Bundesländer-Ergebnisse: Historischer ÖVP-Triumph im Burgenland
Die burgenländische SPÖ ist vom EU-Wahlergebnis so geschockt, dass sie sich am Montag nicht einmal zur obligatorischen Nachwahl-Pressekonferenz aufraffen konnte und das Feld allein der siegreichen ÖVP überließ.
Mit 35,8 Prozent (plus 4,8 Prozent) konnte die pannonische Volkspartei erstmals bei EU-Wahlen Platz eins erringen. Der auf Platz sieben gereihte ÖVP-Klubchef Christian Sagartz hat ein fünfstelliges Vorzugsstimmen-Ergebnis und damit sehr gute Chancen auf ein EU-Mandat. Die SPÖ verlor 0,6 Prozent und kam auf 32,9 Prozent. Dass sogar die Ibiza-gebeutelte FPÖ minimal auf 18,1 Prozent zulegen konnte, sorgte bei den Roten nur mehr für resignatives Kopfschütteln.
Nach den Gemeinderats- und den Nationalratswahlen im Herbst 2017, bei denen die ÖVP bereits zur SPÖ aufschließen konnte, ist die EU-Wahl nun der ultimative Weckruf für die im Burgenland seit 1964 regierende SPÖ. Der erste Platz bei der Landtagswahl am 26. Jänner 2020 scheint zwar aus heutiger Sicht nicht akut gefährdet (2015 lag die SPÖ fast 13 Prozent vor der ÖVP) – aber wenn die Roten im Jänner wieder so viel verlieren wie 2015 und die ÖVP so zulegen kann, wie bei der gestrigen EU-Wahl, gibt‘s ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Jedenfalls ist seit der Sonntags-Wahl noch klarer, warum Hans Peter Doskozil auf keinen Fall Landtags- und Nationalratswahl zusammenlegen wollte: Sebastian Kurz verleiht selbst der ansonsten etwas träge wirkenden burgenländischen ÖVP zumindest Flügelchen.
Mit 29,9 Prozent und einem leichten Plus von 2,3 Prozentpunkten konnte die SPÖ in Wien im Gegensatz zum ernüchternden Bundestrend zumindest einen Achtungserfolg erzielen. Erste Analysen zeigen, dass die Roten vor allem Stimmen aus dem Nichtwähler-Lager gewinnen konnte. „Das Wiener Ergebnis zeigt, was für die SPÖ auf Bundesebene bei dieser Wahl möglich gewesen wäre“, ist Politik-Berater Thomas Hofer überzeugt.
Stärkung für Ludwig
Für Michael Ludwig war es die erste Wahl seit seiner Kür zum Bürgermeister und Landesparteichef 2018. „Vor allem im Vergleich zu Hans Peter Doskozil kann er parteiintern auf ein durchaus herzeigbares Ergebnis verweisen. Auch wenn es angesichts der jüngsten Vorgänge in der FPÖ viel zu wenig ist“, so der Experte zum KURIER.
Vor der Wien-Wahl 2020 brauche sich Ludwig – nach derzeitigem Stand – aber nicht zu fürchten. „Eine türkis-blaue Mehrheit in Wien ist nicht in Sicht“, sagt Hofer. Außerdem werde Ludwig jetzt noch mehr an Einfluss in der krisengeschüttelten Bundespartei gewinnen, was ihm wiederum auf Wiener Ebene helfen werde.
Nicht überbewerten will Hofer das Ergebnis der Grünen in Hinblick auf die Wien-Wahl. „Die Grünen sind in Wien nicht gut aufgestellt. Die Spitzenkandidatin Birgit Hebein war zuletzt überhaupt nicht präsent.“
Noch schlechter aufgestellt seien zurzeit wohl nur die Wiener Blauen, die nach dem Abgang von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus vom weithin unbekannten Vizebürgermeister Dominik Nepp geführt werden. „Die FPÖ wird die 30 Prozent von 2015 bei der Wien-Wahl nicht annähernd erreichen“, sagt Hofer. Sie verliert in Wien vor allem an die ÖVP, wie auch das Ergebnis am Sonntag gezeigt hat.
Niederösterreichs großer Wahlsieger ist die ÖVP. Mit 40,4 Prozent (+7,4%) ist die Strategie der Landespartei, auf gleich drei Spitzenkandidaten zu setzen, voll aufgegangen. Neben Bundes-Spitzenkandidat Othmar Karas, er stammt aus Ybbs/Donau, lief auch Lukas Mandl, der Gerasdorfer war schon bisher im EU-Parlament, um Vorzugsstimmen.
Und der traditionell mobilisierungskräftige NÖ Bauernbund hat mit dem Mostviertler Alexander Bernhuber einen eigenen Spitzenkandidaten gestellt. Nach derzeitigem Vorzugsstimmen-Stand sieht es so aus, als ob jeder der drei ein Mandat im Europaparlament einfahren konnte.
Erfolge in roten Hochburgen
Auch in traditionell roten Hochburgen konnte die ÖVP voll punkten. So schaffte die Volkspartei etwa in St. Pölten, wo die SPÖ absolut reagiert, ein Plus von 6,6 Prozent. Die SPÖ blieb stimmenmäßig trotz kleinem Minus vor der ÖVP. Das gelang ihr sonst nur in Wr. Neustadt. Ansonsten ist Niederösterreichs politische Landkarte türkis.
ÖVP-Chefin, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ortet im Ergebnis „eine Stärkung der politischen Mitte und Stabilität“. Es sei auch „ein persönlicher Vertrauensbeweis für Bundeskanzler Sebastian Kurz. Sein Kurs und seine Arbeit für Österreich werden offensichtlich honoriert und sollen auch fortgesetzt werden“.
Die SPÖ verlor rund 1 Prozent und hält damit bei 22 Prozent. „Die Demokratie hat gewonnen, denn die Wahlbeteiligung ist im Vergleich zur EU-Wahl 2014 gestiegen. Nach dem Motto: ‚Wählen statt schweigen‘. Aber das Ergebnis löst keinen Jubel aus“, erklärt SPÖ-Landesparteichef Franz Schnabl, der vor dem Platzen der Bundesregierung noch Platz eins für die Sozialdemokraten für möglich gehalten hatte. Günther Sidl, auf Platz drei der SPÖ-Liste gereiht, wird den Einzug ins EU-Parlament schaffen.
Die Freiheitlichen konnten mit 18,5 Prozent ihr Ergebnis von 2014 fast halten (-0,56 Prozent). Auch die Grünen haben ein Minus vor dem Ergebnis (-1,27%) und landeten bei 9,9 Prozent. Die Neos erreichten 7,55 Prozent (0,11%).
Türkise Dominanz im Westen
In den westlichen Bundesländern ist vor allem bemerkenswert, dass es keine Oppositionspartei mehr gibt, die auf mehr als 20 Prozent der Stimmen kommt.
Am deutlichsten ist das in Tirol: Hier konnte die ÖVP auf 44,4 Prozent zu legen (+12), dahinter kommen FPÖ, SPÖ und Grüne mit 15,9 bis 14,8 Prozent, alle mit leichten Verlusten. Auch die Neos haben ein kleines Minus vorne stehen und kommen auf 8,4 Prozent.
Nicht viel anders sieht es in Salzburg aus: Die ÖVP legt auf 44,2 Prozent zu (+12), die SPÖ verliert deutlich und kommt nur mehr auf 17,8 Prozent (-3,5). Das rote Minus ist damit an der Salzach sogar größer als das blaue (15,3 %, -3,3). Hier reicht es aber neben der ÖVP auch für die Neos zu Gewinnen, sie legen um ein Prozent auf 8,1 Prozent zu.
Enges Match um Platz zwei im Ländle
Auch in Vorarlberg konnte die Volkspartei deutliche Zugewinne erzielen, wenn auch nicht so extreme wie etwas weiter östlich. Nichts desto trotz: 35,6 Prozent sind ein stolzes Plus von 7,3 Punkten und unangefochten der erste Platz. Dahinter kämpfen die Grünen (17,3 Prozent) und die Neos (17,1 Prozent) um Platz zwei, hier werden erst die Wahlkarten die Entscheidung bringen. Während die Liberalen in ihrem Mutter- und Kernland ein Plus von 2,2 Prozent erzielen konnten, mussten die Grünen im Ländle mit minus 6 Prozent ihre größten Verluste hinnehmen.
Über das drittgrößte Plus nach Tirol und Salzburg durften sich Sebastian Kurz und die ÖVP in der Steiermark freuen. Hier legten die Türkisen um 11,5 auf 36,7 Prozent zu und deklassierten damit die Konkurrenz. Wie in Vorarlberg müssen auch hier die Wahlkarten über Platz zwei entscheiden: SPÖ (-2) und FPÖ (-3,5) liegen jeweils bei 20,8 Prozent. Die Grünen verlieren leicht und landen bei 12,3 Prozent (-0,8), die Neos kommen auf 7,5 (-1,2).
Und schließlich kommt die ÖVP in Kärnten auf 29,3 Prozent der Stimmen (+9,3), legt damit um beinahe die Hälfte ihrer Stimmen bei der Europawahl 2014 zu und wird am Ende wohl nur hauchknapp daran scheitern, der SPÖ das Land an der Drau abzujagen. Die Sozialdemokraten verlieren 2,6 Prozent und landen bei 30,2, die Freiheitlichen können in Kärnten sogar zulegen und holen 22,4 Prozent (+2,2). Die Grünen holen 9,1 Prozent (-3,4), die Neos 7,5 (+1).
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