Die "Affäre Blümel" unter der Lupe

PG "AKTUELLES" MIT FINANZMINISTER BLÜMEL (ÖVP)
Mit einer eidesstattlichen Erklärung versuchte der Finanzminister, in die Offensive zu kommen. Kann das gut gehen?

Und wieder ein Auftritt. Keine 24 Stunden nachdem sich Gernot Blümel am Donnerstag in eigener Sache erklären musste, trat der Ressortchef im Finanzministerium am Freitag erneut vor ein Mikrofon: „Einige Dinge sollen endgültig klargestellt werden.“

Nachdem bekannt geworden ist, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Blümel wegen eines Stranges der Casinos-Affäre als „Beschuldigten“ führt und bei ihm am Donnerstag eine Hausdurchsuchung erledigt hat, hat der Minister erhöhten Erklärungsbedarf.

Was ist bisher bekannt, was gesichertes Wissen? Der KURIER beantwortet die wesentlichen Fragen:

Warum wird von der WKStA eigentlich gegen Blümel ermittelt?

Auslöser ist ein SMS, das der nunmehrige Minister am 10. Juli 2017 vom damaligen Chef des Glücksspielkonzerns Novomatic, Harald Neumann, erhalten hat. Darin bittet Neumann um zwei Dinge: Erstens hätte er gerne einen Termin bei ÖVP-Chef Sebastian Kurz, zweitens hofft er auf Unterstützung „bezüglich eines Problems, dass wir (Novomatic; Anm.) in Italien haben“. Pikant daran: In dem SMS findet sich auch der Satz „Spende an ÖVP gefällig?“ – was zumindest für die WKStA den Verdacht begründet, Blümel sei möglicherweise bestechlich. Neumanns Anwalt Norbert Wess erklärt die SMS übrigens damit, dass es sich bei der Spende um eine "karitative Spende" gehandelt habe, die losgelöst vom "Italien-Thema" zu sehen sei.

Was genau ist an dem SMS strafbar?

An Neumanns Nachricht alleine nichts. Allerdings ist es in Österreich verboten, im Gegenzug für Geld oder andere Annehmlichkeiten (Parteispenden etc.) Amtsgeschäfte vorzunehmen. Dabei genügt es, wenn man sich prinzipiell bereit erklärt, seine Stellung als Amtsträger zu missbrauchen – weder das Geschäft noch eine Zahlung müssen passieren (exemplarisch dafür ist die Causa des gefallenen Ex-Ministers Ernst Strasser). Im konkreten Fall bedeutet das: Schon eine Andeutung Blümels, dass er sich im Gegenzug für eine Parteispende eine Intervention (in Italien) vorstellen könnte oder dafür sorgen würde, wäre ein Verstoß gegen das Korruptionsstrafrecht. Die Strafdrohung ist enorm: Grundsätzlich drohen zwei Jahre Haft; bei Spenden bzw. Zuwendungen über 50.000 Euro drohen fünf Jahre.

Wie hat Blümel konkret reagiert?

Dokumentiert ist, dass er die SMS an den damaligen Kabinettschef im Finanzministerium, Thomas Schmid, weitergeleitet und diesen gebeten hat, Neumann zurückzurufen. Blümel schrieb „Tu es für mich.“ Was hat er gemeint? Genau konnte das der Minister am Freitag nicht sagen („Es sind vier Jahre vergangen“). Am plausibelsten erschien ihm selbst, dass er Schmid mit seinem Hinweis motivieren wollte, sich um die Neumann-Sache zu kümmern. Nach dem Motto: „Wenn’s dich nervt, tu’s bitte trotzdem für mich.“

Hat das von Neumann gewünschte Gespräch mit Sebastian Kurz stattgefunden?

Dafür gibt es derzeit keinen belastbaren Beleg. Im Kalender von Novomatic-Eigentümer Johann Graf ist für 25. Juli 2017 zwar ein „Termin Kurz“ eingetragen, und den hat die WKStA mit zum Anlass für ihre Hausdurchsuchungen genommen. Sowohl die ÖVP als auch die Novomatic bestritten am Freitag aber, dass es zu einem Treffen zwischen Graf und dem späteren Kanzler gekommen ist. Der Kalendereintrag wird als Treffen zwischen Graf und seiner Schwiegertochter, der damaligen Aufsichtsrätin Martina Kurz erklärt. Gegen ein Treffen von Kurz mit Graf spricht politisch auch ein anderes Argument: Schon 2017 galt in der Kurz-ÖVP die Direktive, dass Branchen wie Glücksspiel oder Waffen auf keinen Fall als Parteispender infrage kommen. Insofern erscheint es unwahrscheinlich, dass sich der wahlkämpfende Chef der ÖVP wenige Monate vor einer entscheidenden Nationalratswahl mit dem Vertreter eines milliardenschweren Glücksspielkonzerns trifft.

Ist Geld von der Novomatic an die ÖVP oder ihre Vereine geflossen?

Sowohl die Novomatic als auch die ÖVP und Blümel bestreiten das. Um seiner Aussage mehr Gewicht zu verleihen, legte der Finanzminister am Freitag eine „eidesstattliche Erklärung“ vor, in der er mit Unterschrift erklärt, dass „weder ich, noch die ÖVP Wien noch die mit mir medial in Verbindung gebrachten Vereine Spenden der Novomatic AG erhalten haben“. Wer anderes behauptet, dem droht Blümel mit Klage.

War die Hausdurchsuchung der WKStA beim Finanzminister gerechtfertigt?

„Vom Gesetz her kann die Staatsanwaltschaft alleine keine Hausdurchsuchung durchführen, diese wird immer von einem Richter genehmigt“, sagt der frühere Rechnungshofpräsident und Staatsanwalt Franz Fiedler. Man müsse im konkreten Fall darauf vertrauen, dass das erwähnte SMS und Kalendereinträge „wie kleine Puzzlestücke in einem Gesamtpuzzle“ zu sehen seien. Grundrechtseingriffe – und das seien Hausdurchsuchungen – würden in der Regel gut abgewogen. Das wird im Hintergrund nicht einmal in der Volkspartei in Zweifel gezogen. Gegenüber dem KURIER hieß es, die Behörde sei sensibel vorgegangen.

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