Amtsenthebung: Trump droht massiver Rückschlag
Es ist ein Tauziehen um jede Stimme - und, wie es derzeit aussieht, machen die Demokraten Meter um Meter. Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump geht es in diesen Stunden ausschließlich um eine entscheidende Frage: Kommt Kronzeuge John Bolton oder nicht?
Der von Trump vor wenigen Monaten brutal gefeuerte Nationale Sicherheitsberater hat schwere Munition gegen seinen Ex-Chef im Gepäck. Das legen zumindest die ersten Auszüge in seinem demnächst veröffentlichten Buch über Trump nahe. Darin beweist Bolton, wie Trump in der Ukraine-Affäre höchstpersönlich Druck auf Kiew machte: Entweder die dortige Regierung liefere Beweise gegen seinen möglichen demokratischen Herausforderer Joe Biden und dessen Sohn Hunter, oder die US-Militärhilfe für die Ukraine werde nicht ausbezahlt.
Blockade bröckelt
Bolton selbst ist bereit, unter Eid vor dem Senat im Amtsenthebungs-Verfahren auszusagen. Kommt es dazu, könnte es für den Präsidenten tatsächlich gefährlich werden. Entsprechend verzweifelte versuchte der Republikaner-Chef im Senat, Mitch McConnell, den Auftritt mit allen Mitteln zu verhindern. Mit wenig Erfolg, wie McConnell laut US-Medien zugeben musste. Er habe nicht genügend Stimmen für eine Blockade beisammen.
Dies räumte McConnell laut diesen Berichten in einer Fraktionssitzung hinter verschlossenen Türen ein. Die oppositionellen Demokraten drängen seit Wochen auf die Anhörung mehrerer Zeugen in dem sogenannten Impeachment-Verfahren. Besonders interessiert sind sie an einer Vernehmung John Boltons.
Die Republikaner verfügen im Senat über eine Mehrheit von 53 der 100 Sitze. Um die Zeugenanhörungen durchzusetzen, müssten also nur vier Republikaner mit den Demokraten stimmen.
Die republikanischen Senatoren Mitt Romney und Susan Collins hatten am Montag erklärt, dass es inzwischen starke Argumente für die Vorladung von Zeugen gäbe, die wohl auch andere Republikaner überzeugten.
Die republikanische Front gegen Zeugenvorladungen war zuletzt durch Enthüllungen über angebliche brisante Aussagen Boltons ins Bröckeln geraten. Laut "New York Times" bestätigt Bolton in einem Buchmanuskript den zentralen Vorwurf, der Präsident habe das Zurückhalten einer Militärhilfe für die Ukraine als Druckmittel eingesetzt, um Kiew zu Korruptionsermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden und dessen Sohn zu bewegen. Biden könnte Trumps Herausforderer bei der Wahl im November werden.
Der Zeitung zufolge berichtet Bolton in dem Buch, dass Trump ihm im vergangenen August gesagt habe, die Militärhilfe von 391 Millionen Dollar (354 Millionen Euro) solle eingefroren bleiben, bis Kiew ihm mit Ermittlungen gegen die Bidens helfe. Die Verteidigung Trumps führt bisher ins Feld, dass der Präsident die Ukraine mit dem Einfrieren der Militärhilfe nur generell zu einem verstärkten Kampf gegen die Korruption habe bewegen wollen.
Die Demokraten wollen auch den Stabschef im Weißen Haus, Mick Mulvaney, vernehmen. Sie werfen Trump in dem Amtsenthebungsverfahren vor, mit dem Drängen auf Ermittlungen gegen Biden und dessen früher für eine ukrainische Gasfirma tätigen Sohn das Präsidentenamt zu seinem persönlichen politischen Vorteil missbraucht zu haben.
Unabhängig von der Frage der Zeugenbefragungen gilt eine Amtsenthebung Trumps wegen der republikanischen Senatsmehrheit als so gut wie ausgeschlossen. Die Hürde für eine Absetzung des Präsidenten ist sehr hoch - benötigt wird eine Zweidrittelmehrheit in der Kongresskammer. Mindestens 20 Republikaner müssten also zusammen mit den Demokraten stimmen, damit Trump aus dem Amt entfernt wird.
Trumps Verteidiger schlossen am Dienstag ihre dreitägigen Plädoyers ab. Sie argumentierten, die Demokraten hätten das Impeachment nur begonnen, weil sie seine Politik ablehnten, nicht weil es dafür juristisch stichhaltige Gründe gäbe. Wenn dies zum neuen Standard für die Amtsenthebung eines US-Präsidenten werden sollte, wären alle künftigen Staatschefs "schon vor dem Ableisten des Amtseids gelähmt", sagte Trumps führender Anwalt Jay Sekulow in seinem Abschlussplädoyer. "Die Schwelle für eine Amtsenthebung kann nicht so niedrig angesetzt werden", sagte er. Die Senatoren müssten die Anklagepunkte zurückweisen, forderte Sekulow. "Das erfordert die Verfassung, und die Gerechtigkeit verlangt es", sagte er.
Der führende Ankläger der Demokraten, Adam Schiff, wies die Argumentation von Trumps Verteidigern zurück. "Trumps Anwälte können ihn nicht, und haben ihn nicht, in der Sache verteidigt", erklärte Schiff. Stattdessen behaupteten sie, die Taten des Präsidenten rechtfertigten keine Amtsenthebung. "Trump ist schuldig", sagte Schiff. Nun müssten Zeugen vorgeladen werden. "Ein fairer Prozess verlangt Zeugen."
Mit dem Ende der Plädoyers geht der Impeachment-Prozess gegen Trump am Mittwoch (13.00 Uhr Ortszeit; 19.00 Uhr MEZ) in die nächste Phase: Die 100 Senatoren können über einen Zeitraum von 16 Stunden Fragen an Ankläger und Verteidiger stellen. Die Fragen müssen schriftlich eingereicht und dann vom Obersten US-Richter John Roberts verlesen werden, der das Verfahren leitet.
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