Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger: "Bildungsminister Polaschek ist eine Fehlbesetzung"

Beate Meinl-Reisinger
Österreichs Schulsystem sei Mittelmaß, attestieren die Neos. Statt von Ländern wie Finnland zu lernen, würden im heimischen Bildungssystem Mängel verwaltet, so Beate Meinl-Reisinger.

"Da gehst Du rein und: Es schaut schon anders aus", sagt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger nach Schulbesuchen in Finnland und Estland. Die beiden Länder führen seit Jahren internationale Rankings betreffend Bildung, Ausbildung und Wissensvermittlung.

Ganz im Gegensatz zu Österreich, dass seit "Jahrzehnten Mittelmaß" ist, so die Neos-Chefin und es wohl auch bleiben wolle, wenn sie "die Rede zur Zukunft der Nation" von Bundeskanzler Karl Nehammer richtig deute. 

Bildungsminister Martin Polaschek sei eine "Fehlbesetzung. Einen Ministerdarsteller können wir uns nicht leisten", so die Neos-Chefin. "Evidenz", worauf das finnische wie estnische Schulsystem basieren, habe Meinl-Reisinger aus dem Mund des ÖVP-Ministers noch nie gehört. Er arbeite in Form von Verordnungen und Erlässen. 

"Unsere einzige Phantasie ist Programmieren als Schulfach einzuführen", so die Neos-Chefin. Die Regierungen der letzten Jahre wie Jahrzehnte hätten stets nur am Bildungssystem "herumgedoktert", Reformen kämen immer nur als "ad on", sagt auch Neos-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre

Was das Schulsystem in Finnland wie Estland insbesondere auszeichnet?

Dass sich Lehrer wie Schüler wohlfühlen, jedes Kind kostenlos ein Mittagessen in der Schule bekommt, Schulmaterialien nichts kosten und Schulautonomie tatsächlich gelebt werde. Das Bildungssystem sei in Relation zu Österreich zudem günstiger, Lehrer hätten einen gänzlich anderen Stellenwert in Bildungseinrichtungen wie in der Gesellschaft selbst. 58,2 Prozent der Lehrerinnen in Finnland sagen, dass ihr Beruf hohes gesellschaftliches Ansehen hat. In Österreich sind es 16,1 Prozent. 

Auch hier müsse Österreich ansetzen, verabsäume selbiges aber in Permanenz. Dass die türkis-blaue Landesregierung in Niederösterreich Deutsch als Pausensprache über die Hausverordnung umsetzen will, zeugt für Meinl-Reisinger von einem "absurden Verständnis von Schulautonomie".

Es sei eine "rassistische, bildungspolitisch dumme Geste“.

"Die Direktorinnen und Direktoren haben Budgetverantwortlichkeit, können über ihr Personal selbst entscheiden", so Meinl-Reisinger. Pragmatisierungen gebe es im Gegensatz zu Österreich nicht. Dafür hätten Lehrer weit mehr Ausbildungs- und Karrierechancen. 

Schüler könnten bei Hearings gemeinsam mit der Direktion über neue Lehrer mitentscheiden. 

Generell sei Schulautonomie dort "keine Utopie", sondern Realität. 90 Prozent der Entscheidungen würden in Finnland beispielsweise am Schulstandort getroffen, Stundenpläne flexibel angepasst werden und Schüler am Freitag auch zu Hause lernen können (independent learning day). 

An den Schulen sind Schulpsychologen und Sozialarbeiter Vollzeit vor Ort. Regelmäßig würde überprüft, ob sich Schüler gemobbt fühlen.  

Auch im Bereich der Digitalisierung sollen beide Länder nach Dafürhalten der Neos als Vorbild dienen. So gebe es in jeder estnischen Schule einen Lehrer, der als Digitalisierungsbeauftragter das Kollegium im Einsatz moderner Technologien schult und den Einsatz neuer Tools didaktisch vorbereitet.

Flächendeckenden Internetanschluss gibt es in Estland laut Meinl-Reisinger seit 2004. Wenn Österreich weiter nicht wisse, wohin es wolle, "werden wir den Weg nicht finden" - uns Länder wie Estland und Finnland weiter abhängen. "Sie sind uns jetzt schon ein Vierteljahrhundert voraus."

Kommentare