Sputnik V: Russland gibt weltweit Stoff
Man sei „auf den letzten Metern, und eine Bestellung von Sputnik kann wahrscheinlich schon nächste Woche erfolgen“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach seinem Treffen mit dem russischen Botschafter in Wien, Dmitri Ljubinski, am Mittwoch.
Während der russische Impfstoff Sputnik V noch von der Europäischen Arzneimittelbehörde geprüft wird, will die Bundesregierung eine Million Dosen bestellen – Kurz erwartet eine „sehr zeitnahe Lieferung“. Derzeit sei man nach wochenlangen Gesprächen noch in der Detailabstimmung. „Wenn wir Sputnik bestellen, dann werden wir noch im April 300.000 Dosen, im Mai 500.000 Dosen und 200.000 Dosen Anfang Juni erhalten“, sagte Kurz.
Während das Tauziehen um Impfstoffe in der EU weitergeht und die Impfrate auch in Österreich zu wünschen übrig lässt, scheint sich Österreich für die Zeit nach Osten zu orientieren. Tatsächlich ist der russische Impfstoff besser als sein Ruf.
Skeptische Russen
Allerdings waren vergangene Woche auch in Russland erst vier Prozent der russischen Bevölkerung geimpft. Und das, obwohl Sputnik V bereits im August vergangenen Jahres in Russland zugelassen worden war.
Die Skepsis der Russen scheint aufrecht zu sein: In einer Anfang März veröffentlichten Meinungsumfrage des unabhängigen Lewada-Zentrums erklärten 62 Prozent der Befragten, sich nicht mit Sputnik-V impfen lassen zu wollen und begründeten dies insbesondere mit der Angst vor Nebenwirkungen. Woher kommt die russische Impfskepsis? „Russen misstrauen dem Staat und allem, was direkt von ihm kommt“, analysierte Andrei Kortunov vom staatlichen Thinktank „Russian International Affairs Council“.
International hingegen herrscht eine große Nachfrage nach dem russischen Vakzin: Erst am Mittwoch trafen in Ungarn weitere 250.000 Dosen Sputnik V ein, doch vor allem in afrikanischen und südamerikanischen Staaten ist der Impfstoff heiß begehrt.
Ohne Zweifel wird Russland seinen Einfluss in der globalen Politik durch Sputnik V stärken. Ein von Moskau vermittelter Deal zwischen Israel und Syrien, bei dem unter anderem russischer Impfstoff für eine gefangene Israelin an Damaskus geliefert wurde, zeigen den Wert der „Impfstoffdiplomatie“.
Expansion
Um die Nachfrage befriedigen zu können, benötigt Russland freilich weitere Produktionsstandorte für seinen Impfstoff. Italien, das Sputnik V bereits testet, will im Juni damit beginnen.
Doch auch in Afrika sind einige Länder in direkten Gesprächen mit Russland. Zentrale Person dieser neuen Politik ist Kirill Dmitrijew, Leiter des Russischen Fonds für Direktinvestitionen (RFPI). Seine Frau Natalja Popowa ist Stellvertreterin von Putins angeblicher Tochter Katerina Tichonowa in einer Moskauer Stiftung, die sich mit wissenschaftlicher Innovation beschäftigt.
Im Interview mit dem deutschen Spiegel wirft Dmitrijew „einem Teil Europas“ vor, Sputnik V „gleich zu verwerfen, weil es ein russisches Vakzin ist“.
Grundsätzlich beklagt er die „unheimliche Politisierung“ der Impfstoffe: „Nirgends sonst in der Welt gibt es eine solche Polemik, eine solche Debatte über Sputnik V wie in der EU. Da herrschen Ängstlichkeit und Grübelei.“
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