Sinan Ogan hat vor Türkei-Stichwahl noch keine Empfehlung abgegeben

Sinan Ogan hat vor Türkei-Stichwahl noch keine Empfehlung abgegeben
Der Rechtsnationalist steht zwischen Erdogan und Kilicdaroglu.

Alle Blicke sind derzeit auf ihn gerichtet: Sinan Ogan, der bei der Präsidentenwahl am Sonntag in der Türkei immerhin die drittmeisten Stimmen auf sich vereinen konnte. Der hochgewachsene 55-Jährige kam auf 5,2 Prozent der Stimmen, ein Zeichen für die wachsende Stärke der Nationalisten in der Türkei, die bei den Parlamentswahlen am selben Tag 22 Prozent der Wählerstimmen erhielten - verteilt auf mehrere Parteien.

Ogan führt seinen Erfolg auf die Unterstützung von Nationalisten, Kemalisten - also Anhänger des Staatsgründers Kemal Atatürk - und jungen Leuten zurück. "Sie finden uns modern", sagte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Seine 2,8 Millionen Wähler hätten "genug von den alten Gesichtern der Politik" - dem 69-jährigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der seit 20 Jahren an der Macht ist, und dem 74-jährigen sozialdemokratischen Herausforderer Kemal Kilicdaroglu.

Stichwahl am 28. Mai

Die beiden gehen am 28. Mai in eine Stichwahl, bei der sich Ogan gerne in der Rolle des Königsmachers sähe. Aber viele politische Experten sind überzeugt, dass sich Erdogan auch ohne Ogans Unterstützung gegen Kilicdaroglu durchsetzen wird - schließlich fehlten ihm nur eine halbe Million Stimmen für einen Sieg bereits im ersten Durchgang.

Der Rechtsnationalist will erst einmal mit beiden Kandidaten reden, bevor er sich entscheidet, wie er seine Gunst verteilen wird. Vielleicht werde er auch "keinen von beiden unterstützen", sagte er AFP.

Bauernsohn aus dem Osten

Ogan wuchs als Bauernsohn in der Provinz Igdir im Osten des Landes auf und studierte Jus und Politikwissenschaften erst in der Türkei, dann in Moskau. Er vertritt einen weltlichen Nationalismus, der sich an den Prinzipien des Staatsgründers Kemal Atatürk orientiert - der auch die sozialdemokratische, heute von Kilicdaroglu angeführte Partei CHP gründete.

Damit unterscheide sich Ogan von Erdogan, dessen Partei im Islam verankert ist, sagt der Wissenschafter Kürsad Ertugrul von der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara. Ogans Treue zu den Ideen Atatürks "zieht diejenigen an, die zwar gegen Erdogan sind, aber auch nicht zufrieden waren mit Kilicdaroglus Strategie einer großen Koalition", die Konservative, Nationalisten und Liberale vereint, sagt Ertugrul.

"Steckenpferd" Einwanderung

Ogan wurde 2011 ins Parlament gewählt, als der syrische Bürgerkrieg begann und in der Folge fast vier Millionen Flüchtlinge in die Türkei kamen. Seither ist die Einwanderung sein politisches Steckenpferd und er hat sich die Ausweisung der Syrer aus der Türkei auf die Fahnen geschrieben.

Innere Sicherheit und der Kampf gegen "Terroristen" sind seine anderen Prioritäten. Die prokurdische Partei HDP beschuldigt er, Beziehungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu unterhalten, die in der Türkei als terroristisch eingestuft ist. Die HDP wiederum hatte zur Wahl Kilicdaroglus aufgerufen.

"Ogans anti-kurdischer Nationalismus macht eine Vereinbarung mit Kilicdaroglu sehr schwierig", sagt Ertugrul. Und selbst wenn Kilicdaroglu die Unterstützung Ogans bekäme, würde dieser damit vermutlich einen Teil seiner kurdischen Anhängerschaft verlieren, sagen politische Beobachter. Kurden machen etwa ein Fünftel der Bevölkerung der Türkei aus.

Kommentare