Anti-Terror-Kampf: Überwachung, Isolation, Haft - und exportierte Gefährder

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Die Niederlande haben ihre Terrorszene "im Griff", sagen Experten. Sie verwehren IS-Kämpfern die Rückkehr aus Syrien. Gefährdern droht Sicherheitshaft.

Der Terrorexperte Peter Neumann hat nach dem Anschlag in Wien die Niederlande als ein Land bezeichnet, das den Kampf gegen Jihadisten „gut im Griff“ hat. Auch die niederländische Expertin vom Clingendael-Institut, Goos Hofstee, erachtet die Anti-Terrorstrategie der niederländischen Regierung und Geheimdienste als erfolgreich.

Die Hauptpunkte: Niederländer, die nach Syrien und Irak kämpfen gegangen sind, würden nicht zurückgeholt und Terrorverdächtige intensiv überwacht.

Sicherheitsverwahrung bei Gefahr

„Die Strategie unserer Geheimdienste ist erfolgreich, weil sie sehr gut in dem sind, was sie tun“, sagte die Terrorexpertin Hofstee gegenüber der APA. Die niederländischen Geheimdienste würden „sehr hart daran arbeiten, Jihadisten zu verfolgen und zu verhindern, dass sie zu einer Gefahr werden“. Neumann sprach von einem „integrierten Konzept“, das auf Prävention und Deradikalisierung setze, aber auch auf Überwachung und bei Gewaltgefahr eine Sicherheitsverwahrung vorsehe.

Isolation im Gefängnis

In Terror-Prozessen verurteilte ehemalige Häftlinge würden nach ihrer Freilassung „extensiv überwacht“, berichtet auch Hofstee. In Gefängnissen werden Terroristen isoliert, damit sie andere nicht radikalisieren können.
Niederländische Gerichte hätten zudem entschieden, dass der Staat nicht verpflichtet sei, niederländische Foreign Fighters aktiv ins Land zurückzuholen. Dies habe Angriffe in den Niederlanden verhindert, weil die niederländischen Kämpfer immer noch vor allem in Syrien oder im Irak sind, sagt Hofstee.

„Aber dies bedeutet nicht, dass es kein Problem ist“, gab die Expertin zu bedenken: „Weil die Tatsache, dass sie der Justiz entkommen, bedeutet, dass sie weiterhin in der Lage sind, schutzbedürftige junge Menschen zu radikalisieren und zu inspirieren, auch in den Niederlanden.“ Die meisten Rekrutierungen würden nämlich online erfolgen. Auch Angriffe sogenannter einsamer Wölfe könnten inspiriert werden.

Problem exportiert

Die Gerichtsentscheidung werde in den Niederlanden immer noch breit diskutiert. Außerdem verwies Hofstee auf die „moralische Frage, ob es richtig ist, es anderen Ländern zu überlassen, mit unseren ausländischen Kämpfern umzugehen, wir machen es jetzt zum Problem des Irak und Syriens anstelle unseres eigenen“. Nur „zurückkehrende ausländische Kämpfer, die es irgendwie zu einem Konsulat in der Region schaffen, werden zurückgeführt und werden hier in den Niederlanden strafrechtlich verfolgt.“

50 Gefährder im Inland

Nach Angaben der niederländischen Behörden sind bis März 2018 geschätzt 300 Niederländer nach Syrien und in den Irak gereist, von denen etwa 60 getötet wurden. Die niederländische Regierung schätzte die Zahl der im eigenen Land radikalisierten Menschen und der zurückgekehrten Foreign Fighters, die einen Anschlag in den Niederlanden ausüben könnten, im Vorjahr auf etwa 50.

"Hausgemachter Terrorismus"

Auch das Attentat in Wien war ein Beispiel „für die Gefahr des hausgemachten Terrorismus“, so Hofstee. „Es war eindeutig eine Antwort auf die Geschehnisse in Frankreich, und ich glaube, wir müssen uns mit der Debatte über die Rede- und Pressefreiheit in einer liberalen Gesellschaft befassen.“ Diese müssten verteidigt werden, gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, das nicht zu einer „'muslimischen Frage' zu machen“. Die Expertin betonte, dass dies ein Problem sei, „das durch eine sehr, sehr kleine Minderheit von Muslimen verursacht wird, und die große Mehrheit der Muslime hat einfach kein Problem mit den Grundrechten der freien Meinungsäußerung. Dies ist ein soziales Problem, das Nuancierung und Entschlossenheit erfordert.“

Strafe zu kurz

Ob in Österreich Fehler gemacht wurden? Es ließe sich darüber diskutieren, ob 22 Monate, zu denen der Attentäter im April 2019 in einem Terror-Prozess als IS-Sympathisant verurteilt worden war, „eine angemessene Länge der Strafe“ waren, antwortete die Expertin. „Ich denke, eine Lehre daraus sollte sein, dass eine vorzeitige Entlassung vielleicht nicht klug ist, vor allem, wenn er bereits zu nur 22 Monaten verurteilt wurde.“ Die Justiz argumentiert die vorzeitige bedingte Entlassung u.a. damit, dass man den Mann so zu weiterer Betreuung und Deradikalisierungsprogrammen verpflichten konnte.

"Lektion" erteilt

Außerdem wundert sich Hofstee, warum Hinweise aus der Slowakei von den österreichischen Behörden „ignoriert“ wurden. „Eine bessere internationale Kommunikation über Verdächtige und verdächtige Reisebewegungen sollte hier eine Lektion sein.“

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