Nur dreißig Minuten, nachdem Donald Trump am Samstag von einem Streifschuss am Ohr getroffen wurde, nimmt Elon Musk sein Handy in die Hand. "Ich unterstütze Präsident Trump vollends und hoffe auf seine baldige Genesung", schreibt der Multimilliardär auf seiner eigenen Social-Media-Plattform X.
Mit dem versuchten Attentat auf den Ex-Präsidenten hat Musk offenbar endgültig den Entschluss gefasst, Trump auch finanziell zum Wahlsieg verhelfen zu wollen. Rund 45 Millionen US-Dollar pro Monat will der Tesla-, PayPay- und SpaceX-Gründer fortan für Trumps Kampagne springen lassen, wie das Wall Street Journal am Dienstag berichtete.
Der Exzentriker Musk ist damit wieder einmal Vorreiter unter seinesgleichen. Er ist der erste Chef einer großen Social-Media-Plattform, der öffentlich einen US-Präsidentschaftskandidaten im Wahlkampf unterstützt. Und das, obwohl er sich jahrelang für die Demokraten ausgesprochen hatte.
Die Entwicklung ist nur logisch - sie ist das Ergebnis eines stetigen politischen Wandels, den der gebürtige Südafrikaner in den letzten vier Jahren durchmacht. Und der gerade deshalb so interessant zu rekonstruieren ist, weil Musk fast jeden seiner Gedanken mit der Öffentlichkeit teilt.
Unterstützung für Hillary Clinton, Andrew Yang und Kanye West
Als Trump 2016 zum ersten Mal für das Amt des Präsidenten kandidierte, gab Musk in einem TV-Interview noch an, er werde für Hillary Clinton stimmen, weil ihre umwelt- und wirtschaftspolitischen Ideen "die richtigen" seien. Trump habe dagegen "eine Art von Charakter, die nicht gut auf die Vereinigten Staaten zurückfallen würde".
Auch vier Jahre Trump-Präsidentschaft änderten Musks Meinung offenbar nicht. Im Vorwahlkampf der Demokraten unterstützte er 2020 zunächst den Tech-Milliardär Andrew Yang und erklärte, vor allem dessen Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens habe ihn überzeugt.
Als sich jedoch abzeichnete, dass Yang sich nicht durchsetzen würde, wechselte Musk vorübergehend die Seiten und spendete für die Kampagne des Rappers Kanye West, der in den Vorwahlkampf der Republikaner eingestiegen war. Als auch der im parteiinternen Rennen gegen Trump scheiterte, erklärte Musk letztlich doch noch seine Unterstützung für Joe Biden.
Konflikte mit seiner transsexuellen Tochter
Die darauffolgenden zwei Jahre sind es, in denen Musk die größte politische Wandlung durchmachte, und sich zunehmend von den Demokraten entfremdete. Auch private Konflikte fallen in diesen Zeitraum: Anfang 2022 lässt sein ältestes Kind vor einem kalifornischen Gericht sein Geschlecht ändern und lebt nun als Transfrau unter neuem Namen, um nicht weiter mit ihrem "biologischen Vater in Verbindung gebracht zu werden".
Musk, der daneben noch mindestens zehn weitere Kinder hat, führt das in einem Interview auf die Indoktrinierung seiner transsexuellen Tochter durch "woke Neo-Marxisten" zurück. Es ist der Anfang eines bis heute andauernden Feldzugs gegen die gesellschaftspolitische Linke und LGBTQI-Bewegung in den USA.
Demokraten "haben sich zu einer Partei des Hasses gewandelt"
Zu diesem Zeitpunkt steckt der Multimilliardär gerade mitten in Verhandlungen über den Kauf der Social-Media-Plattform Twitter, weil diese Trumps Profil im Anschluss an den Sturm auf das Kapitol 2021 wegen wiederholter Behauptungen, die Präsidentschaftswahl 2020 sei "gestohlen" worden, gesperrt hatte. Musk sah darin einen Einschnitt der Meinungsfreiheit.
Nachdem er monatelang öffentlich für die versuchte Übernahme von prominenten Demokraten wie Bernie Sanders oder Alexandria Ocasio-Cortez für die versuchte Übernahme kritisiert wurde, brach Musk öffentlich mit der Partei:
"In der Vergangenheit habe ich demokratisch gewählt, weil sie (meistens) die Partei der Freundlichkeit waren", schrieb Musk im Mai 2022 - natürlich - auf Twitter. "Aber sie haben sich zu einer Partei der Spaltung und des Hasses gewandelt, also kann ich sie nicht länger unterstützen und werde republikanisch wählen. Jetzt seht zu, wie sich ihre Schmutzkübelkampagnen gegen mich entfalten werden ..."
Mithilfe eines deutlich überhöhten Angebots erzwang er letztlich den Twitter-Kauf für 44 Milliarden US-Dollar, benannte die Plattform in X um, entließ auf einen Streich die Hälfte der Belegschaft und hob fast alle Zensur-Regeln auf. Als neuer Vorstandsvorsitzender teilt er seither seine Meinung zu gesellschaftlichen und politischen Themen freier und erratischer denn je.
Elon Musk hat Ideen für Taiwan und die Ukraine
Unter anderem sprach er sich für eine Wiedervereinigung Taiwans mit China aus sowie für einen "Friedensplan" für die Ukraine, der es Russland gestatten würde, besetzte Gebiete zu behalten, während die Ukraine sich verpflichten müsste, niemals der NATO beizutreten. Innenpolitisch kritisiert Musk Präsident Biden und dessen Regierung regelmäßig und legt sich laufend mit linken Politikern an, die er als "woke" bezeichnet.
Auch wenn er damit in dieselben Kerben schlägt wie Donald Trump, setzte Musk bei den Republikaner-Vorwahlen trotzdem erneut auf andere Kandidaten: Zuerst unterstützt er den Unternehmer Vivek Ramaswamy, bis dieser seine Kandidatur zurückzieht. Dann spendet Musk für die Kandidatur des rechten Gouverneurs von Florida, Ron DeSantis.
Erst am Samstag, unmittelbar nach dem versuchten Attentat auf Trump, schwenket Musk um und unterstützte den Ex-Präsidenten erstmals öffentlich. Zwei Tage später fließen die ersten Millionen.
Musk hat als Twitter-CEO mehr Macht als andere Superreiche
Der gebürtige Südafrikaner reiht sich damit in eine Reihe von Silicon-Valley-Milliardären ein, die Trump und dessen engsten Kreis finanziell unterstützen. Der Deutsche Peter Thiel, für den Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz seit 2022 tätig ist, tritt etwa als Großspender für J. D. Vance auf, den Trump erst am Montagabend zu seinem Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten erhoben hatte.
Im Vergleich zu anderen Superreichen ist Musks unmittelbarer Einfluss auf die US-Politik aber ungleich größer. Von den fast 400 Millionen Nutzern auf X folgt ihm fast die Hälfte persönlich. Weil er den Algorithmus so ändern ließ, dass seine eigenen Inhalte öfter auf der Startseite vorgeschlagen werden, erreicht er auch den Rest regelmäßig mit seinen politischen Äußerungen.
Seit dem versuchten Attentat auf Trump am Samstag verlor sich Elon Musk in mehr als 100 Postings in Verschwörungstheorien - etwa, dass der Secret Service an Qualität eingebüßt habe, weil bei Bewerbungen "nur noch nach ethnischer Diversität" vorgegangen werde. Auch sein Kampf gegen "die politische Linke" geht ungezügelt weiter.
So kündigte er am Mittwoch an, das Hauptquartier von X sowie seines Raumfahrtkonzerns Space X von Kalifornien nach Texas verlegen zu wollen. In Kalifornien gilt nämlich demnächst ein Gesetz, laut dem Eltern von Schulen nicht mehr über die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität ihrer Kinder informiert werden müssen, wenn diese das nicht wollen.
Das sei "der letzte Strohhalm" gewesen, tobte Musk. In einem anderen Posting spricht er davon, die kalifornische Regierung würde Familien "ihre Kinder wegnehmen". Es fällt nicht schwer, sich auszumalen, woher dieser jüngste Ausbruch rührt.
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