Reaktionen auf das Energiepaket: Von "Kompromiss" bis "Mogel-Paket"
Die Bundesregierung hat am Sonntag in Person von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ein Energiepaket präsentiert, mit dem auf die spätestens seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine massiv gestiegenen Strom- und Gaskosten in Österreich reagiert wird. Aus Politik und Wirtschaft hat es im Verlauf des Tages gemischte Reaktionen auf die angekündigten Schritte gegeben. Während Ökonomen die Maßnahmen grundsätzlich positiv sehen, gibt es vonseiten der Opposition oder der Sozialpartner viel Kritik.
Ein Überblick:
Ökonomen sehen gute erste Schritte
Für Wifo-Chef Gabriel Felbermayr ist das Energiepaket "in Summe ein vernünftiger Kompromiss". Besonders positiv seien Maßnahmen, die nicht kamen: Der Verzicht auf eine Mehrwertsteuersenkung und auf behördliche Preisfestsetzungen. Gut findet der Wirtschaftsforscher auch die Senkung der Strom- und Gasabgabe sowie Förderungen für öffentlichen Verkehr und erneuerbare Energieträger. Weniger gut seien die starke Erhöhung der Pendlerpauschale und fehlende sozialpolitische Entlastungen. Auch die zeitliche Begrenzung der Maßnahmen lobt Felbermayr und hielt in seinem Twitter-Beitrag fest, es sei "wahrscheinlich nicht das letzte Paket".
Das Momentum-Institut findet gut, dass die höhere Pendlerpauschale Haushalte mit hohem Mobilitätsbedarf entlaste, sie habe aber Schwächen bei der sozialen Gerechtigkeit und beim Klimaschutz. Auch die Senkung der Energieabgabe würde höheren Energieverbrauch fördern.
Für Opposition nicht genug
Breite Kritik hagelte es unmittelbar nach der Pressekonferenz von Opposition, Umweltgruppen, Wirtschaftskammer (WKÖ), Industriellenvereinigung (IV) und Landwirtschaft.
FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht ein "Entlastungs-Mogelpaket", denn "bei den Menschen, die von den exorbitanten Preisen am Energiesektor, beim Tanken und Einkaufen betroffen sind, kommt zu wenig an Entlastung an." Die Entlastung der Pendler sei "mit viermal Tanken schon wieder aufgebraucht". Auch die NEOS sehen das Paket als "Kosmetik, keine nachhaltige Entlastung", die Oppositionspartei fordert einmal mehr die Abschaffung der kalten Progression.
"Die heute präsentieren Maßnahmen der Regierung sind bestenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber keinesfalls geeignet, der Teuerungswelle gegenzusteuern und Menschen wirklich zu entlasten", schreibt SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll in einer Aussendung. "Während die Hilfen bei denen, die sie am dringendsten brauchen, zu klein sind, machen etwa Mineralölkonzerne das Geschäft ihres Lebens."
Sozialpartner ebenfalls kritisch
Für WKÖ-Chef Harald Mahrer und IV-Chef Georg Knill geht das Paket nicht weit genug. "Bestenfalls ein erster Schritt" ist es für Mahrer, "nur ein Tropfen auf den heißen Stein und geht an der tatsächlichen Realität der Unternehmen vorbei", befindet Knill. Industrie und Unternehmen bräuchten weitere Entlastungen, etwa eine Strompreiskompensation, wie es sie in einigen EU-Ländern bereits gebe.
Die Landwirtschaftskammer Österreich ist vorerst unzufrieden mit dem Energiepaket. Es sorge nicht für Klarheit für die Bauern und verkenne deren prekäre Lage, die vorgesehene Entlastung liege noch völlig im Ungewissen.
Für ÖGB-Chef Wolfgang Katzian sind "die Maßnahmen der Bundesregierung im Kampf gegen die massiven Energiepreissteigerungen zu zaghaft". Er verweist auf eigene Vorschläge vom November, die nach Gewerkschaftsberechnungen mehr zur Entlastung der Haushalte beigetragen hätten. "Die heutigen Maßnahmen als große Entlastung in dieser Lage zu präsentieren, ist völlig unangebracht" so Katzian, der fordert, in weitere Verhandlungen eingebunden zu werden.
Auch die Arbeiterkammer stellt auf Twitter klar: "Wir werden am Mittwoch beim Treffen der Sozialpartner sicher nicht nur über Preisbeobachtung reden. Sondern weiter um die soziale Abfederung der Teuerungswellen."
Weitere Reaktionen
Der Handelsverband begrüßt das Energiepaket, entscheidend sei eine "branchengerechte und zeitnahe Umsetzung". Die Energieintensität im Handel sei nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Der ÖAMTC lobt die Unterstützung für Pendler, weist aber darauf hin, dass es noch viele andere Menschen gebe, die auf ihr Auto angewiesen seien. Für sie wäre eine Erhöhung des Kilometergelds oder eine Senkung der Spritpreise hilfreicher.
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) lobt Maßnahmen zur Preissenkung und Ausbau bei Öffis und hält auch die Erhöhung der Pendlerpauschale kurzfristig für treffsicherer als allgemeine Steuersenkungen. Dennoch seien mehr Maßnahmen nötig, um die Erdölabhängigkeit des Verkehrs zu reduzieren.
WWF und Global 2000 kritisieren fehlende Maßnahmen zum Energiesparen bzw. fehlende Weichenstellungen für die Energiewende raus aus Öl und Gas. "Schritte in die richtige Richtung" seien zusätzlichen Mittel für öffentliche Verkehrsmittel und für den Ausbau erneuerbarer Energien. "Sehr kritisch" sieht der WWF die Förderung für Pendler.
Global 2000 fordert gesetzliche Maßnahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien und meint "angesichts der dramatischen Situation, von Krieg, fossiler Abhängigkeit und Klimakrise, sind die heute präsentierten Antworten völlig unzureichend". Greenpeace kritisiert, mit dem Paket würden "Steuermilliarden nach dem Gießkannenprinzip verschwendet. Das ist weder für den sozialen Ausgleich noch fürs Klima sinnvoll".
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