"Direkte Beteiligung": Kreml sieht Nato und USA als Kriegsparteien

"Direkte Beteiligung": Kreml sieht Nato und USA als Kriegsparteien
Die Entscheidung, die Ukraine mit Panzern zu unterstützen, wird von Russland als "direkte Beteiligung" am Krieg gewertet.

Die Entscheidung westlicher Länder, der Ukraine schwere Kampfpanzer zu liefern, wird vom Kreml als „direkte Beteiligung“ an dem Ukraine-Krieg gewertet.

„In Moskau betrachten wir dies als eine direkte Beteiligung am Konflikt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag, einen Tag nachdem Berlin und Washington die Panzerlieferungen bekannt gegeben haben.

"Die Hauptstädte in Europa und Washington geben ständig Erklärungen ab, dass die Lieferung verschiedener Waffengattungen, einschließlich Panzern, in keiner Weise eine Beteiligung an den Kampfhandlungen bedeutet. Wir sehen das völlig anders", sagte Peskow.

„Die USA und die Nato beteiligen sich am Konflikt in der Ukraine“, sagt auch Nikolai Patruschew, der Sekretär des mächtigen Nationalen Sicherheitsrates und enge Vertraute von Präsident Wladimir Putin.

Sie versuchten, ihn in die Länge zu ziehen, sagt Patruschew der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass einen Tag nach der Zusage der USA, Deutschlands und weiterer europäischer Staaten, der Ukraine Kampfpanzer zu liefern. Das, was heute in der Ukraine passiere, sei das Ergebnis eines jahrelangen „hybriden Krieges“ des Westens gegen Russland.

Selenskij fordert Flugzeuge und Raketen

Die Ukraine hat die angekündigten Lieferungen schwerer Kampfpanzer begrüßt und zugleich weitere Waffensysteme gefordert.

Präsident Wolodymyr Selenskij dankte am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache sowohl Kanzler Olaf Scholz als auch US-Präsident Joe Biden für deren Entscheidung. „Ich danke allen unseren Verbündeten für ihre Bereitschaft, uns moderne und dringend benötigte Panzer zur Verfügung zu stellen.“

Er fügte hinzu, nunmehr brauche sein Land vor allem Langstreckenraketen, Kampfflugzeuge und mehr Artillerie. „Das ist ein Traum, das ist eine Aufgabe“, betonte er. „Eine wichtige Aufgabe für uns alle“, gab er die Marschrichtung für künftige Verhandlungen über weitere Unterstützung für die Ukraine vor. „Der terroristische Staat (Russland) muss verlieren.“

Deutschland liefert Panzer bis März

Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine die Lieferung deutscher Leopard-2-Panzer bis "Ende März" zugesagt. Kiew werde die Panzer zum "Ende des ersten Quartals" erhalten. Auf die Frage, ob dies rechtzeitig sei, um die Ukraine vor einer erwarteten russischen Frühjahrsoffensive zu stärken, sagte Pistorius: Nach allem, was er wisse, sei dies "rechtzeitig".

Polens Regierung geht unterdessen davon aus, dass die angekündigten 14 Leopard-Kampfpanzer der polnischen Armee bereits in wenigen Wochen an die Ukraine geliefert werden können. "Sobald (die Ukrainer) die Schulung absolviert haben, sind wir bereit, dieses Gerät der ukrainischen Seite zu übergeben. Ich bin überzeugt, das ist eine Frage von mehreren Wochen", sagte Vize-Verteidigungsminister Wojciech Skurkiewicz dem Sender Radio Plus.

"Direkte Beteiligung": Kreml sieht Nato und USA als Kriegsparteien

Erneut Luftalarm in der Ukraine

 

In den meisten Teilen der Ukraine hat es am Donnerstag erneut Luftalarm gegeben. Die regionalen Behörden warnten die Bevölkerung vor möglichen Angriffen. Das Energieunternehmen DTEK ordnete wegen der Gefahr von Raketenangriffen die Notabschaltung der Stromversorgung in den Regionen Kiew, Odessa und Dnipropetrowsk an. Das ukrainische Militär meldete in der Früh die Abwehr von 24 russischen Drohnen.

Russland habe in der Nacht erfolglos versucht, mit den Flugkörpern vor allem Regionen in der Zentralukraine und die Hauptstadt Kiew anzugreifen, hieß es. Dies sei von Flugabwehrwaffen verhindert worden, teilt das militärische Kommando der Ukraine mit. Der Regionalverwaltung von Kiew zufolge seien 15 der 24 Drohnen rund um die Hauptstadt abgeschossen worden, es sei kein Schaden entstanden.

Streumunition für die Ukraine

Ein europäisches Land will der Ukraine offenbar Streumunition zur Verfügung stellen - und Deutschland dafür um eine Liefergenehmigung bitten. Sein Land wolle die umstrittene Munition an Kiew liefern, sagte ein offizieller Vertreter eines europäischen Landes am Mittwoch in Washington.

Seine Regierung habe die Lieferung bereits beschlossen und wolle nun nach der Zustimmung Deutschlands wegen dessen Produktionsbeteiligung suchen.

Der Vertreter wollte anonym bleiben und auch den Namen seines Landes nicht nennen lassen. Streumunition ist international geächtet. Sie setzt in der Luft dutzende kleinere Sprengsätze frei, die sich über ein Gebiet von hunderten Quadratmetern verteilen und wahllos Menschen töten oder verletzen. Russland wird vorgeworfen, in seinem Angriffskrieg in der Ukraine auch Streumunition einzusetzen.

Der Vertreter des europäischen Landes sagte zu dem Liefervorhaben seiner Regierung, dass das Erlangen einer Genehmigung Deutschlands vermutlich einige Zeit brauchen werde. Er argumentierte damit, dass Streumunition inzwischen technisch weiterentwickelt worden sei "und der Kollateralschaden nicht mehr so groß" sei wie beispielsweise in den 1940er und 1950er-Jahren.

Weder Russland noch die Ukraine gehören zu den rund 110 Unterzeichnerstaaten einer internationalen Konvention, mit welcher der Einsatz und der Transport, die Produktion und Lagerung von Streubomben verboten werden.

Scholz rechnet mit langem Krieg

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet einen eher langen Krieg in der Ukraine. Man müsse davon ausgehen, "dass der Krieg leider nicht schnell zu Ende gehen wird", sagte Scholz am Mittwochabend im ZDF. Der russische Präsident Wladimir Putin habe sich verrechnet in seiner Erwartung, dass der Westen die Ukraine nicht lange unterstützen werde.

"Russland muss scheitern im Ziel, sich die Ukraine Untertan zu machen", fügte er hinzu und warf Putin erneut vor, einen völlig überflüssigen und brutalen Krieg für seine imperialen Ziele und einen Landraub begonnen zu haben. Man werde der Ukraine helfen, ihre Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen. Es liege an Putin, diesen Krieg zu beenden, indem er die russischen Truppen zurückziehe.

Scholz verteidigte das längere Abwägen in der Frage der Panzer-Lieferungen. Ohne Namen zu nennen, warf er den Befürwortern einer schnellen Entscheidung eine unverantwortliche Haltung vor. Es sei unabdingbar, dass sich Deutschland mit den wichtigsten Partnern genau abstimmen müsse. Die nun gelieferten Kampfpanzer seien sehr wirksam und würden bei der Verteidigung gegen Russland "sehr hilfreich sein".

Der Kanzler widersprach zudem dem Eindruck, dass Deutschland sich mit seinem Vorgehen international isoliert habe. "Den Vertrauensverlust gibt es auch nicht", betonte er. Alle wüssten, dass Deutschland einen großen Beitrag für die Ukraine leiste. Viele Verbündete in Europa und den G7 verstünden das sehr gut. Deutschland sei mit der Panzerlieferung nicht Kriegspartei in der Ukraine geworden, betonte er zudem.

Kommentare