Mister Clinton reitet scharfe Attacken gegen Sanders

Bill Clinton: Im Holzfällerhemd ging es zur Sache
Bill Clinton steigt im Kampf um New Hampshire erstmals richtig für seine Ehefrau Hillary in den Ring.

Der Dienstag könnte für Hillary Clinton einen ersten empfindlichen Rückschlag im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur bringen. Ihr Kontrahent bei den Demokraten, Bernie Sanders, liegt in Umfragen für die Vorwahlen im US-Bundesstaat New Hampshire weit vorne. Nach einem knappen Sieg mit hauchdünnem Vorsprung in Iowa scheint die Nervosität im Lager der Ex-Außenministerin zu steigen. Ihr Ehemann, Ex-Präsident Bill Clinton, warf sich nun erstmals mit vollem Gewicht in die Wahlschlacht.

Zu Beginn seiner Kampagnenrede am Sonntag in Milford, New Hampshire, hob Clinton noch in sachlichem Ton die Vorzüge seiner Ehefrau hervor. Doch nach diesem Aufwärmen ritt der 69-Jährige eine Attacke nach der anderen auf Widersacher Sanders.

"Heuchlerisch und unehrlich"

"Wenn du eine Revolution starten willst, kannst du gar nicht vorsichtig genug mit den Fakten sein", nahm Clinton klar auf Sanders Bezug, der immer wieder von einer politischen Revolution spricht. Vor mehreren hundert Unterstützern in einer High School beschrieb er den 74-Jährigen weiters als heuchlerisch, hermetisch abgeriegelt und unehrlich.

Mister Clinton reitet scharfe Attacken gegen Sanders
MILFORD, NH - FEBRUARY 07: Former U.S. President Bill Clinton campaigns for his wife, Democratic presidential candidate Hillary Clinton, during a campaign event at Milford Junior High School February 7, 2016 in Milford, New Hampshire. New Hampshire holds the "first in the nation" primary on February 9. Win McNamee/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++
Knapp eine Stunde ließ sich der möglicherweise erste "First Husband" der USA über Sanders und dessen Unterstützer aus. Diese würden eine frauenfeindliche Sprache einsetzen, um Hillary Clinton schlecht zu machen. Eine Bloggerin, die Hillary im Internet verteidigte, wäre "von abscheulichen Troll-Attacken" betroffen gewesen, "die zu ordinär und sexistisch sind, um sie wiederzugeben", meinte Mr. Clinton. Er sprach auch einen Vorfall aus dem Vorjahr an, in dem Sanders-Mitarbeiter auf Wählerdaten der Hillary-Kampagne zugegriffen hätten. Clintons Vergleich: Als ob man ein Auto mit angestecktem Zündschlüssel stehlen würde.

Sanders sieht überall "Werkzeuge des Establishments"

Indirekt machte sich Clinton auch über Sanders' betont linke Positionierung lustig und imitierte dessen Wahlkampfreden: "'Jeder, der nicht meiner Meinung ist, ist ein Werkzeug des Establishments.'"

Inhaltlich kritisierte er vor allem Sanders' gesundheitspolitische Pläne. Diese seien voreilig präsentiert worden, und der Senator von Vermont habe im Grunde bereits selbst einen Rückzieher gemacht. Clinton fragt rhetorisch: "Ist das gut für Amerika? Ich denke nicht. Ist das gut für New Hampshire? Ich denke nicht. Das New Hampshire, das ich kannte, hätte nicht dafür gestimmt, wenn ich so etwas präsentiert hätte."

Clintons gute Erfahrungen mit New Hampshire

Bill Clinton bezog sich hier bewusst auf die Vergangenheit, holte er doch 1992 im Rennen um seine eigene Präsidentschaftskandidatur in New Hampshire wichtige Punkte. Obwohl er nur Zweiter wurde, nannte er sich selbst danach "Comeback Kid" (siehe Video unten). In der Präsidentschaftswahl setzte er sich in dem nördlichen Bundesstaat dann knapp gegen George Bush sen. durch. Die Demokraten schneiden seitdem traditionell positiv in New Hampshire ab.

Auch 2008 griff Clinton mit harten Worten ein, um seine Ehefrau bei ihrer ersten Bewerbung um eine Kandidatur zu unterstützen damals ging es gegen Barack Obama. Hillary Clinton gelang damals ein Comeback-Sieg, wiewohl sie letztlich an Obama scheiterte.

Wenn Bernie Sanders spricht, kann er sich so richtig in ein Thema reinsteigern. Der 74-Jährige fuchtelt dann wild mit den Armen, seine Stimme wird laut, sie ist ohnehin schon ziemlich kehlig und markant, der Kopf läuft rot an. Der weißhaarige Senator aus Vermont wirkt in solchen Momenten durchaus so, als meine er es ernst.

Sanders begeistert viele Menschen mit der Aussicht auf etwas anderes, so wie Barack Obama 2008 viele Menschen mit der Aussicht auf Wandel begeisterte, auf "change".

Spricht junge Wähler an

Vor allem junge Menschen mögen ihn, teilen seine Positionen, sehen sich seiner fundamentalen Systemkritik näher als der Haltung Hillary Clintons. Der Schauspieler Danny DeVito unterstützt ihn, Rapper machen für ihn Wahlkampf. Das Magazin "Rolling Stone" nannte ihn einen "grantigen Sozialisten", das war liebenswürdig gemeint.

Es gibt alte Fotos, auf denen Sanders ein bisschen so aussieht wie Woody Allen. Es gibt ein Folk-Album aus den 80ern, auf dem er statt zu singen die Liedtexte von Klassikern wie "We Shall Overcome" spricht.

Sanders gilt vielen als ein sehr europäischer Bewerber. Er selbst wird nicht müde, sich als demokratischen Sozialisten zu bezeichnen. Und er verspricht nicht weniger als eine politische Revolution. Die sechs größten Banken des Landes will er zerschlagen, eine staatliche Krankenversicherung schaffen, die Studiengebühren an öffentlichen Hochschulen und Universitäten abschaffen. Nur wie er das alles bezahlen will, das lässt er weitgehend offen.

Sanders stammt aus Brooklyn, was man noch deutlich an seinem breiten New Yorker Dialekt hört. Der Vater war ein jüdischer Einwanderer aus Polen, er verkaufte Farbe, die Verhältnisse der Familie waren bescheiden. "Weil das Geld fehlte, gab es Schwierigkeiten in meiner Familie, meine Eltern haben deswegen gestritten", erklärte er einmal. "Das ist etwas, was ich niemals vergessen habe. Und heute gibt es viele Millionen von Familien, denen es genauso geht." Mit seiner Frau Jane hat er vier Kinder und sieben Enkelkinder.

Seine parteiinterne Konkurrentin Hillary Clinton ging ihn lange nicht hart an. Vielleicht hat sie ihn unterschätzt, das schrieb nicht nur die "New York Times". Sie machte dann aber doch einen wunden Punkt aus: Sanders ist Senator von Vermont, einem Staat mit vielen Waffenbesitzern. Er hat zwei Mal für ein Gesetz gestimmt, das Waffenverkäufer vor Klagen schützt. Seine Begründung: Es verhindere, dass die Besitzer von kleinen Waffengeschäften zur Rechenschaft gezogen würden, wenn jemand mit einer Waffe eine Straftat begehe, die sie legal verkauft hätten. Das Thema Waffen ist auch bei den Demokraten hoch emotional besetzt, und es könnte Sanders noch Schwierigkeiten bereiten.

(APA/dpa)

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