FPÖ und ÖVP wollen 6,4 Milliarden sparen: Der blau-schwarze Brief an Brüssel

Zusammenfassung
- FPÖ und ÖVP planen, 6,4 Milliarden Euro einzusparen, um ein Defizitverfahren der EU zu vermeiden.
- Es wird keine neuen Steuern geben, stattdessen sollen Steuerprivilegien und Schlupflöcher geschlossen werden.
- Finanzminister Gunter Mayr wird die Pläne heute an Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für Wirtschaftlichkeit und Produktivität, übergeben.
Wir reden nicht, wir handeln. Und das passiert zügig und entschlossen: Als Herbert Kickl am gestrigen Montag die Bühne des Auditoriums im Wiener Parlament betritt, weiß er: Exakt das ist jetzt die Botschaft, die es anzubringen gilt.
"Was in anderer Konstellation in 100 Tagen nicht möglich war, haben wir in drei Tagen guter, intensiver Verhandlungen erreicht", sagt der freiheitliche Parteichef, der sich nunmehr anschickt, Bundeskanzler zu werden. Es ist sein erster großer Auftritt in dieser Rolle. Also in der Rolle des "Einsers", sprich: des führenden Parteichefs, der eine Koalition zustande bringen soll. Und: Es ist der erste Auftritt, den er gemeinsam mit Christian Stocker absolviert.
Der frühere Generalsekretär und Chef der Volkspartei hat Kickl vor und nach der Nationalratswahl als "Sicherheitsrisiko" und vieles andere verunglimpft. Jetzt aber muss er für seine Partei die Gespräche mit den Blauen führen – entsprechend sind Blick und Körperspannung. Man könnte auch sagen: Genau das sagt sie, die Aura von Christian Stocker.
6,4 Milliarden Euro sollen eingespart werden
ÖVP-Chef August Wöginger steht daneben. Wie auch FPÖ-Nationalratsmandatar Arnold Schiefer flankiert er die Parteibosse, die irgendwie zueinander finden sollen bzw. müssen – und das nach wie vor eher bedingt wollen.
Viel zu berichten gibt es nicht an diesem Montag. Unterm Strich erzählen die Verhandlungspartner, dass man im kommenden Budget-Jahr rund 6,4 Milliarden Euro einsparen will. Damit soll die von der EU-Kommission verlangte 3-Prozent-Grenze beim Budgetdefizit erreicht werden.
Finanzminister Gunter Mayr soll das sofort nach Brüssel melden. Dieser trifft heute Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für Wirtschaftlichkeit und Produktivität, und wird die beschlossene "politische Absichtserklärung" für einen gemeinsamen Budget-Pfad übergeben. FPÖ und ÖVP wollen so ein Defizitverfahren abwenden. Ob ein solches folgt, entscheidet der EU-Rat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin) am 21. Jänner. Österreich müsse jedenfalls "detaillierte und solide Maßnahmen" vorlegen, heißt es aus der Kommission am Montag.
Details noch unklar
Wie im Detail man die Milliarden aufbringen wird, das soll voraussichtlich am Donnerstag erklärt werden. Vorerst nur soviel: Es wird keine neuen Steuern geben. In der Absichtserklärung, die dem KURIER vorliegt, stehen keine konkreten Maßnahmen, aber eine Aufschlüsselung nach Bereichen.
Die größten Brocken: Demnach will Blau-Schwarz 3,18 Milliarden bei Förderungen, 1,1 Milliarden in den Ministerien sparen. Auf Rückfrage erklärt Arnold Schiefer, dass natürlich Förderungen wie der seit Wochen besprochene Klimabonus oder die bisweilen zu großzügig angewandte Bildungskarenz zu den Maßnahmen gehören könnten, die man sich 2025 im Budget sparen wird.
Schlupflöcher schließen
Und für Herbert Kickl ist auch klar, dass alles, was im weiteren Sinne als Massensteuer bezeichnet werden kann, ganz sicher nicht angehoben wird. Kickl schließt etwa Vermögenssteuern, die Erhöhung der Mineralöl- und der Körperschaftssteuer aus. Wer behaupte, dass es mit neuen Steuern besser gehe, sei "kein Arzt, der Österreich kuriert, sondern ein Scharlatan", sagt Kickl.
Stattdessen sollen auf der Einnahmenseite "Steuerprivilegien und -Schlupflöcher“ geschlossen werden. Das Paket sei ein „Feuerwehreinsatz“, erklärt Kickl. Es gehe darum, „dass Österreich eigenständig seine Zukunft gestalten kann“ – ohne Hilfe aus Brüssel. Und danach wolle man wirtschaftlich wieder durchstarten.
Bei der Gelegenheit ist den ÖVP-Vertretern, Wöginger und Stocker, noch eines offenkundig sehr wichtig, nämlich: Das bislang Verhandelte ist zu loben. Und auf alle Fälle muss mit der Behauptung gebrochen werden, die vergangenen Wochen hätten überhaupt nichts gebracht.
Eben weil für die Dreier-Verhandlungen sehr „umfassendes Zahlenmaterial auf den Tisch“ gekommen sei, habe man nun, also während des ganzen Wochenendes, mit den Freiheitlichen sehr zügig verhandeln können.
Wir haben keine Zeit verschwendet, lautet der Subtext der Volkspartei. Es sind große Wörter, die Herbert Kickl bei diesem, seinem ersten Auftritt als präsumtiver Kanzler verwendet. „Vertrauen“, „Planbarkeit“ und „Sicherheit“ gehören dazu.
An einer Stelle sagt er auch, man glaube an Österreich. „Wir lieben es!“
Aber dafür sei nun einmal ein geordneter Staatshaushalt vonnöten. Für die große Erzählung, wie er als erster FPÖ-Regierungschef das Land verändern will, fehlt noch das Positive, fehlen konkrete Projekte und Reformen.
Die sollen, wie Kickls politischer Co-Pilot Arnold Schiefer festhält, in Bälde folgen. „Wir haben das getan, was wichtig ist und jetzt kommen wir zur Kür“, sagt Schiefer. Das werde keine drei Monate dauern. Aber auch länger als drei Tage. Und während Schiefer dies erklärt, regt sich bei Wöginger und Stocker kaum eine Miene. Sie brauchen offenkundig noch eine Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.
Kommentare