Wagner-Chef will ukrainischer Präsident werden + Ost-Bachmut in russischer Hand

Wagner-Chef will ukrainischer Präsident werden + Ost-Bachmut in russischer Hand
Der britische Geheimdienst sieht die heftig umkämpfte Stadt unter russischer Kontrolle.

Der Osten der umkämpften ukrainischen Stadt Bachmut ist nach Einschätzung britischer Militärexperten inzwischen größtenteils unter Kontrolle der russischen Söldnertruppe Wagner.

Der Fluss Bachmutka, der durchs Stadtzentrum fließt, sei nun die Frontlinie, hieß es am Samstag in einem Bericht des britischen Verteidigungsministeriums. Der Westen hingegen werde weiterhin von der ukrainischen Armee gehalten, die wichtige Brücken zerstört habe.

Weiter heißt es in dem Bericht, ein Streifen von 200 bis 800 Metern offenen Geländes entlang des Flusses sei zu einer "Todeszone" geworden, die von den ukrainischen Verteidigern aus befestigten Gebäuden beschossen werden. Das mache es "sehr herausfordernd für die Wagner-Kräfte, ihren Frontalangriff nach Westen fortzusetzen".

Prigoschin: "Wir werden siegen"

Die russische Söldnertruppe Wagner braucht nach Angaben ihres Chefs Jewgeni Prigoschin pro Monat 10.000 Tonnen Munition für den Kampf um Bachmut. Prigoschin forderte in einem am Samstag veröffentlichten Video mit Nachdruck die Lieferung von Artilleriegeschossen und Patronen. Das Video zeigt ihn angeblich auf dem Dach eines Hauses der weitgehend zerstörten Stadt - etwa 1,2 Kilometer vom Verwaltungszentrum entfernt, das von ukrainischen Truppen gehalten wird. Prigoschin verkündete: "Wir werden siegen."

In dem Video waren viele zerstörte Häuser und Straßenzüge zu sehen. Der Wagner-Chef versicherte, niemand in Moskau müsse Bedenken haben, dass er politische Ambitionen hege. Deshalb sollten ihm auch ohne Vorbehalte die geforderten Mengen Munition geliefert werden. Russlands Milliardäre seien zu diesen Ausgaben auch bereit. Er bezifferte die monatlichen Kosten auf eine halbe Milliarde US-Dollar (etwa 470 Millionen Euro).
 

Wagner-Chef will Präsident werden

Prigoschin gab in dem Video zu, dass Korruption in seiner Heimat verbreitet sei. Seine eigenen korrupten Verbindungen werde er aber "mit ins Grab nehmen". Dann stellte sich der 61-Jährige für "eine wichtige Ankündigung" auf.

Unter hörbarem Gefechtsfeuer kündigte er an, nächstes Jahr bei der Präsidentenwahl zu kandidieren - allerdings nicht wie zeitweilig gemutmaßt in Russland, sondern "in der Ukraine". Er werde gegen Amtsinhaber Wolodymyr Selenskij und dessen Vorgänger Petro Poroschenko antreten. Der Wagner-Chef ist berüchtigt dafür, sich über seine Gegner lustig zu machen.

Selenskij will Stadt halten

Die Stadt im Osten der Ukraine mit einst mehr als 70.000 Einwohnern ist seit Monaten umkämpft. Heute ist sie weitgehend zerstört. Dort leben nur noch wenige Tausend Menschen.

Der ukrainische Präsidente Wolodymyr Selenskij äußerte sich einmal mehr zur Lage in Bachmut. Die Einheiten dort würden verstärkt, sagte er. Zugleich dankte Selenskij den Kämpfern für ihren „starken Einsatz“ bei der Verteidigung der ostukrainischen Stadt. Bachmut gilt aus Kiewer Sicht als Festung, um einen Durchbruch russischer Truppen tiefer in das Landesinnere zu verhindern.

Nach den massiven russischen Raketenangriffen auf die Energie-Infrastruktur der Ukraine vom Donnerstag beklagte Selenskij, dass es weiter Probleme gebe. Es gebe zwar Berichte über die Wiederherstellung der Versorgung.

Trotzdem habe etwa Charkiw noch einzelne Probleme bei den Stromlieferungen an Haushalte. Es gebe „heldenhafte Anstrengungen“ der Energiearbeiter, die Versorgung wieder herzustellen. Auch in Schytomyr sei die Lage nicht einfach.

Selenskij-Auftritt bei den Oscars

Dmytro Kuleba, der Außenminister der Ukraine, würde eine Videobotschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij bei der Oscar-Verleihung für angemessen halten.

Gegenüber der Bild am Sonntag meinte er, man würde "kein besseres Beispiel für die Heuchelei von Top-Managern und Produzenten der Filmindustrie finden", falls der deutsche Antikriegsfilm "Im Westen nichts Neues" einen Oscar erhalte, während Selenskij aber nicht zu den Oscars sprechen dürfe.

Edward Berger, Regisseur des nominierten Films "Im Westen nichts Neues", sagte zu der Debatte: "Ich habe das Gefühl, man kann das auch trennen. Und es muss jetzt nicht auf jeder Berlinale und auf jedem Festival und auf jeder Feierlichkeit Selenskij zu sehen sein. Aber er wird präsent sein, da bin ich mir sicher. Also präsent in den Köpfen der Menschen und auch in den Reden."

Ein möglicher Auftritt von Selenskij wurde öffentlich von Seiten der Veranstalter bisher nicht thematisiert. Auch auf Anfrage äußerte sich die Academy zunächst nicht.

Selenskij lobt Hilfe Norwegens

Der ukrainische Präsident lobte derweil Norwegen als besonderen europäischen Verbündeten in Sachen Militärhilfe vor der Frühjahrsoffensive gegen Russland. Oslo setze ein Beispiel mit seiner Unterstützung des Abwehrkampfes mit sieben Milliarden Dollar (6,58 Mrd Euro) in den nächsten fünf Jahren, sagte Selenskij in einer am Freitagabend verbreiteten Videobotschaft nach einem Treffen mit dem norwegischen Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram in Kiew. Andere Länder sollten sich an Norwegen ein Beispiel nehmen, sagte Selenskij weiter.

Gram sagte, Norwegen habe Achtung vor dem Verteidigungskampf der Ukraine sowie vor den Opfern. Oslo werde das Land so lange unterstützen wie nötig. Selenskij zufolge hat die Ukraine dank Norwegen ihre Luftverteidigung, Artillerie und andere Bereiche ausgebaut. Man habe Schritte besprochen, um die Verteidigungsoffensive der Ukraine im Frühjahr zum Erfolg zu machen.

So sei mit Norwegen auch die Möglichkeit einer Ausbildung für Piloten an westlichen Kampfjets besprochen worden, sagte Selenskij. Die Ukraine fordert Kampfflugzeuge als dringende Voraussetzung, um Russland zu besiegen. Bisher gibt es aber keine Kampfjet-Zusage. Russland warnt vor einer solchen Lieferung, weil dies laut Moskau eine direkte Beteiligung der Nato-Staaten am Krieg bedeute.

Das skandinavische Nato-Land Norwegen wird der Ukraine acht Leopard-2-Kampfpanzer zur Verfügung stellen. Hinzu kommen bis zu vier Begleitfahrzeuge sowie Mittel für Munition und Ersatzteile. Deutschland etwa will 14 Leopard-Kampfpanzer des Typs 2A6 an die Ukraine liefern. Norwegen hatte Anfang Februar zudem bekanntgegeben, 54 neue Leopard-Panzer vom deutschen Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann zu beschaffen mit der Option auf weitere 18.

EU und USA: Gemeinsam gegen russische Unterstützer

Die Europäische Union und die USA wollen verstärkt gegen Unterstützer des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine vorgehen. „Wir unternehmen gemeinsam neue Schritte, um weitere Akteure in Drittländern auf der ganzen Welt ins Visier zu nehmen, um die Unterstützung des russischen Krieges aus jedem Winkel der Welt zu unterbinden, in dem sie festgestellt wird“, kündigten US-Präsident Joe Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag nach einem Treffen im Weißen Haus in einer gemeinsamen Mitteilung an. Der Fokus liege darauf, die Umgehung von Sanktionen durch Russland zu verhindern, sagte von der Leyen während einer kurzen Presseerklärung vor dem Weißen Haus.

Man arbeite im Gleichschritt, um russische Einnahmen einzuschränken und gleichzeitig die Energieversorgung in Schwellen- und Entwicklungsländern sicherzustellen, hieß es in der gemeinsamen Mitteilung weiter.
Konkrete Maßnahmen wurden zunächst nicht genannt. Explizit erwähnt wurde auch nicht China. Gegen das Land erwägen sowohl die EU und als die USA Sanktionen, sollte sich bestätigen, dass das Land Russland mit Waffenlieferungen unterstützt. Gegen in China ansässige Unternehmen wurden bereits in der Vergangenheit Sanktionen verhängt.

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