Sie sind zusammen mehr als 350 Milliarden US-Dollar schwer, zählen zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt – und können einander nicht riechen. Die Tech-Multimilliardäre Elon Musk (u. a. Tesla, PayPal, Twitter) und Mark Zuckerberg (Meta) tragen ihren Zwist seit Wochen in aller Öffentlichkeit aus, überlegten zuletzt sogar, in einem Käfig mit Fäusten gegeneinander anzutreten.
Beiden wird ein gewaltiges Ego nachgesagt, doch der Konflikt ist auch einer um wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einfluss, Kontrolle über Teile des Internets – und eine Menge Geld.
Seit Musk im vergangenen Oktober den Kurznachrichtendienst Twitter kaufte und sofort die Hälfte der Belegschaft entließ, stolpert der Konzern von Krise zu Krise. Zuckerbergs Social-Media-Imperium Meta witterte seine Chance und setzte zum K.O.-Schlag an: Unter dem Namen Threads veröffentlichte die Firma am Mittwoch einen Twitter-Klon, der die bis jetzt ernsthafteste Bedrohung für Musks Konzern darstellt.
Threads ist in einer starken Position
Während andere Kurznachrichtendienste wie Mastodon oder Bluesky, die neue Plattform des ehemaligen Twitter-Chefs und -Gründers Jack Dorsey, sich eine komplett neue Nutzerbasis aufbauen müssen, profitiert Threads von Metas bestehendem Netzwerk: Es ist an die populäre Foto- und Video-App Instagram angebunden.
Die mehr als eine Milliarde Instagram-Nutzer können ihr Profil somit unkompliziert auf Threads übertragen. Es ist einer der Gründe, warum die neue App in den ersten zwei Tagen bereits mehr als 55 Millionen Neuanmeldungen verzeichnen konnte.
Herausforderer
Threads ist eine von vielen Twitter-Alternativen. Wegen der Ressourcen des Meta-Konzerns, zu dem auch Facebook und Instagram gehören, gilt sie aber als die bisher aussichtsreichste.
Nicht in der EU
Wegen offener rechtlicher Fragen gibt es die App in der EU noch nicht. Wann sie an den Start geht, ist unklar.
30 Millionen
So viele Nutzer konnte die App innerhalb von nur 24 Stunden für sich gewinnen.
Musk klagt, weil Threads ehemalige Twitter-Mitarbeiter einstellte
Weniger als 24 Stunden nach dem Start erreichte Meta bereits eine Unterlassungsklage von Musks Anwälten. Das Unternehmen habe etliche der erst vor kurzem entlassenen Twitter-Mitarbeiter eingestellt, um mit deren Wissen eine „Nachahmung“ zu entwickeln.
Als Musk vor etwa acht Monaten Twitter übernahm und die halbe Belegschaft entließ, sagte er noch, dass „ihr immenses Talent zweifellos anderswo von großem Nutzen sein wird“. Metas Kommunikationschef Andy Stone schrieb währenddessen in einem Threads-Post, dass „niemand im Threads-Engineering-Team ein ehemaliger Twitter-Mitarbeiter ist – das gibt es einfach nicht“.
Große Probleme hat Twitter aktuell damit, dass das Netzwerk als Trainingsdatenbank für Künstliche Intelligenz genutzt wird. Das ist zumindest die offizielle Erklärung von Musk, mit er der die Zahl der täglich lesbaren Beiträge beschränkte: 10.000 für zahlende Nutzer und 1.000 für nicht zahlende.
Allerdings lief kürzlich auch ein Vertrag zwischen Twitter und dem Tech-Riesen Google aus, dessen Server die Hauptlast des Datenverkehrs auf dem Netzwerk trugen. Twitter fehlt es also möglicherweise an Serverkapazität – und an der Bereitschaft, dafür zu zahlen.
Einsparungen
Musk hat die Belegschaft stark verkleinert. Von ehemals 7.500 Angestellten sind noch etwa 1.300 übrig. Die Kürzungen betrafen auch die Moderation. Seitdem hagelt es Kritik, weil Twitter nun mehr Hassrede zulasse.
Profitabilität
ist das oberste Ziel seit Musks Übernahme. Wer sein Profil verifizieren möchte, muss seither acht Euro pro Monat zahlen.
368 Millionen Nutzer
waren 2022 monatlich auf Twitter aktiv.
Geld und Server sind für Threads kein Problem. Zuckerbergs Meta-Konzern, der auch Facebook und Instagram betreibt, verfügt über die Infrastruktur und Finanzreserven, um die App lange zu betreiben.
Feindschaft geht schon viele Jahre zurück - und entfachte an einem Satelliten-Absturz
Der Konflikt der beiden Milliardäre schaukelte sich über Jahre hoch, immer öfter kritisierten die beiden einander. 2016 explodierte eine Rakete von Musks Raumfahrt-Konzern SpaceX und zerstörte dabei einen Facebook-Satelliten. Zuckerberg zeigte sich damals „zutiefst enttäuscht“.
Ein Jahr später kritisierte Zuckerberg den gebürtigen Südafrikaner wegen dessen dystopischer Vorstellungen von Künstlicher Intelligenz: „Ich bin sehr optimistisch, was KI angeht. Diese Neinsager und ihre Untergangsszenarien verstehe ich nicht. Es ist sehr negativ und in manchen Fällen auch ziemlich verantwortungslos.“ Daraufhin unterstellte Musk seinem Kontrahenten ein „beschränktes Verständnis von KI“.
Es sollte eine App für öffentlichen Diskurs mit mehr als einer Milliarde Nutzer geben. Twitter hat seine Chance verpasst.
von Mark Zuckerberg
Facebook-Gründer
Im Zuge des Cambridge-Analytica-Skandals um Datenmissbrauch bei Facebook machte Musk 2018 ein Spektakel daraus, alle Facebook-Profile seiner Firmen zu löschen. Er ließ es sich dabei auch nicht nehmen, zu erwähnen, dass Facebook Profile sowieso „lame“ aussehen würden.
Ich bin mir sicher, die Welt kann es kaum erwarten, ausschließlich unter Zuck’s Fuchtel zu sein.
von Elon Musk
Twitter-Chef
Seitdem stichelte hauptsächlich Musk regelmäßig gegen Zuckerberg und vor allem gegen Facebook. Häufig ruft er dazu auf, das soziale Netzwerk zu löschen. 2021 brachte er Facebook mit dem Sturm auf das Kapitol in Washington in Verbindung.
Aber seit Meta seinen Twitter-Konkurrenten angekündigt hat, sind die Spannungen noch gewachsen. Ende Juni kam der Vorschlag von Musk, die Differenzen im Ring zu lösen. Zuckerberg akzeptierte.
Letztendlich ist der wichtigste Schauplatz des Konflikts jedoch der Social-Media-Markt. Musks Twitter-Konzern wird das Ruder schnell herumreißen müssen, bevor Zuckerbergs Threads vorbei segelt.
(kurier.at, jar)
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Aktualisiert am 07.07.2023, 22:15
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