Brisanter Krimi rund um Höchstrichter Brandstetter
Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter war am Freitag um Schadensbegrenzung bemüht. Er fühle sich weiterhin amtsfähig und durchaus in der Lage, seine Pflichten als Verfassungsrichter zu erfüllen, sagte er dem KURIER. Er sei ein unabhängiger und unabsetzbarer Höchstrichter.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nimmt seine Ansicht zur Kenntnis – nicht mehr und nicht weniger bringt VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter am Freitag in einer Stellungnahme zum Ausdruck. Ein Verfahren zur Amtsenthebung gibt es (vorerst) nicht.
"Hat Tojner nichts gesagt"
Brandstetter räumt im KURIER-Gespräch ein, dass die Ermittlungen gegen seine Person in der Causa Tojner durchaus für Diskussionsstoff unter seinen Höchstrichterkollegen sorgen.
Laut Aktenlage steht Brandstetter gleich zwei Mal im Verdacht, das Amtsgeheimnis verletzt zu haben. In seiner Zeit als Minister (2017) soll er seinen Freund und Investor Michael Tojner darüber informiert haben, wie es im Ermittlungsverfahren wegen des Wiener Heumarkt-Projekts um ihn steht – ob ermittelt wird oder nicht. „Er hat Tojner nichts gesagt. Rechtlich stellt sich die Frage, ob es überhaupt ein Amtsgeheimnis ist, wenn ich jemanden sage, dass gegen ihn nicht ermittelt wird“, sagt Brandstetters Verteidiger Georg Krakow.
Und 2019 soll Brandstetter als Strafverteidiger Tojners dazu beigetragen haben, dass der Investor über eine bevorstehende Hausdurchsuchung informiert wurde. In dieser Causa steht Tojner im Verdacht, durch die Übernahme von drei ehemals gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften (Gesfö, Riesenhof, Pannonia) das Land Burgenland um bis zu 100 Millionen Euro geschädigt zu haben.
Die Information über die geplante Razzia soll sich Brandstetter bei Sektionschef Christian Pilnacek besorgt und an Tojner weitergegeben haben. Besonders pikant ist eine SMS, die Brandstetter 90 Minuten vor der Hausdurchsuchung an Tojner schrieb: „Wenn die heute kommen: ganz ruhig bleiben …“ Die Staatsanwaltschaft schließt aus dieser „aufmunternden Nachricht“, dass Brandstetter und Tojner „vorab definitive Kenntnis“ von der Razzia am 25. Juni 2019 hatten.
Tojners Verteidiger sagen, dass der Tipp nicht von Pilnacek oder Brandstetter kam, sondern durch Medienanfragen an Tojners Büro rund um den 14. Juni 2019 bezüglich einer geplanten Razzia. Am 24. Juni 2019 teilte Tojners Anwalt Karl Liebenwein diesen Umstand der ermittelnden Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft auch schriftlich mit.
Am Freitag kursierte die Überlegung, dass Brandstetter – wie Pilnacek – suspendiert werden könnte. Für ein Amtsenthebungsverfahren reicht der Status als Beschuldigter aber nicht aus, sagt Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk.
Im Gegenteil. Beim Versuch könnte das Höchstgericht selbst gegen ein Grundrecht verstoßen: die Unschuldsvermutung während eines laufenden Strafverfahrens. Brandstetter könnte auch freiwillig abdanken – wie er betont, hat er das aber nicht vor.
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