Jetzt fliehen auch die Russen vor Putin

Jetzt fliehen auch die Russen vor Putin
Junge, gebildete Russen emigrieren zu Tausenden - sie fürchten sich vor einer Einberufung in die Armee und vor den massiven Repressionen.

"Ich würde gerne nach Europa, aber ich habe kein Visum. Und ich habe Angst, dass sie mich an der Grenze aufhalten und einziehen", schreibt Jurij.

Die Antworten kommen prompt. "Lösch alle Daten von deinem Handy, an der Grenze wird gefilzt", schreibt einer; der nächste: "Bis zur Grenze kannst Du ja ein großes Z aufs Auto malen."

Mehr als 100.000 Menschen helfen einander in der Telegram-Gruppe namens "Guide für den Umzug aus Russland", tauschen Ängste aus, geben Tipps. Es ist ein eher beschönigender Name für das Thema, denn alle hier wollen nur eines: So schnell wie möglich raus – raus aus Putins Russland. Die meist jungen Menschen dort treibt nicht nur die Angst vor Repressionen um – Anti-Kriegs-Proteste werden mit bis zu 15 Jahren Gefängnis geahndet, Abweichungen von der Zensur mit dem Rausschmiss von der Uni oder dem Job –, sondern auch die vor dem Krieg selbst. Seit Tagen machen Gerüchte die Runde, dass Putin das Kriegsrecht ausruft. Dann würden alle wehrfähigen Männer einberufen, selbst Ausländer. Und die Grenzen wären komplett dicht.

Keine Tickets mehr

"Wenn man in Russland ist, kann man sich nicht verstecken", sagt Kirill Martinow, Vize-Chefredakteur der Nowaja Gazeta, in einem Zoom-Gespräch des Forum für Journalismus zum KURIER. Die Zeitung ist eine der letzten noch nicht geschlossenen liberalen Medien; sie ist dem Kreml entgangen, weil sie schlicht nicht mehr über den Krieg in der Ukraine berichtet, dafür über Missstände in Russland (siehe Tweet unten - das jüngste Cover der Zeitung, das laut Titelzeile "gemäß dem Strafgesetzbuch" entstanden ist).

Viele seiner jungen Kollegen würden um ihre Zukunft, teils auch um ihr Leben fürchten, sagt er. Viele hätten sich darum schon ins Ausland abgesetzt. "Es gibt kein Gesetz mehr in Russland."

Kommentare