Neues Klimaschutz-Paket als Sprengstoff? Tempo 100 auf der Autobahn und Maut überall

Autobahn in der Nacht
55 hochkarätige Wissenschaftler aus allen Disziplinen bewerteten alle Stellungnahmen für Österreichs Klimaplan 2030. Das sind die Ergebnisse.

Es geht um den kontroversen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) 2030: Bis Juni muss die Regierung gegenüber der EU-Kommission darlegen, wie die hohen Klimaziele bis 2030 – minus 48 Prozent Treibhausgase im Vergleich zu 2005 – erreicht werden sollen.

Mit den bisherigen Maßnahmen dürfe Österreich nach Berechnungen des Umweltbundesamtes die Treibhausgase nur um 35 Prozent reduzieren.

Es gibt also eine Lücke von zumindest 13 Prozentpunkten. Um diese zu schließen, braucht es neue Maßnahmen. Welche das sein könnten, haben nun 55 Wissenschaftler aus den öffentlichen Stellungnahmen von 2023 zum NEKP destilliert.

In aller Kürze: Das sind die möglicherweise kontroversesten Vorschläge:

  • Einführung einer flächendeckenden, fahrleistungs-, tageszeit- und fahrzeugtypabhängigen Straßenmaut für den Personen- und Güterverkehr. 

  • Reduzierung der Tempolimits auf Autobahnen auf 100 km/h, auf Freilandstraßen auf 80 km/h und im Ortsgebiet auf 30 km/h. 

  • Wasserstoff (grüner) vor allem in industriellen Prozessen und Hochtemperaturanwendungen, Forscher sehen aber keine Alternative zur Elektrifizierung der Raumwärme und Mobilität.

  • Ein effektives, zentrales System für Leerstands- und Brachflächenmanagement inklusive einer bundesweiten Bepreisung gilt es zu etablieren. 

  • Im landwirtschaftlichen Bereich ist eine Reduktion der Tierbestände, insbesondere von Rindern (ausgenommen z. B. Weidehaltung auf Almen), wichtigste Voraussetzung für eine deutlichere Reduktion der THG-Emissionen. Dabei ist zu beachten, dass Tierhaltung auch in Zukunft aller Voraussicht nach ein wichtiger Teil der Landwirtschaft bleiben wird.

  • Carbon Capture and Storage (CCS) hat bei Müllverbrennungsanlagen ein hohes Treibhausgaseinsparungspotenzial.

  • Zur Erreichung einer nachhaltigen Ernährung sind der Übergang zu überwiegend pflanzenbasierter Ernährung, die Erarbeitung eines Masterplans zur nachhaltigen Ernährung und das Reformieren der Ernährungspyramide notwendig

 

Das Dokument birgt einen gewissen Sprengstoff für die Regierung, schließlich hatte ÖVP-Verfassungsministerin Caroline Edtstadler den ersten Entwurf des NEKP, den Klimaministerin Gewessler nach Brüssel geschickt hatte, zurückziehen, weil dieser Entwurf nicht mit dem Koalitionspartner ÖVP abgestimmt worden sei. Die Regierung muss sich aber bis Juni dieses Jahres auf einen Fahrplan bis 2030 einigen.

Aber worum geht es:

Die 55 Forscher, unter anderen Karl Steininger (Uni Graz), Keywan Riahi (IIASA), Sigrid Stagl (WU Wien), Helga Kromp-Kolb (Boku Wien) und Gottfried Kirchengast (Uni Graz), haben alle Stellungnahmen nach brauchbaren Ideen durchforstet. Sie bewerteten 1.408 konkrete Ideen und teilten diese in drei Kategorien ein: Sinnvoll und effektiv, weniger effektiv aber sinnvoll und nicht sinnvoll.

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