Ungarn: Regierung leitete Rücknahme von Corona-Notstandsgesetz ein

Serbian President Vucic meets Hungarian PM Orban in Belgrade
Gesetzesentwurf im Parlament eingereicht - Ende des Notstands ab 20. Juni möglich.

Die Abschaffung des umstrittenen ungarischen Corona-Notstandsgesetzes ist eingeleitet. In der Nacht auf Mittwoch reichte die rechtsnationale Alleinregierung von Premier Viktor Orban den Gesetzesentwurf über die Rückgabe der Sonderbefugnisse im Parlament ein. Das meldete das Online-Portal index.hu.

Am kommenden Dienstag könnte das Parlament über das Auslaufen der Sonderbefugnisse des Regierungschefs abstimmen, erklärte Justizministerin Judit Varga per Facebook. Der Corona-Notstand könnte in Ungarn am 20. Juni enden. Damit sei Ungarn zahlreichen europäischen Ländern voraus, betonte Varga. Mit dem Ende des Notstandes würde sich zugleich die Frage stellen, welche am 11. März verabschiedeten und mit Ende des Notstandes ihre Gültigkeit verlierenden Verordnungen auf Gesetzesniveau gehoben oder in ministeriellen Verordnungen bekräftigt werden.

Laut früheren Angaben des Staatssekretärs für Parlament und Strategie, Balazs Orban, sollte es sich um zwei Gesetzesentwürfe handeln, die eingereicht würden. Zum einen um den Entwurf über die Beendigung des Corona-Notstandsgesetzes und die Abschaffung des Notstandes. Der andere Entwurf würde damit verbundene Übergangsregelungen beinhalten. Laut den Plänen könnte das Parlament innerhalb von zwei Wochen abstimmen, so dass Sonderbefugnisse und Notstand Mitte Juni auslaufen könnten, erklärte der Staatssekretär, der nicht mit dem Premier verwandt ist, laut der amtlichen Ungarischen Nachrichtenagentur (MTI).

Zu den Übergangsregelungen zählte er das Fortbestehen des Krisenstabes, der die Vorbereitung auf eine eventuelle zweite Epidemie-Welle leiten solle. Weiters sollten bis 1. Juli Familienbeihilfen, kostenfreies Parken, Steuerermäßigungen bestehen bleiben. Das Moratorium für Kreditrückzahlungen gelte bis 31. Dezember. Die Ahndung der Verbreitung von "Falschnachrichten" könne nur im Falle der Sonderbefugnis angewandt werden. Während der Tatbestand bestehen bleibe, könne auf dessen Grundlage jedoch kein Verfahren eingeleitet werden. Während des Notstandes konnten "Falschnachrichten" mit hohen Gefängnisstrafen geahndet werden.

Mit dem am 30. März verabschiedeten Notstandsgesetz hatte sich das von Orbans rechtsnationaler Regierungspartei Fidesz mit Zweidrittelmehrheit kontrollierte ungarische Parlament selbst entmachtet. Das Gesetz ermöglichte der Regierung unbegrenzt auf dem Verordnungsweg per Dekret zu regieren, die Meinungs- und Pressefreiheit einzuschränken und auch Wahlen und Volksabstimmungen auszusetzen. Kritiker hatten Orban beschuldigt, die Coronakrise zur Etablierung eines autoritären Regimes zu missbrauchen.

Dass die umstrittenen Sondervollmachten ein Ende finden, sei "zwar wichtig", betonte die SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath. "Aber die ungarische Demokratie wurde schwer beschädigt." Unklar bleibe, ob die in der Zeit des Notstandsgesetzes erlassenen Verordnungen wie zum Beispiel ein umfassendes Demonstrationsverbot oder eine Aufweichung des Datenschutzes weiter in Geltung bleiben.

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