In einer Stellungnahme des deutschen Außenministeriums heißt es etwa: „Pressefreiheit darf nicht nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden.“ Es sei „total in Ordnung“, ihn den ganzen Tag über zu kritisieren, wehrte sich Musk noch am Freitag, doch „das Doxxing (die Veröffentlichung von persönlichen Daten, Anm.) meines Standorts in Echtzeit und die damit einhergehende Gefährdung meiner Familie sind es nicht“.
Um welche Redefreiheit geht es Musk?
Für Markus Beckedahl, Gründer der deutschen Online-Plattform Netzpolitik.org, ist der Fall ein Paradebeispiel dafür, „dass es eine sehr schlechte Idee ist, wenn eine Einzelperson entscheiden kann, wie auf einer derart relevanten Plattform kommuniziert wird“.
Musk habe Twitter laut eigener Aussage in erster Linie übernommen, um dort die größtmögliche Redefreiheit zu gewährleisten. „In sehr vielen Aktionen wird aber klar, dass es ihm dabei um seine eigenen Interessen geht, nicht um jene der Öffentlichkeit“, sagt Beckedahl im KURIER-Gespräch.
Wer eine solch relevante Kommunikationsplattform wie Twitter betreibt – laut Beckedahl trotz ihrer vergleichsweise geringen Nutzerzahl „die mit Abstand relevanteste für das politisch-mediale Ökosystem“ – habe grundsätzlich viel zu viel Einfluss auf den öffentlichen Diskurs. „Weil man im Hintergrund immer mit den Regeln, die man auf der Plattform setzt, bestimmen kann, wie sich dort die Realität abbildet und wie wir überhaupt miteinander kommunizieren können.“
Auch Tiktok greift aktiv ein
Dass solche Regeln in sozialen Netzwerken meist gesetzt werden, um den Interessen der Inhaber zu dienen, ist kein Twitter-exklusives Phänomen.
Dem chinesischen Konzern ByteDance, Betreiber der aktuell am schnellsten wachsenden Plattform Tiktok, wird schon seit Jahren vorgeworfen, Kritik an der chinesischen Regierung mithilfe des Algorithmus bewusst kleinzuhalten. Auch beim KURIER-Auftritt auf Tiktok machen sich entsprechende Reichweiten-Einbrüche bei der Berichterstattung über China bemerkbar.
Um soziale Medien stärker zu demokratisieren, bedürfe es rechtlicher Grundlagen, sagt Beckedahl. Auf EU-Ebene sei in diesem Jahr ein entsprechendes Gesetz verabschiedet worden, bis es wirke und nötiges Personal eingestellt wurde, dauert es aber noch – laut Beckedahl zu lange: „Bis dahin kann Elon Musk Twitter nach seinen Vorstellungen umbauen und Öffentlichkeiten weltweit massiv beeinflussen.“
Das tut der wahrscheinlich reichste Mann der Welt auch in Form von öffentlich ausgetragenen Streitereien. Auf den Vorwurf der demokratischen Kongressabgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez, er solle mit dem „Proto-Faschismus“ aufhören, antwortete Musk am Freitag: „Du zuerst, lol“.
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