Eine Stellungnahme stach dabei heraus – jene der Wirtschaftskammer (LINK). Denn schon auf Seite 1 des Dokuments wird zuerst kritisiert, dass das 2030-Ziel „überschießend, vor allem aber überproportional hoch ist im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten“ sei. Daher werde es als „erforderlich“ angesehen, „Emissionsberechtigungen zuzukaufen“.
Gemeint sind damit innerhalb der EU handelbare Zertifikate, die das Recht zur Emission von Treibhausgasen gewähren. Das können aber nur Staaten verkaufen, die ihre Klimaziele übererfüllen.
Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt erklärt, wie in der EU dieses System des Zertifikatehandels aussieht: „Neu ist dabei, dass nur Mitgliedstaaten der EU handeln dürfen. Zertifikate gibt es noch gar nicht, sie werden auch nur kaufbar sein, wenn EU-Staaten ihre Klimaziele übererfüllen.“
Das könne etwa auf die nordischen Staaten zutreffen, die Klimaschutz sehr ernsthaft betreiben, wie auch auf osteuropäische Staaten mit derzeit noch viel fossiler Energiegewinnung, die man einfach umstellen können wird. Lichtblau geht aber auch davon aus, dass es nur wenige Zertifikate zu kaufen geben wird, man müsse entsprechend hohe Kosten erwarten.
Dementsprechend würde der Experte nicht empfehlen, Zertifikate zuzukaufen: „Wer das macht, kommt in ein systemisches Problem, denn damit substituiert man ja nur Klimaschutzmaßnahmen in anderen Staaten. Alle EU-Staaten müssen bis spätestens 2050 klimaneutral sein.“
Wenn alle scheitern?
Doch was, wenn zahlreiche EU-Staaten ihre Ziele nicht erfüllen und es bei Weitem nicht ausreichend Zertifikate gibt? „Grundsätzlich würden dann Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und Strafen ausgesprochen werden. Die EU-Politik könnte aber auch versuchen, Ziele zu verschieben.“
Die Klimaministerin hält – nicht überraschend – wenig von der WKÖ-Forderung, jetzt schon Zertifikate zu kaufen: „Das ist überhaupt keine Frage: Investitionen in den Klimaschutz in Österreich sind immer vernünftiger als Geld ins Ausland zu überweisen“, erklärt Leonore Gewessler. Sie meint, „vom mutigen Klimaschutz in Österreich profitieren wir doppelt: Wir schaffen heimische Wertschöpfung und sorgen für mehr Lebensqualität. Jetzt nichts tun, dann Strafe zu zahlen und am Ende noch größere Herausforderungen haben, ist nicht mein Zugang.“
Auch die Umweltschutzorganisation Global 2000 lehnt den Zukauf von Zertifikaten „als Ersatz für wirksame Klimaschutzmaßnahmen klar ab“. Laut Finanzministerium könne die Verfehlung der Klimaziele 4,7 Milliarden Euro an Kosten für den Zukauf von CO2-Zertifikaten verursachen. „Bei höheren Zertifikatspreisen kann die Summe aber auch deutlich höher ausfallen. Gleichzeitig zeigen Studien, dass wir mit wirksamen Klimaschutzmaßnahmen ans Ziel kommen können, wie das auch andere Länder, etwa Schweden, vorzeigen“, so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher der Umweltschutzorganisation.
„Gleichzeitig kauft man sich durch CO2-Zertifikate nur wenig Zeit. Denn die EU-Kommission hat schon vorgeschlagen, die Emissionen bis 2040 um 90 % zu reduzieren.“
Kommentare