Dass das Österreichische Bundesheer ein System wie den Skyranger europaweit als erstes bekommt, war vor wenigen Jahren noch undenkbar. Erst 2020 hatte es in einem denkwürdigen Pressegespräch geheißen „militärische Landesverteidigung ist nicht mehr wichtig“.
Für Generalmajor Bruno Günter Hofbauer, Planungschef und stellvertretender Generalstabschef des Bundesheeres, ist das jedoch einer der Gründe, warum das Bundesheer jetzt so rasch nach- und in einigen Bereichen sogar aufrüsten kann. „Wir haben uns damals intensiv mit der Frage „was bedeutet eigentlich Landesverteidigung für einen Staat wie Österreich?“ auseinandergesetzt. Daraus haben wir die Fähigkeiten abgeleitet, die wir benötigen, um auf einen Konflikt in Europa reagieren zu können“, sagt Hofbauer zum KURIER.
Neue Panzerabwehr
Seitdem ist viel passiert: Mit einem Investitionsbudget von 16 Milliarden Euro für Ausrüstung hat das Bundesheer unter anderem 36 neue Mehrzweckhubschrauber vom Typ AW-169 bestellt, lässt sowohl die 58 Kampfpanzer Leopard 2A4 auf 2A7 nachrüsten als auch die 112 Schützenpanzer Ulan modernisieren. Viele der Beschaffungsprojekte wurden bereits vor Ausbruch des Ukrainekriegs vorbereitet. „Dieser Krieg hat uns dann gezeigt, dass wir uns vor allem im konventionellen Gefecht auf manche Dinge stärker fokussieren müssen“, sagt Hofbauer.
So werde relativ bald ein „Einweg-Panzerabwehrrohr“ und neue Panzerabwehrlenkwaffen mit einer Reichweite von bis zu 1,5 Kilometern kommen, diese Systeme haben vor allem in den ersten Wochen des Ukrainekriegs entscheidende Wirkung gezeigt. „Gleichzeitig ist eine klare Konsequenz aus dem Ukrainekrieg, dass wir auf den Radpanzern Pandur sowie auch den Schützenpanzern Ulan Panzerabwehrlenkwaffen mit einer Reichweite zwischen 4.000 und 5.000 Metern benötigen“, sagt Hofbauer.
In puncto Luftabwehr wird Österreich in den kommenden Monaten auch in die „Luftabwehr auf mittlere Distanz“ investieren.
Laut KURIER-Informationen verschickte das Verteidigungsministerium am Donnerstag sogenannte „Leistungsanfragen“ an verschiedene Staaten, um sich nach passenden Luftabwehrsystemen zu erkundigen.
Eine weitere Lehre, die Hofbauer aus Ukraine- und Gazakrieg zieht ist jene der Digitalisierung und des damit einhergehenden rascher verfügbaren Lagebilds: „Derjenige welcher das bessere Lagebild hat und schneller entscheiden kann, hat den Vorteil. Das war schon immer so, doch der Prozess hat sich durch die Technologie stark beschleunigt.
Sowohl die ukrainischen als auch die russischen Streitkräfte haben etwa die Zeit zwischen Erkennen eines Ziels durch Aufklärungsdrohnen und dessen Bekämpfung massiv verkürzt – durch Digitalisierung und Unterstützung von Künstlicher Intelligenz. „Ich gehe davon aus, dass wir noch dieses Jahr den Zuschlag für ein digitales Führungsinformationssystem bekommen“, sagt Hofbauer. Die Entwicklung in diesem Bereich geht rasant voran. Der sogenannte Aufbauplan 2032+ soll erst in acht Jahren abgeschlossen sein.
Ist es aus heutiger Sicht möglich, da Schritt zu halten? „Wir müssen selbstverständlich am Stand der Technik bleiben. Investitionen sind das eine, das Erhalten das andere. Somit investieren wir jetzt viel in Ausrüstung und später viel in den Betrieb und dementsprechende Updates. Das wird bei uns in der Planung berücksichtigt.“
Neue Drohnen
Auch im Bereich der Drohnen stehen in den kommenden Jahren große Investitionen an – und zwar von der Kompanieebene aufwärts. „Hier müssen wir uns genau ansehen, was der Markt hergibt. Derzeit geht es so schnell, dass wir in fünf Jahren bei der übernächsten Generation sein könnten. Wir müssen schauen, dass wir das Beste für das eingesetzte Steuergeld bekommen“, sagt Hofbauer.
Auch die Artillerie, die vor allem in der Ukraine eine große Rolle spielt, wird laut Hofbauer eine große (Wieder)Erneuerung erfahren: „Wir müssen Präzisionsmunition für die Artillerie beschaffen – und sprechen damit auch von der Wiedereinführung der Raketenartillerie ins Bundesheer“.
Neben der ebenfalls anstehenden Modernisierung der Eurofighter sowie der Anschaffung von Jet-Trainern und des Transportflugzeugs Embraer-C390 wird auch die Mannesausrüstung stark verbessert werden: „Das geht vielleicht unter, aber insgesamt 60 Millionen Euro für moderne Kampfhelme war vor wenigen Jahren fast noch die Hälfte unseres Invest-Budgets. Mittlerweile sind wir dabei, die Truppe nachtkampftauglich zu machen. Eine Sache, die jahrzehntelang gefordert wurde“, sagt Hofbauer.
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