Blümel: ÖVP fordert "volle Aufklärung der Vorgehensweise der WKStA"
Der ÖVP-Klub bringt Anfang kommender Woche eine Parlamentarische Anfrage zur Vorgehensweise der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an die Justizministerin ein. Thema: die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Ihr zugrunde liegt laut Akt der WKStA ein SMS-Nachricht von Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann an Gernot Blümel.
Neumann schrieb am 10. Juli 2017 an Blümel: "Guten Morgen, hätte eine Bitte: bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problems, das wir in Italien haben!" Blümel bat laut Medienberichten daraufhin den Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid, um einen Rückruf bei Neumann: "Tu es für mich". Blümel und die ÖVP weisen zurück, dass es Spenden der Novomatic an die Partei oder gar Gegenleistungen gegeben habe.
Nun geht sie in die Gegenoffensive. VP-Justizsprecherin Michaela Steinacker meint: "Wir fordern Aufklärung, da die Vorgehensweise der WKStA in den letzten Tagen viele Fragen aufgeworfen hat." Welche Fragen? Das lässt sich der Anfrage entnehmen.
Wurden Blümels "Beschuldigtenrechte" verletzt?
Die ÖVP möchte etwa wissen, wie der Beschuldigtenstatus Blümels vorab an die Medien gelangen konnte. Ein Journalist hatte ein dementsprechendes Dokument noch vor der Hausdurchsuchung via Twitter ventiliert. "Wurden hier die Beschuldigtenrechte von Gernot Blümel verletzt und wer ist dafür verantwortlich?", wollen die Türkisen wissen.
Steinacker fordert "volle und sofortige Aufklärung": Wieso werde in den Raum gestellt, dass es angeblich einen Termin mit Johann Graf und Sebastian Kurz gegeben hätte, obwohl dieser Termin nie stattgefunden habe? Brisant: Im Terminkalender von Novomatic-Gründer Johann Graf war, wenige Tage nachdem Neumann die verdächtige Nachricht an Blümel schickte, ein interessanter Name auftaucht. Am 25. Juli 2017 ist der Name "Kurz" eingetragen. Es soll sich um eine Namensverwechslung handeln. Demnach ist nicht Kanzler Sebastian Kurz, sondern Martina Kurz, die Schwiegertochter des schwerreichen Konzern-Gründers Graf, gemeint.
"Wer trägt für die Verfehlungen die Verantwortung?"
Weitere Eckpunkte der Anfrage: Die Basis für die Haudurchsuchung seien eine Spende und ein Termin - obwohl es beides laut ÖVP nicht gegeben und Blümel das bereits aufgeklärt habe. Zudem würde die WKStA "Formulierungen in den Akten" verwenden, "die dem Objektivitätsgebot der Ermittlungsbehörde widersprechen, weil sie 1:1 den parteipolitischen Diktionen der Sozialdemokratie bzw der Freiheitlichen Partei entsprechen". Etwa werde der Wechsel des ÖVP-Parteiobmanns von Reinhold Mitterlehner zu Sebastian Kurz 2017 als "Machtübernahme" bezeichnet.
Blümel habe innerhalb von 48 Stunden "sämtliche Vorwürfe als falsch darlegen können", so die ÖVP. Wie gedenke die Justizministerin "weiter vorzugehen"? Und: "Wer trägt für die Verfehlungen die Verantwortung und was sind die Konsequenzen?"
Dass andauernd sensible Akten der WKStA an Medien gelangen, obwohl nur einer von 100 von der WKStA Beschuldigten verurteilt werde, sei ebenso problematisch: Dadurch entstehe "beruflicher Schaden" bei Personen, die im öffentlichen Leben stehen. Die ÖVP ortet gar einen "massiven Eingriff "in das Recht auf Achtung des Privat und Familienlebens" nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Neue Neumann-Mail aufgetaucht
Franz Fiedler, Ehrenpräsident von Transparency International Österreich, betonte am Samstag in der Ö1-Reihe Im Journal zu Gast, dass grundsätzlich auch für einen Minister die Unschuldsvermutung gelte - "dann hat er auch sein Amt auszuüben". Allerdings handle es sich nicht um juristische Argumente, sondern um Fakten, mit denen Blümel sich auseinanderzusetzen habe. Grundsätzlich sprach sich Fiedler für eine Entpolitisierung im Bereich der Strafverfolgung aus. Derzeit sei die Spitze der Weisungshierarchie ident mit dem Justizministerium, was zu Misstrauen führen könne.
Indes veröffentlichten das Nachrichtenmagazin profil und die ORF-ZiB2 ein internes E-Mail des Glücksspielkonzerns Novomatic vom 2. Juni 2017 bekannt, in dem es um geplante Einschränkungen von Parteispenden in mehreren Ländern ging. Darin schrieb der damalige Vorstandschef Harald Neumann in Bezug auf eine entsprechende Diskussion in Deutschland: "Die Konzernrichtlinie hatte die Absicht, dass keine verdeckten Zahlungen an Parteien in all unseren Ländern vorgenommen werden dürfen! Ich halte nichts davon gesetzlich erlaubte und transparente Zahlungen an Parteien gänzlich zu unterbinden!"
"Wir werden dies in einigen Ländern machen müssen und sollten uns nicht durch unsere Richtlinien einschränken", schrieb Neumann weiter und: "Dh wir ändern die Richtlinie in der Form, dass diese Zahlungen nur dann stattfinden dürfen, wenn sie im gesetzlichen Rahmen und transparent vorgenommen werden! Eine Meldung (und nicht Genehmigung) an das Compliance Komitee soll aber bleiben."
Grüne üben Kritik
Kritisch sieht die Anfrage der Koalitionspartner der ÖVP, die Grünen. "Es wird langsam zur Gewohnheit, dass nach jedem Schritt der Justiz in Verfahren, an denen ÖVP-Politiker*innen beteiligt sind, aus ÖVP-Kreisen Kritik an der WKStA laut wird", meinte deren Justizsprecherin, Agnes Sirkka Prammer in einer Aussendung. Die Begründung knüpfe an frühere Aussagen an, mit denen versucht worden sei, die Behörde in der Öffentlichkeit zu beschädigen und sei in diesem Zusammenhang als "reine Nebelgranate zur Ablenkung von weiterhin unaufgeklärten Fragen zu werten".
Auf die von Blümel schon am Freitag abgegebene eidesstattliche Erklärung reagierte wiederum die FPÖ. Obmann Norbert Hofer verlangte eine solche auch von Parteichef und Bundeskanzler Sebastian Kurz für das gesamte "ÖVP-Universum", wie er es ausdrückte. Durch Blümels "misslungenen Befreiungsschlag" blieben nämlich mehr Fragen offen als beantwortet worden seien, findet Hofer.
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