Zukunftsmarkt Afrika: "Die Chinesen sind einfach überall"
Jim Rogers findet klare Worte: „Die Chinesen sind einfach überall“, fasst der US-Starinvestor, der vor kurzem Wien besucht hat, die Lage am afrikanischen Markt zusammen. Britische, französische oder amerikanische Firmen seien zwar auf dem Kontinent vertreten, „aber kein Vergleich mit den Chinesen“.
Europa in Afrika präsenter zu machen, ist das Ziel des EU-Afrika-Forums, das am Montag in Wien beginnt und nicht unumstritten ist (siehe unten).
Im Gegensatz zum Westen, der den Kontinent bis vor kurzem vor allem im Lichte von Armut, Hunger und Migration sowie als Hilfsempfänger sah, hat Peking dessen Potenzial schon vor Jahren erkannt.
Zwischen 1995 und 2016 stiegen die Exporte aus dem Reich der Mitte nach Afrika (vor allem Maschinen, Elektronik und Konsumgüter) um das 25-fache auf 80 Milliarden Euro an.
„Die Exporte der nachgereihten Länder Frankreich, USA und Deutschland haben sich nur etwa verdoppelt“, sagt der Afrika-Experte der Wirtschaftskammer, Rudolf Thaler. „Sie liegen unter 30 Milliarden Euro.“ Österreichs Exporte betragen 1,7 Mrd. Euro.
Milliarden-Investments
Auch Geld fließt in großem Maße von China nach Afrika, dessen Mittelschicht beständig wächst. Die kommunistische Führung investiert massiv in Infrastrukturprojekte wie Bahnlinien, Fernstraßen und Überlandleitungen, aber auch in Agrarland und Rohstoffgewinnung.
Mit der Verlagerung von Produktionsstätten nach Afrika, etwa in der Textilbranche, wird den steigenden Lohnkosten in China begegnet.
Migration eindämmen
Im Gegensatz zu Europa verknüpft China seine Investitionen nicht mit Bedingungen in Sachen Menschenrechte oder Reformen, was viele Staaten goutieren.
Als Nachteil gilt allerdings, dass China nur den eigenen Vorteil im Blick hat: 60 Prozent der von Peking geschaffenen Arbeitsplätze sind mit Chinesen besetzt; die Wertschöpfung produzierter Güter wird fast ausschließlich in China erzielt.
"Perspektiven abseits von Migration"
Mit Blick auf die Migration will nun Europa die Kooperation verstärken. „Wachstum in Afrika gibt jungen Menschen Perspektiven abseits von Migration“, fasst Bundeskanzler Sebastian Kurz die Motivation zusammen.
Bis die angestrebte Zusammenarbeit auf Augenhöhe erreicht ist, muss sich aber noch viel ändern. Besonders in der Handelspolitik, die laut Kritikern immer noch vom Kolonialismus geprägt ist.
2020 läuft das Cotonou-Abkommen aus, das die Zusammenarbeit zwischen afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten und Europa in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Entwicklung regelt.
Experten kritisieren, das Abkommen habe die Ungleichheit noch verstärkt. So könnten europäische Unternehmen ihre EU-geförderten Produkte zollfrei nach Afrika exportieren, was dortige Märkte zum Zusammenbruch bringe. Beispiele sind billiges Geflügelfleisch oder massenhaft exportierte gebrauchte Kleidung.
Afrikanische Staaten hätten zwar auch das Recht, zollfrei in die EU zu liefern, scheiterten aber meist an strengen Qualitätsvorschriften. Abgesehen von Rohstoffen hätten viele Länder daher wenig zu bieten, weshalb es wichtig sei, die verarbeitende Industrie in Afrika massiv zu fördern.
Asymmetrie
Bei der Cotonou-Nachfolge verhandelt die EU allerdings mit einzelnen Staaten und nicht – wie früher – mit der gesamten Afrikanischen Union, wie der Afrika-Repräsentant im Internationalen Gewerkschaftsbund, Joel Odigie, dem KURIER berichtete. Das drohe die Asymmetrie noch mehr zu verstärken.
EU-Afrika-Forum in Wien
Diesen Montag und Dienstag treffen sich Vertreter Dutzender europäischer und afrikanischer Länder sowie 800 Unternehmen in Wien. Im Rahmen des Forums „Innovation und Digitalisierung“ soll besprochen werden, wie Afrika und EU wirtschaftlich besser kooperieren können.
Bundeskanzler und EU-Vorsitzender Sebastian Kurz fungiert mit dem Vorsitzenden der Afrikanischen Union, Ruandas autoritärem Machthaber Paul Kagame, als Gastgeber.
Kritik kommt von SPÖ und Grünen. Das Treffen diene nur dazu, die Ausbeutung Afrikas und die Abschottung der EU voranzutreiben.
Mitarbeit: Hermann Sileitsch-Parzer
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