Ukraine-Experte Masala: "Der Westen hat bis heute keine Strategie“

Ukraine-Experte Masala: "Der Westen hat bis heute keine Strategie“
Der deutsche Militärexperte Carlo Masala über Fehler des Westens, die Gefahr einer neuen Weltordnung und wieso Österreichs Neutralitätspolitik für ihn nur „Folklore“ ist.

Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat viele Experten prominent gemacht, manche kundiger, andere weniger.  Carlo Masala gehört definitiv zur ersten Kategorie: Der Militärexperte ist  einer der eloquentesten und selbstbewusstesten Kommentatoren des Kriegsgeschehens. „Rauflustig“ nannte die Süddeutsche ihn einmal – der KURIER bat den Sohn einer Österreicherin und eines Italieners mit deutschem Pass zum Interview.

KURIER: Sie haben kürzlich ein Gedankenspiel veröffentlicht: Was passiert, wenn Russland gewinnt? Sie sagen, die Welt, wie wir sie kennen, würde es nicht mehr geben. Wie wahrscheinlich ist ein solches Szenario – jetzt, wo die Unterstützung für die Ukraine immer stärker bröckelt? 

Carlo Masala: Das ist ein sehr realistisches Szenario. Es würde nicht gleich morgen eintreten, aber  in nicht allzu ferner Zukunft – Fachleute schätzen, dass Russland fünf bis acht Jahre braucht, um wieder zu vollen Kräften zu kommen. Das Signal, das damit weltweit gesendet würde, wäre fatal:  Die Wahrscheinlichkeit weiterer Angriffskriege würde exponentiell  steigen.

Sie schreiben, Europa habe verlernt, mit Kriegen zu leben. War der Westen zu Kriegsbeginn zu zögerlich? Hatte man zu viel Angst vor Putins roten Linien?

Das Problem war von Beginn an, dass der Westen keine Strategie hatte. Wir haben nur auf russisches Gebaren, auf Putins rote Linien reagiert. Wenn man eine Strategie verfolgt, heißt das aber, rote Linien nicht zu akzeptieren, sondern sie verschieben: Was ist rot, was ist rosa? Etwa, indem man sagt: Beim nächsten Angriff werden wir diese und jene Waffen liefern. Diese Taktik haben wir nur beim Einsatz von Atomwaffen verfolgt. 

 Mehr lesen: Putins Krieg im eigenen Land

Kommentare