FPÖ-Aschermittwoch: Kickl wettert gegen "senile Mumie in der Hofburg"

POLITISCHER ASCHERMITTWOCH DER FPÖ: KICKL
FPÖ-Chef Kickl legt sich in Ried erneut mit dem Bundespräsidenten an. Dieser sei "ein Staatsgefährder". Mit den "normalen Menschen" wolle Kickl "Seite an Seite marschieren" - bis ins Kanzleramt.

Von Christoph Schwarz und Oliver Wild

In der Vergangenheit waren es andere, die sich am "Politischen Aschermittwoch" der FPÖ mit seinen Reden den Applaus der eigenen Anhänger abholten - dieses Jahr wird der Redenschreiber erstmals selbst zum Hauptredner: FPÖ-Chef Herbert Kickl feiert Mittwochabend seine Premiere beim traditionsreichen blauen Event im oberösterreichischen Ried im Innkreis.

In der bis auf den letzten Platz gefüllten Jahnturnhalle zieht Kickl zu den Tönen der Marktmusikkapelle Andorf und unter großem Applaus ein. Und von Anfang an ist klar, was sich das Publikum von ihm erwartet: Trotz Fastenzeit solle er "keine Schonkost für die Bundesregierung" liefern.

Nach drei Jahren Abstinenz - während Corona pausierte auch der blaue Aschermittwoch - sind die Erwartungen hoch. Deftige Sager sind seit jeher das Markenzeichen der Veranstaltung, die Jörg Haider 1992 ins Leben rief.

Gegen die "Großstadtlinken"

Den Einpeitscher für die "Freunde der politisch inkorrekten Aschermittwochsgemeinschaft" gibt der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner. Er hat sich rhetorisch auf seinen Auftritt bestens vorbereitet: Vor ihm ist an diesem Abend - in bester Aschermittwochs-Manier - kein Kalauer sicher.

Die Gegner sind rasch ausgemacht: Die "Großstadtlinken" in Wien, die "linksgrünen Moralapostel im ORF", die "Bettvorleger der korrupten Brüsseler EU-Bürokratie" - und vor allem der "schwarz-grüne Faschingsverein".

Der "Corona-Umzug" sei vorbei, so Haimbuchner, wenn die Bundesregierung vom blauen "Kanzlerkandidaten" Herbert Kickl bei der nächsten Wahl weggekickelt" werde. Denn: Nach den Lockdowns kommt nun der "Knockdown" für die Koalition.

Die Palette der Themen, die sich Haimbuchner überlegt hat, stößt bei den Besuchern auf Zuspruch. Er erzählt von kleinen Landwirten und Gewerbetreibenden, die "drangsaliert" werden. Von Zuwanderern, die Einheimische ermorden, während Polizeidienststellen zugesperrt würden. Von den Corona-Maßnahmen und insbesondere der Impfpflicht, im Rahmen derer die ÖVP die Maßnahmenkritiker "verhaften wollte".

"Wos hackln"

So richtig in Fahrt kommen Haimbuchner und seine Gäste, als er gegen die Klimakleber zu Felde zieht. Die "wohlstandsverwahrloste Bagage" dürfe man nicht mehr "mit Samthandschuhen" anfassen, die Klimaexperten wiederum hätten "wohl selbst zu viel am Uhu geschnüffelt". An die "inkonsequenten" Jugendlichen, "die Gewand aus Asien tragen, ein iPhone aus Asien haben und nach Asien auf Urlaub fahren", habe er eine Botschaft: "Die sollen amal wos hackeln."

Ob sich Haimbuchner, der eigentlich dem gemäßigten Flügel der Partei angehört, in seiner Rolle als Polterer ganz wohl fühlt? Unsicher. Dass es beim blauen Aschermittwoch "etwas heftiger, zynischer" zugehe, sei Tradition, sagt er zum Abschluss fast entschuldigend.

Kickl "fast sprachlos"

Mit Standing Ovations wird dann Parteichef Herbert Kickl auf der Bühne empfangen. Ihn selbst mache das "fast sprachlos", kokettiert er. "Kein guter Einstieg" für einen Redner.

Dann findet er - wie durch ein Wunder - doch rasch wieder seine Sprache und hat - in bester Kickl-Manier - gleich einen Reim für die Corona-Experten parat, und zwar in Form eines Trinkspruchs: "Ein Prost an das Expertenheer - weil glauben tut euch keiner mehr. Seid's nicht traurig, seid's froh, weil dem Nehammer geht's ebenso", sagt Kickl und hebt den Bierkrug.

Erstes großes Thema: die "ORF-Zwangssteuer" -  also die Haushaltsabgabe, die die Regierung für alle Österreicher plant. "Wir sind im Kommunismus angekommen", sagt Kickl. "Der Staat ist zum Inkassobüro für den Rundfunk verkommen."

Dann tut Kickl etwas, "das ich normalerweise nicht mache: Ich distanziere mich vorab von mir selber, weil morgen werden sie’s eh wieder von mir verlangen." Und er entschuldige sich, dass "nicht alle ihr Fett abkriegen", die es verdient hätten. Doch dafür sei der Abend "nicht lang genug".

Die anderen Parteien würden schon vor der FPÖ zittern, sagt Kickl – und verweist auf die Wahlen in Tirol und Niederösterreich. In Kärnten und Salzburg wolle man die blauen Erfolge fortsetzen. "Es wird eine saftige Rechnung sein, die die Bevölkerung der Politik ausstellt."

Der Regierung wirft er vor, sich nicht um echte Bürgernähe zu bemühen, "weil die andere Sorgen haben". Die Frage, die sich alle stellen würden: "Wie können wir diesen Kickl stoppen?" Er habe die Antwort: "Gar nicht können sie mich stoppen." Das Publikum antwortet mit "Herbert, Herbert"-Sprechchören.

Van der Bellen sei "Staatsgefährder"

Dann erneuert Kickl seine Attacken gegen Bundespräsident Alexander Van der Bellen: Dieser "senilen Mumie in der Hofburg" wolle er "die Flausen bis zur Wahl noch austreiben". Van der Bellen sei "ein Staatsgefährder, der des Amtes enthoben gehört".

Harte Worte findet Kickl auch für ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer, der - Achtung, Reim! - eine "Rede zur Lage der Nation" halte, obwohl er selbst die größte "Plage der Nation sei". Die ÖVP sei "süchtig", ihre "Beschaffungskriminalität ist die Korruption". Die FPÖ werde die ÖVP bei der Wahl "auf einen kalten Entzug schicken".

Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig sein kein roter Wunderwuzzi, sondern nur ein "roter Wuzzi", Gesundheitsstadtrat Peter Hacker ein "Impf-Quasimodo". Auch dass Ludwig mit einem falschen Klitschko telefonierte, sorgt mit einigen Monaten Verspätung noch einmal für Lacher. Bald werde Ludwig den Leuten erzählen, er habe "mit Barack Obama telefoniert - dabei war's Roberto Blanco".

Auch für andere Spitzenpolitiker hat sich Kickl einige uncharmante Beinamen überlegt. ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sei "der zweiarmige Bandit der Novomatic", Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sei eine "Klima-Gouvernante". Dass Gewessler unlängst nach Bratislava geflogen sei, missfällt ihm: "Wenn sie fliegen will, soll sie ihren Besen nehmen." 

Die anderen Parteien könnten die FPÖ jedenfalls nicht stoppen, wiederholt Kickl. Er sei auf der Seite der "normalen, einfachen Menschen, die wissen, ob sie ein Manderl oder ein Weiberl sind - und keinen Psychotherapeuten brauchen, um in die richtige Klotür hineinzufinden."

Genau diese Menschen seien "den Eliten ein Dorn im Auge". Der Gender-Wahl und die Woke-Kultur seien ein Versuch, die Menschen "zu entwurzeln", damit sie von "der Elite umprogrammiert werden können". Wer die Elite sei? Alle anderen Parteien, die alle "gleich gehirngewaschen" seien.

Pferde gegen Klimakleber

Mit den Klimaklebern solle man "nicht so zimperlich umgehen": "Jetzt wäre die Sternstunde der berittenen Polizei", sagt Kickl in Anlehnung an seine einstige Reformidee. Die Polizisten sollten auf die Klimakleber zureiten, "dann gäbe es ein kurzes Wendekommando, die Pferde heben den Schweif und es gibt Bio-Dünger".

Dann definiert Kickl sein Wahlziel für die nächste Nationalratswahl: "Erster zu werden und endlich einen blauen Bundeskanzler zu stellen." Das Publikum antwortet zum zweiten Mal mit "Herbert, Herbert"-Rufen. Ein freiheitlicher Kanzler würde den Spieß umdrehen. "Dann wird nicht nach unten getreten und nach oben gebuckelt zur EU und zur Nato. Dann wird nach unten gedient und nach oben getreten. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich ordentlich ausschlagen kann."

Dann kommt Kickl - endlich - auf das Thema Corona zu reden. Das sei ihm "als Schwurbler" wichtig. Er kritisiert den Vorschlag Nehammers, eine Versöhnungskonferenz ins Leben zu rufen. Dass die Regierung nun zurückrudere, habe nur damit zu tun, dass ihr "der Allerwerteste auf Grundeis geht".

Mittlerweile hätten "alle bemerkt, dass sie von dieser Regierung belogen wurden. Da kann es keine Versöhnung geben." Die anderen Parteien und die Medien hätten sich mit "Psychoterror an den Menschen vergangen" in der Pandemie. "Dreckspack", ruft einer aus dem Publikum dazwischen. "So etwas wird von uns nicht verziehen", antwortet Kickl.

Dann zieht er sein Resümee über die Corona-Zeit: Schon Ende 2020 habe man gewusst, dass Corona nicht gefährlicher sei als eine Grippe. Wenig später sei klar gewesen, dass die Impfung nicht vor einer Ansteckung schütze. Die Pandemiepolitik sei "eine riesige Verarschung" gewesen, die Bundesregierung bestehe aus "Corona-Verbrechern".

Gegen "Wirtschaftskrieg"

Der Ukraine-Krieg und die Teuerung würden Parallelen zu Corona zeigen: Da wie dort sei die Bevölkerung nicht gefragt worden, da wie dort würden Milliarden Euro "sinnlos verbrannt", so Kickl. "Ein freiheitlicher Kanzler hätte diesen Wirtschaftskrieg gegen Russland nicht unterstützt." Sondern hätte das neutrale Österreich als Verhandlungsort für einen Friedensprozess angeboten.

Mit der Teuerung würden die Österreicher nun den "Preis für die Doppelmoral zahlen", so Kickl. Die Menschen in der Ukraine seien nicht nur ein Opfer "des russischen Angriffskriegs", sondern auch Opfer "der USA, der Nato und der EU". 

Die Zuwanderung bezeichnet Kickl als "Völkerwanderung", die "gutmenschlich degenerierten Linken" in der Politik seien die Gehilfen der Schlepper. Er kenne sich "als ehemaliger Innenminister" damit aus, sagt Kickl. Nachsatz: "Ich hätt' eh wieder Gusto." Für straffällige Zuwanderer habe er nur eine Botschaft: "Ab in den Flieger und heim zu den Taliban!"

Mit Blick auf die geringen Asylzahlen im benachbarten Ungarn fordert er: "Mehr Paprika und mehr ungarischen Chili in die Asylpolitik." Man solle sich am dortigen Premier Viktor Orbán ein Beispiel nehmen.

Abschlussappell: "Marschieren wir gemeinsam. Ich gehe voran bis ins Bundeskanzleramt."

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