewessler: "Sonne und Wind schicken uns keine Rechnung"

"Diese Teuerung betrifft uns alle", erklärte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bei der Pressekonferenz am Sonntag. Es sei wichtig, dass der Staat hier nicht an der Krise verdiene. "Was wir hier in Österreich tun können, ist, die Menschen zu entlasten", so Brunner weiter.

Bei der Erarbeitung des Energiepakets habe man sich intensiv mit den Sozialpartnern ausgetauscht, also Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund und Landwirtschaftskammer. In regelmäßigen Abständen soll die Entwicklung des Energiepreises weiter verfolgt und bei gemeinsamen Sitzungen über das weitere Vorgehen entschieden werden, Brunner zufolge "das nächste Mal schon am kommenden Mittwoch".

"Österreich ist ein Land, in dem wir aufeinander schauen, und in dem sich niemand täglich fragen sollte, ob er die Strom- und Heizkosten bezahlen kann", erklärte Umweltministerin Leonore Gewessler. Es sei in dieser Situation aber auch "extrem wichtig, noch einmal den schuldigen für diese Preiserhöhung zu benennen: Wladimir Putin", so Gewessler weiter.

Die Bundesregierung tue also alles in ihrer Macht stehende, um der Preisentwicklung entgegenzuwirken. Die Senkung der Erdgas- und Elektrizitätsabgabe um 90 Prozent sei "der niedrigste Wert, der uns möglich war, ohne gegen geltendes europäisches Recht zu verstoßen", so Gewessler. Man wolle mit den gesetzten Maßnahmen jenen unter die Arme greifen, die in ihrem Alltag auf einen hohen Energieverbrauch angewiesen sind und nicht kurzfristig umsteigen können. "Was wir aber nicht wollen, ist jene zu entlasten, die zum Spaß mit ihrem SUV durch die Innenstadt fahren", meinte Gewessler. Es brauche daher "eine zielgerichtete Unterstützung".

Mittel- und langfristig müsse man daran arbeiten, Österreichs Energienetz unabhängiger von russischem Gas zu machen. Das sei am Besten über den Ausbau erneuerbarer Energien möglich. Gewessler: "Die Sonne und der Wind, die schicken uns keine Rechnung. Gazprom schon." Die Umweltministerin kritisierte die Infrastukturpolitik der vergangenen Jahrzehnte scharf, meinte, die Entscheidungen der Vergangenheit hätten Österreich "in eine Abhängigkeit getrieben".

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