Welche heiklen Entscheidungen in der EU auf Eis liegen

Welche heiklen Entscheidungen in der EU auf Eis liegen
Strafzölle gegen China, Milliarden für die Ukraine: In Brüssel sind wichtige Entscheidungen fällig - doch vor der Wahl ging keiner aus der Deckung.

Peking schickt einen Minister auf Europatour - und zugleich einen richtigen groben Brief an die EU-Kommission in Brüssel. Die Sache mit dem Handelskrieg, die solle die EU gefälligst lassen, erfuhr der zuständige Handelskommissar Valdis Dombrovskis aus dem fünfseitigen eigentlich inoffiziellen Schreiben aus Peking, das der Nachrichtenplattform "Politico" in die Finger geraten war. 

Strafzölle stehen im Raum

Der Grund für die Empörung in Peking und die diplomatischen Vermittlungsmissionen in letzter Minute: Drohende Strafzölle gegen Elektroautos aus China und voraussichtlich auch gegen dort hergestellte Batterien. Nachdem die USA gegen die Fahrzeuge mit 100 Prozent Strafzöllen aufgefahren sind, will Europa nachziehen - wenn auch weit vorsichtiger. Die EU-Kommission hat schon vor Monaten eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die feststellen soll, ob China den Preis der Autos durch überhöhte staatliche Subventionen drückt. Das Ergebnis - ein klarer Schuldspruch - soll längst auf den Tischen der Entscheidungsträger liegen. Doch die lassen sich Zeit. Erst in ein paar Tagen soll es soweit sein - nach der EU-Wahl eben.

Migration - Hände weg!

Nicht die einzige wichtige Entscheidung, oder Debatte, die in den Wochen bis zur Wahl in Brüssel liegen blieb. Und es waren wohl nicht zufällig politische heikle Schritte, die man lieber nicht setzen wollte, weder in der EU-Kommission, noch im EU-Rat der 27 Mitgliedsstaaten. Ebenfalls erst nach der Wahl beginnt eine der wahrscheinlich wichtigsten und mit Sicherheit mühsamsten Verhandlungen in der EU. Es geht um die praktische Umsetzung des Asyl- und Migrationspakets. Nach jahrelangem Tauziehen haben sich die 27 EU-Staaten auf dieses Paket an Maßnahmen verständigt und es wurde vor wenigen Wochen verabschiedet. Doch hinter der Einigung auf zumindest grundsätzlich strengere und raschere Asylverfahren verbergen sich unzählige umstrittene Details, die man vorerst einmal ausgeklammert hat.

Feilschen um Geld und Flüchtlingszahlen

 Welches Land muss wann wie viele Asylwerber übernehmen, oder welche Summe im Ausgleich bezahlen, und was kann es sich an bisherigen Leistungen im Umgang mit illegaler Migration anrechnen lassen. Fragen, die in den nächsten Monaten jedes einzelne EU-Land mit der EU-Kommission in Brüssel auszuverhandeln hat. Streit ist quasi vorprogrammiert - begleitet natürlich von den Kommentaren der EU-Gegner und Skeptiker, die an eine Reform der EU-Asylpolitik ohnehin nie glauben wollten. Dieses Futter für den EU-Wahlkampf wollte man ihnen nicht hinwerfen.

Heikles Thema Ukraine

Ebenfalls überfällig sind ein paar wichtige Entscheidungen zur Ukraine - und zwar sowohl, was die militärische Hilfe betrifft als auch die Gespräche über den zukünftigen EU-Beitritt. Die Milliarden für Waffen und Munition werden weiterhin von Ungarn blockiert, auch bei der Eröffnung der Beitrittsgespräche legt sich Budapest wie so oft quer. Verhandlungen stehen an, ähnlich heikel wie jene vor Weihnachten, als es auch im die Ukraine ging und Viktor Orban erst dann einlenkte, als ein paar lange eingefrorene Milliarden an Fördergeldern plötzlich von der EU-Kommission freigegeben wurden. Von "Bestechung", sprachen wütende EU-Parlamentarier, von regulären Prüfverfahren, die eben - ganz zufällig - dann abgeschlossen waren, als Orban zum Einlenken gebracht werden sollte.

Gemeinsame EU-Schulden? Reden wir später

Nicht nur für die Ukraine werden Milliarden gebraucht, in Brüssel werden viel größere Summen jongliert - vorerst natürlich nur theoretisch. Es geht um die riesigen Summen, die Europa in den nächsten Jahren braucht, einerseits um seine Streitkräfte aufzrüsten und für einen möglichen Krieg vorzubereiten, andererseits aber, um den klimafreundlichen Umbau der Industrie und Energieversorgung zu finanzieren. Mammutaufgaben, für die etwa Frankreichs Präsident Macron umgehend und großzügig neue Schulden aufnehmen will - und zwar gemeinsam, als EU. Deutschland, aber auch Österreich, oder den Niederlanden graut vor diesen Milliarden, die zwar in keiner staatlichen Schuldenbilanz auftauchen, aber trotzdem - so warnt man - irgendwann zurückgezahlt werden müssten. Eine Debatte, die sich nicht umgehen lässt, wohl aber eine, die sich zumindest ebenfalls verschieben ließ - bis nach den Wahlen.

 

 

 

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