Budget 2021: Mit Schulden gegen die Krise – aber wie geht es weiter?
Als Gernot Blümel an diesem nasskalten Oktobermittwoch dem Parlament sein erstes Budget präsentiert, da lässt der Finanzminister keinen Zweifel aufkommen: So hat er sich das nicht gewünscht.
Ausgaben, die die Einnahmen um 21 Milliarden Euro übersteigen; ein Defizit von 6,3 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung – nein, dieses Loch gefällt ihm nicht. Und doch ist es nötig. Und so ist der erste Satz seiner ersten Budgetrede im Plenum: „Vor Ihnen liegt die budgetäre Antwort auf die Covid-Krise. Sie ist teuer, aber wir können sie uns leisten.“ – Und zwar deshalb, weil in den Jahren zuvor solide Budgetpolitik betrieben worden sei.
„Schuldenleugner“
Später im Text geht Blümel noch einmal auf das Thema ein. Er hält es volkswirtschaftlich und moralisch für geboten, in der Krise gegenzusteuern. Das sei das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft, und insofern habe der britische Ökonom John Maynard Keynes, der eigentlich den Sozialdemokraten als Leitfigur gilt, durchaus recht: Bei Krisen müsse der Staat eingreifen. Langfristig setzt Blümel aber auf den wirtschaftsliberalen Ökonomen Friedrich Hayek. Blümel im O-Ton: „Das Zauberwort lautet vorübergehend. Langfristig schadet zu viel Staatsinterventionismus. Schuldenleugner sind den Klimaleugnern sehr, sehr ähnlich. Beide hinterlassen verbrannte Erde.“
Bemerkenswert waren an Blümels Rede nicht nur die der Krise geschuldeten, ausnehmend hohen Defizitzahlen (siehe Grafik). Auffallend war, dass sich der zuletzt in Wien wahlkämpfende Vertraute des Kanzlers ausnehmend knapp hielt: Während mancher seiner Vorgänger eine bis eineinhalb Stunden referierte, fasste Blümel in 31 Minuten das für ihn Wesentliche zusammen – und das ist vor allem, dass man um die Arbeitsplätze kämpft.
Wie berichtet machen der Regierung derzeit insbesondere die Reisewarnungen und damit verbundene Einbußen in Tourismus und Gastronomie Sorgen. Österreich ist hier Passagier, kann nur mit niedrigen Infektionszahlen gegensteuern. Und so kam Blümel nicht umhin, auch in seiner ersten Budgetrede an die Disziplin der Bürger zu appellieren: „Jeder Einzelne kann dazu beitragen, dass Arbeitsplätze von Freunden und Verwandten gesichert werden.“
Während die Opposition, der ÖGB, die Arbeiterkammer und auch links- wie rechtsliberale Thinktanks Kritik am 2021er-Budget äußern (siehe Seite 5), bewertet der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, Christoph Badelt, den Vorschlag zunächst einmal als solide. „Was an Krisenhilfen versprochen und umgesetzt wurde, ist im Budget drinnen. Heraus kommt ein Defizit von mehr als sechs Prozent. Das ist im Budget abgebildet“, sagt Badelt gegenüber Ö1.
Einig ist sich der frühere Chef der Wirtschaftsuni Wien mit Blümels Kritikern in dem Punkt, dass der Finanzplan noch schwächelt, was nötige Reformen angeht.
In der Budget-Vorschau für die weiteren Jahre seien „keine wirklichen Antworten“ auf die Themen, die Österreich schon lange vor sich herschiebe, zu finden. Dazu habe Türkis-Grün „entweder die Energie oder die Einigkeit in der Regierung gefehlt“.
Was zählt für Wirtschaftswissenschafter Badelt dazu? Die Pflegereform; die Steuersenkung, inklusive der von den Grünen forcierten Ökologisierung; und auch das Pensionsthema.
Glückliche Gewessler
Zurück zur Bundesregierung und dem Budgetplan: Die Grünen sind insbesondere mit dem Budget für ihre „Superministerin“, die Klima-, Infrastruktur-, Verkehrs- und Energieministerin Leonore Gewessler, zufrieden.
„Das Budget 2021 ist ein Klimabudget. Es beinhaltet so viel Geld für den Klimaschutz wie nie zuvor“, sagt Gewessler. Tatsächlich sind alle Klimabudget-Posten erhöht worden – auch wenn nun darüber gestritten wird, ob die Grünen die wiederholt geforderte „Klima-Milliarde“ bekommen haben oder nicht. Das Budgetkapitel „Klima, Umwelt und Energie“ beläuft sich auf 681 Millionen Euro. Für Mobilität sind 4,6 Milliarden vorgesehen, das meiste davon für die Bundesbahn, was aus grüner Perspektive jedenfalls „klimawirksam“ ist.
Unzufriedene Rektoren
Die 23 staatlichen Universitäten erhalten für die Periode 2022 bis 2024 ein Budget von 12,3 Milliarden Euro – ein Plus von 1,3 Milliarden Euro. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann. Weit weniger zufrieden dürften allerdings die Rektoren der 23 Unis sein: Sie wollten 2,1 Milliarden Euro, haben 1,3 bekommen – und laden deshalb heute, Donnerstag, zu einer öffentlichen Unmutskundgebung.
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