Rechter Aufwind im Bayern des Markus Söder

Bavarian state elections
Die CSU bleibt wie erwartet stärkste Kraft trotz historisch schlechtem Ergebnis. Am lautesten jubeln die Rechten.

"Rechts von der CSU ist nur noch die Wand."

Mit der gestrigen Landtagswahl in Bayern ist die Devise der CSU-Ikone Franz Josef Strauß wohl endgültig nur noch Parteigeschichte: Die AfD legte am stärksten zu, holte laut ersten Prognosen 14,6 Prozent (plus 4,4); die Freien Wähler gewannen ebenfalls dazu auf 15,8 Prozent (plus 4,2) und holen den zweiten Platz.

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Die CSU – Umfragen hatten es bereits prognostiziert – kommt auf ihr schlechteste Ergebnis seit 1950: Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis holte sie 37 Prozent. Eine böse Wiederholung für Parteichef Markus Söder, der sich damit selbst unterbot: Schon 2018 holte er das bis gestern zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte der CSU (37,2 Prozent).

Die Wahlbeteiligung lag bei 73,3 Prozent.

Söder machte dennoch gute Miene: "Wir leben in ernsten Zeiten, wir sehen, wie sich Demokratie und Republik verändern. Bayern hat Stabilität gewählt, und die CSU hat diese Wahl klar gewonnen." Und weiter: "Es ging uns nie um einen Schönheitspreis, sondern um einen klaren Regierungsauftrag." Und den hätten ihn die Bayern gegeben.

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Zwar geben auch kritische Stimmen zu bedenken: Die politische Landschaft habe sich verändert, weder die Parteigrößen Stoiber noch Strauß hatten es mit zwei Parteien rechts von der CSU zu tun gehabt. Dennoch gibt das Ergebnis der CSU hinsichtlich ihrer politischen Relevant in der Zukunft zu denken. Die Geschichte der bayerischen Landesfürsten ist eine von parteiinternen Rivalitäten, und der Wind in der Partei gegenüber ihrem Vorsitzenden dreht sich schnell, wenn das Ergebnis nicht passt. Zumindest einer neuerlichen Debatte um eine mögliche Kanzler-Kandidatur Söders für die Union bei der Bundestagswahl 2025 nimmt das Ergebnis vorübergehend den Wind aus den Segeln.

"Signal" für Ampel-Parteien

Die großen Verlierer des Abends sind aber die Ampel-Parteien der Regierung in Berlin: Die Grünen rutschen mit 14,4 Prozent  (minus 3,2) ab hinter AfD und Freie Wähler; die in Bayern traditionsgemäß schwache SPD kam auf nur 8,4 Prozent (minus 1,3), ihr schlechtestes Ergebnis überhaupt.

Politikwissenschaftlerin Ursula Münch, Leiterin der Politischen Akademie in Tutzing, nannte es ein "komplettes Debakel": Die SPD komme im ländlichen Raum "überhaupt nicht mehr vor", in den Städten werde sie zwischen Grünen und CSU zerrieben.

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Grüne Katharina Schulze und Bayerns Ministerpräsident und CSU-Spitzenkandidat Markus Söder links; Katrin Ebner-Steiner, Spitzenkandidatin der AfD, und Hubert Aiwanger von den Freien Wählern rechts.

Die FDP verpasste mit nur 3,0 Prozent (minus 2,1) den Einzug in den Münchner Landtag – abermals. "Wir sollten die Signale alle miteinander in der Ampelkoalition erkennen: In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns", interpretierte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert das Ergebnis. SPD-Chef Lars Klingbeil nannte es "ein Signal" für die Ampelkoalition auf Bundesebene.

Koalition war vor Wahl schon fix

Schon früh machte Söder öffentlich, die seit 2018 bestehende Koalition zwischen Freien Wählern und CSU in Bayern weiterführen zu wollen, schloss damit eine Koalition vor allem mit den Grünen aus. "Bayern und Grüne passt so gut zusammen wie Oktoberfest und Kamillentee", so Söder am Parteitag.

Neben Bierzelt-Besuchen, Radausflügen und jeder Menge Bayern-Liebe zog die CSU im Wahlkampf eine Brandmauer nach links auf, schoss sich auf die Ampel-Regierung in Berlin ein. An seinem Vorhaben hielt Söder fest, selbst als bekannt wurde, dass Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger als Schüler ein antisemitisches Hetzblatt in der Schultasche mitführte. Im Wahlkampf nutzte das diesem mehr, als es schadete: Er positionierte sich in der Opfer-Rolle.

Im ZDF sagte Aiwanger, man wolle keine Unklarheiten aufkommen lassen, sondern innerhalb weniger Tage "klar Schiff" machen und zeigen, dass man weiter gut zusammenarbeite.

Die letzten Wochen des Wahlkampfs hatte das Migrationsthema dominiert; Söder polarisierte mit dem populistischen Ruf einer "Integrationsobergrenze". Diesen wiederholte er am Sonntag mit Verweis auf das Wahlergebnis: "Ansonsten werden rechtsextreme, nationalistische Kräfte weiter erfolgreich sein."

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser holte als Spitzenkandidatin der SPD in Hessen ein historisch schlechtes Ergebnis.

SPD und Faeser von AfD in Hessen abgehängt

Im Bundesland Hessen, wo am Sonntag ebenso gewählt wurde, dürfte das seit 2014 regierende Bündnis aus CDU und Grünen weiterregieren können.

CDU-Ministerpräsident Boris Rhein, seit eineinhalb Jahren im Amt, holte ein Plus von 7,6 Prozentpunkten und damit 34,6 Prozent.

Die SPD wiederum fuhr ein historisch schlechtes Ergebnis ein, kam auf 15,1 Prozent (minus 4,7), liegt sogar hinter der AfD (18,4 Prozent), die ein historisch hohes Ergebnis in Westdeutschland einfuhr. Besonders bitter ist das für SPD-Innenministerin Nancy Faeser: Sie war als Spitzenkandidatin angetreten, um die CDU nach 24 Jahren an der Macht aus dem Amt zu drängen. Faeser nannte das Ergebnis am Sonntagabend "sehr enttäuschend". Es dürfte wohl auch ihren Posten in Berlin gefährden, auch wenn Kanzler Olaf Scholz Faesers Wunsch, bei einer Niederlage nach Berlin zurückzukehren, bisher unterstützt hat.

Auch für die anderen Ampel-Parteien verlief die Wahl glücklos: Die Grünen verloren fünf Prozentpunkte, kamen auf 14,8. Die FDP schafft mit 5,0 Prozent (minus 2,5) denkbar knapp den Einzug in den Landtag. Auch das Ergebnis in Hessen lässt somit die Diskussionen über die Arbeit der Ampel-Regierung im Bund nicht verstummen.

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9,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger über 18 Jahre waren in Bayern aufgerufen zu wählen. Erste Prognosen schätzten die Wahlbeteiligung auf ähnlich hoch wie 2018 (72,3 Prozent).

Zuletzt holte der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer im Jahr 2013 die absolute Mehrheit für die CSU in Mandaten. 2018 übernahm Markus Söder die Partei.

München ist mit seinen rund 1,5 Millionen Einwohnern ein Spezialfall in Bayern: Im Gegensatz zu weiten Teilen des Landes sind hier die Grünen die stärkste Fraktion im Stadtrat. Sie regieren gemeinsam mit der SPD, die den Oberbürgermeister stellt.

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