Abspaltung? Wie eine Liste Doskozil bei der Nationalratswahl kandidieren könnte
Die SPÖ-Burgenland debattiert, ob sie sich von der Bundes-SPÖ lösen soll. Hintergrund des Konflikts ist, dass Hans Peter Doskozil Spitzenkandidat bei der nächsten Nationalratswahl sein will, dass er sich aber bisher an Pamela Rendi-Wagner die Zähne ausbeißt. Wenn ihn die SPÖ nun nicht an ihre Spitze lässt, könnte er dann mit einer allfälligen Abspaltung eigenständig kandidieren? Der KURIER hat sich die rechtlichen und demoskopischen Rahmenbedingungen angesehen.
Die Kandidatur
Eine Nationalratskandidatur wäre leicht für den burgenländischen Landeshauptmann. Er kann sich entweder drei Nationalratsabgeordnete suchen, die mit ihrer Unterschrift die Kandidatur ermöglichen. Zwei stellt die SPÖ-Burgenland. Oder er kann quer durch Österreich nach einem bestimmten Schlüssel 2.600 Unterschriften sammeln, die Anzahl schwankt zwischen je 100 im Burgenland und in Vorarlberg und je 500 in Wien und Niederösterreich. Das sollte für Doskozil kein Problem sein, er ist eine Trademark bis an den Bodensee.
Der Einzug in den Nationalrat
In den Nationalrat zieht eine Liste ein, wenn sie bundesweit vier Prozent schafft. Auch das sollte für Doskozil erreichbar sein. Seine Liste zöge aber auch ein, wenn er im Burgenland ein Grundmandat schafft – z. B. rund 25.000 Stimmen im Wahlkreis Burgenland Nord. Dann würde seine Liste bei der Ermittlung der Landes- und Bundesmandate dabei sein, auch wenn sie nur 3,9 Prozent schaffen sollte. Die SPÖ-Burgenland hat derzeit ein Grundmandat.
Wem würde Doskozil schaden? Wer würde ihn wählen?
Schaden würde Doskozil selbstverständlich der SPÖ, denn eine Abspaltung bedeutet Zerreißprobe, Unsicherheit, schlechte Stimmung. Die SPÖ wäre mit sich selbst beschäftigt, Rendi-Wagner öffentlich angezweifelt.
Es gibt jedoch ein Aber: Doskozil hat sehr viele Fans im Lager der FPÖ- und Türkis-Wähler. In der SPÖ wollen ihn hingegen nur 20 Prozent (Quelle: Heute-Umfrage vom Juli 2021). Das heißt: Bei Wahlen würde Doskozil der SPÖ möglicherweise gar nicht so viele Wähler wegnehmen, dafür aber kräftig im Teich der FPÖ und der seit dem Rücktritt von Sebastian Kurz heimatlos gewordenen Türkis-Wähler fischen.
Die Koalitionsfolgen
Sollte eine Liste Doskozil kandidieren, dürfte sich erstmals keine Zweierkoalition ausgehen. Auch eine Vierer-Ampel mit Doskozil, der sich einer Kanzlerin Rendi-Wagner unterordnen müsste, erscheint unplausibel.
Bisherige Gegenkandidaturen
Es gab bisher nur wenige Gegenkandidaturen in Österreich. 1966 kandidierte der von der SPÖ ausgeschlossene Franz Olah und verpasste den Einzug ins Parlament. Heide Schmidt spaltete sich 1993 mit dem Liberalen Forum von der FPÖ ab und hielt sich bis 1999 im Nationalrat. Jörg Haider spaltete 2005 das BZÖ von der FPÖ ab.
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