Die nächste US-Dynastie: Wie die Trumps die USA übernehmen wollen
„Acht Jahre Donald Trump – und wir werden Amerika nicht mehr wiedererkennen.“ So schrillt der Dauer-Warnton des demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten Joe Biden. Rick Wilson denkt in viel längeren Bahnen. Der gnadenloseste unter den Washingtoner Kritikern Trumps, ein Konservativer alter Prägung, sieht Amerika bis weit in die 2030er-Jahre hinein in den Händen einer Staats- und Privatgeschäfte skrupellos vermischenden Familien-Dynastie namens Trump – wenn der Amtsinhaber am 3. November eine zweite Amtszeit bekommt.
Nicht „hellste Leuchte“
Bereits 2024 könnte die Stunde eines der fünf Kinder schlagen, die Trump sen. mit drei Frauen gezeugt hat, prophezeit Wilson. Er denkt dabei gegen die landläufige Meinung nicht an „First Daughter“ Ivanka, 38, über die ihre Mutter Ivana in ihren Memoiren orakelte, dass sie sicher einmal Präsidentin werde. Denn Wilson hat republikanischen Wählern auf den Puls gefühlt, mit Insidern in konservativen Kreisen gesprochen und sieht den Erstgeborenen, Donald Trump jun., in der Pole-Position. Einen Heißsporn von 42 Jahren, über den sein Vater auf dem Höhepunkt der Russland-Affäre unter Vertrauten gesagt haben soll, „Don“ sei nicht die „hellste Leuchte“.
"Was, wenn er ein Verlierer ist?"
Anlass: Der Junior, über dessen Namensgebung Trump sen. laut Ex-Gattin Ivana Zweifel hatte („Und was, wenn er ein Verlierer ist?“), organisierte 2016 ein ziemlich törichtes Treffen mit einer Putin-nahen Anwältin, die schmutzige Infos über Hillary Clinton avisierte, die damalige demokratische Rivalen um die Präsidentschaft. Am Ende eine Luftbuchung, für die sich aber Sonder-Ermittler Robert Mueller zum Leidwesen des Staatschefs sehr interessierte. Dass Donald jun., fünffacher Vater, geschieden, liiert mit der ehemaligen Fox-News-Ansagerin Kimberley Gilfoyle, ernsthaft als Option gehandelt wird, in vier Jahren das politische Vermächtnis seines Vaters in die Nachspielzeit zu tragen, ist trotzdem keine „Fake News“.
Donald junior in Führung
Eine Umfrage ergab vor wenigen Tagen, dass bereits 29 Prozent der republikanischen Wähler tatsächlich Don jun. als denjenigen sehen, der den Staffelstab übernehmen soll, wenn der Vater der Verfassung wegen nach zwei Amtszeiten abdanken müsste. Nur Vize-Präsident Mike Pence kommt mit 40 Prozent auf noch mehr Gefolgschaft.
Große republikanische Namen wie Marco Rubio, Senator und Präsidentschaftskandidat 2016, oder Außenminister Mike Pompeo landen dagegen abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Noch hinter Ivanka Trump, von der erstaunlicherweise nur 16 Prozent meinen, sie habe die Statur, ihren größten Fan zu beerben.
Großwildjäger
Der Rückenwind für Donald jun., der als Kind, Jugendlicher und Erwachsener lange ein spannungsgeladenes Verhältnis zum Patriarchen unterhielt, kommt nicht aus heiterem Himmel. Bereits im Wahlkampf 2016 erwies sich der Hobby-Großwildjäger, der zuletzt mit der Erlegung eines seltenen Argali-Schafs in der Mongolei Stirnrunzeln auslöste, als wirksamste Waffe, um im Namen des Kandidaten Trump Arbeiterschaft und Prekariat anzusprechen.
„Habe Killer-Instinkt“
Niemand im Umfeld des Präsidenten zieht giftiger und großmäuliger gegen Demokraten und alles Linke zu Felde als Don jun.. In Ton und Gestik wirkt er mitunter wie eine 1:1-Kopie des Vaters. Wohl auch deshalb hat es sein Ende 2019 erschienenes Buch „Triggered“ schnell auf die Bestseller-Liste der New York Times geschafft. Das 300 Seiten lange Pamphlet, in dem rund 300 Mal die Formulierungen „mein Vater“ oder „mein Paps“ vorkommen, liest sich wie eine Bewerbung für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024.
Die Fans wollen einen Trump
Der Junior sagt, er habe den gleichen „Killer-Instinkt“ wie sein Erzeuger. Und die gleiche „Energie“. Und überhaupt: „Von dem Moment an, in dem die Schwestern im New York Hospital den Namen Donald John Trump jr. auf meine Geburtsurkunde gesetzt haben, kann man sagen, dass ich in die Fußstapfen meines Vaters getreten bin.“ Für Rick Wilson ein Schlüsselsatz. Weil Trump sen. bei republikanischen Wählern Zustimmungswerte im Beinahe-Bereich des Ex-DDR-Machthabers Erich Honecker genießt, sei es für Nicht-Trumpianer nahezu unmöglich, bei den Vorwahlen in vier Jahren gegen Don jr. zu bestehen – falls er antritt. Wilson: „Der Kult, der Trump (dem Älteren) nachrennt, folgt keinem anderen.“
Ivanka gegen Donald jun.
Dass sich die Wirklichkeit der Gedankenskizze annähert, zeigten jüngste Wahlkampfveranstaltungen, bei den Don jun. in einpeitschender Entertainer-Manier das Publikum für den Vater aufwärmte. In Texas schallte es aus Tausenden Kehlen zurück: „2024!“ Der Sprössling fühlte sich gebauchpinselt und gab zurück: „Lasst uns erst einmal 2020 klarmachen.“
Donald vor Ivanka
Don jun. vor Ivanka? Das ist eine innerfamiliäre Konkurrenz-Situation, die Sprengstoff birgt und dem Patriarchen gar nicht gefallen dürfte. Und das nicht, weil die übrigen Kinder (Eric Trump, Tiffany Trump und der junge Barron Trump, der aus der Ehe mit Melania Trump hervorgegangen ist) in der spekulativen Familien-Dynastie-Aufstellung keine Rolle spielen. Ebenso übrigens wie Jared Kushner, Schwiegersohn, schweigsamer Präsidentenberater und Ehemann von Ivanka Trump. Bisher hat Donald Trump an der Vorzugsbehandlung seiner Tochter nicht den leisesten Zweifel gelassen.
Er hält sie für „einzigartig“ und sah sie bereits allen Nepotismus-Vorwürfen zum Trotz als Ministerin in seinem Kabinett. Oder als US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen. Oder als Chefin der Weltbank. Bei Staatsbesuchen oder Weltwirtschaftsgipfeln gestattet er ihr gegen alle diplomatischen Konventionen die große Bühne, wo Ivanka Trump mit makellos abgezirkelten Auftritten eine Art Schatten-First-Lady geben darf.
Rustikal gegen feminin
Klar, wer ihm da vorschwebt, um den Namen Trump im Weißen Haus zu verewigen: „Wenn sie (Ivanka) für die Präsidentschaft kandidierte, wäre sie sehr schwer zu schlagen“, sagte Trump 2019. Über Don jun. ist kein auch nur annähernd vorschusslorbeeriger Satz überliefert. Aber er liegt in der Gunst der Wählerschaft, die es offenbar lieber rustikal und aggressiv mag als elitär und feminin, klar vorn.
Stephen Hess, der Experte schlechthin bei amerikanischen Familien-Dynastien (siehe links unten), schließt nicht aus, dass Donald Trump – anders als in seiner Firma – seine politische Nachfolge nicht nach eigenem Gusto bestimmen kann. Beispiele dafür gibt es ja. Im Bush-Clan galt Jeb als der intelligentere Vertreter. Ins Weiße Haus zog George Dabbelju ein.
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