Schlappe für Trump: Cruz gewinnt Vorwahl in Iowa

Donald Trump hat den Anschein der Unbesiegbarkeit verloren.
Der erzkonservative republikanische Senator aus Texas verwies "The Donald" auf den zweiten Platz. Bei den Demokraten hat Clinton nur einen hauchdünnen Vorsprung auf Sanders.

„Massiver Denkzettel für Donald Trump“ „Zittersieg für Hillary Clinton“ Die Schlagzeilen nach dem Auftakt des Vorwahl-Marathons in Iowa sind heute Schnee von gestern. Die Karawane aus Kandidaten und Medien hat bereits in New Hampshire die Zelte aufgeschlagen. Dort wird am 9. Februar abgestimmt. Was bleibt von Iowa? Was wirkt über den Tag hinaus?

Mit 27,7 Prozent der Stimmen haben die erzkonservativen Wähler im Bauern-Bundesstaat des Mittleren Westens den ebenso radikalen wie bibelfesten Texas-Senator Ted Cruz beim traditionellen „caucus“ zu ihrem Liebling erkoren. Trump, der seinen Anhängern großspurig einen „gewaltigen Sieg“ versprochen hatte, bekam mit nur 24,3 Prozent einen Schuss vor den Bug verpasst, den kein Demoskop in der Glaskugel sah.

Der Rückschlag war so heftig, dass Trump, der sonst vor keiner Publikumsbeschimpfung zurückschreckt, Schoßhündchen-Töne anschlug und den Menschen von Iowa verkrampft lächelnd seine Liebe versicherte. Nun muss man wissen: Niederlagen in Siege umzudeuten, ist Trumps Standard-Prozedere. So hat er es nach zwei gescheiterten Ehen gehalten wie nach Pleiten diverser Firmen seines Imperiums. Diesmal liegen die Dinge komplizierter.

Trumps Narrativ fußt – immer unter Bezug auf für ihn vorteilhafte Umfragewerte – auf dem Anschein der Unbesiegbarkeit. Nach dem ersten Reality-Check ist dieser Nimbus futsch. Der Überflieger ist hart gelandet. Trump muss nächste Woche in New Hampshire unbedingt gewinnen. Sonst kriegt er das Verlierer-Etikett angeklebt.

Dass Ted Cruz den politischen Schönheitswettbewerb im evangelikalen Iowa für sich reklamieren konnte, lag immer im Bereich des Möglichen. Als einziger Kandidat hat er alle 99 Landkreise besucht. Sein Sieg wurzelt zum großen Teil in seiner Herkunft aus einem tief religiösen Umfeld. Seine Kampfansagen gegen die Hauptstadt-Politik haben frustrierten Wählern imponiert. Dabei betreibt Cruz seit seinem Einzug in den Senat 2012 nichts als Blockade-Politik und hat es so zum unbeliebtesten Politiker auf Capitol Hill gebracht.

Hillarys Qualen in Iowa

Bei Bill Clinton sah Siegen oft mühelos aus. Seine Frau Hillary muss sich Erfolge dagegen mühsam ertrotzen – und schönreden. Dass die Ex-First-Lady und Außenministerin in Iowa den durch radikal-populäre Forderungen (etwa zur Beseitigung der sozialen Ungleichheiten) bekannt gewordenen Senator Bernie Sanders nur hauchdünn auf Abstand halten konnte (49,9 Prozent zu 49,6 Prozent, ist ein starkes Warnsignal. Nur mit Glück konnte Clinton eine Wiederholung von 2008 vermeiden. Damals unterlag sie, ebenfalls als Favoritin, in Iowa dem jungen Obama.

Schlappe für Trump: Cruz gewinnt Vorwahl in Iowa
DES MOINES, IA - FEBRUARY 01: Democratic presidential candidate former Secretary of State Hillary Clinton and Former U.S. president Bill Clinton hug during her caucus night event in the Olmsted Center at Drake University on February 1, 2016 in Des Moines, Iowa. Clinton, Sen. Bernie Sanders (I-VT) and Martin O'Malley are competing in the Iowa Democratic caucus. Win McNamee/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++
Mit Sanders hat sich ein Mann auf Augenhöhe mit der vielleicht erfahrensten „Ingenieurin der Macht“ in Washington begeben, der vor einem halben Jahr noch belächelt wurde. Heute ist der sozialdemokratisch denkende Senator aus Vermont eine feste Größe. Seine Glaubwürdigkeit rangiert weit über jener der Clintons. Er nimmt keine Spenden von Millionären an, wettert konstant gegen das „korrupte Wahlkampf-Finanzierungssystem“. Und er will den Reichen ans Portemonnaie. Mit dieser Strategie hat der 74-Jährige ausgerechnet die jungen Wähler erobert. 84 Prozent der 17- bis 29-Jährigen in Iowa stimmten für ihn. Clinton dagegen konnte nur bei älteren Wählern mit höheren Einkommen punkten.

Zu teuer, zu wenig repräsentativ, zu schlecht besucht – seit 40 Jahren zieht die Auftaktentscheidung in Iowa, bei der letztlich nur 74 von 7238 Delegierten-Stimmen für die Nominierungs-Parteitage im Sommer vergeben wurden, Kritik auf sich. Doch diesmal gab es vor vielen Wahllokalen lange Schlangen, vereinzelt gingen die Wahlzettel aus. Es hätte in Zeiten der Politiker-Verdrossenheit schlimmer kommen können.

Donald Trump ist also wieder auf der Erde aufgeschlagen. Nicht zu hart, denn ein zweiter Platz hinter Sieger Ted Cruz bei den Vorwahlen in Iowa ist für den großmäuligen Milliardär keine Katastrophe, aber doch eine ungewohnte Niederlage. Aber auch wenn er seinen Vorsprung in den Umfragen nicht in einen echten Sieg verwandeln konnte, hat der Milliardär mit dem Hang zu verbalen Ausfällen bewiesen, dass er keine reine Medienfigur ist. "The Donald" hat echte Wähler, sehr viele sogar. Und die wollen einen starken Mann. Einen, der sich nicht darum schert, wie oder was er sagt – Hauptsache, der Kandidat kommt nicht wie ein Berufspolitiker rüber.

Diese Anti-Establishment-Stimmung, die sich in den USA durch beide große Parteien zieht, bekommt auch Hillary Clinton zu spüren. Einen hauchdünnen Sieg fuhr Politsuperprofi Clinton in Iowa ein. Gerade genug, um mit einem blauen Auge, aber auch ein wenig Schwung in die nächsten Wahlrunden zu gehen. Ihr potenziell gefährlichster Gegner wächst gerade heran: Marco Rubio, der gut platzierte Dritte des republikanischen Ringens in Iowa. Wie Clinton bei den Demokraten, gilt der 44-jährige Senator aus Florida bei den Republikanern als der Kandidat des Parteiestablishments und der politischen Wählermitte. Dort, im Mittelfeld, und nicht bei Extremisten der Marke Trump oder Cruz, des verbiesterten Ultrakonservativen, wurden bisher amerikanische Präsidentenwahlen stets gewonnen.

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